Seltene Erden: Chinas neue Vorschriften bringen Europa in Gefahr – EU prüft Sanktionen

EU-Industriekommissar Séjourné sprach mit Unternehmern über Pekings neue Beschränkungen für Seltene Erden. Insbesondere die Herstellung militärischer Drohnen ist bedroht. Chefökonomin García-Herrero sagt: „China nutzt seine Beziehungen zu Europa genau genommen als Waffe.“ EU-Kommission prüft Sanktionen gegen China.
Titelbild
Die Eisenerzmine und einige Gebäude des staatlichen Bergbauunternehmens LKAB in Kiruna, Nordschweden. Hier sind auch Seltene Erden gefunden worden, die noch erschlossen werden müssen.Foto: Jonathan Nackstrand/AFP via Getty Images
Von , 23. Oktober 2025

In Kürze:

  • China hat für Seltenen Erden verschärfte Exportbeschränkungen eingeführt.
  • Damit gerät die europäische Rüstungsindustrie in Schwierigkeiten.
  • Besonders betroffen ist die Herstellung von Drohnen.
  • Koordinierung zwischen der EU und den USA sei notwendig, aber bei weitem nicht ausreichend, erklärt der spanische Professor Enrique Dans.
  • EU-Kommission prüft Sanktionen gegen China.

 

Chinas jüngst verschärfte Exportbeschränkungen für Seltene Erden könnten den europäischen Verteidigungssektor und andere Industriebranchen erheblich beeinträchtigen, warnen Fachleute. Die Forderungen nach einer konkreten Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA, um Pekings Kontrolle über diese kritischen Mineralien entgegenzuwirken, werden lauter.

EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné traf sich am 20. Oktober mit betroffenen europäischen Unternehmen, um über Pekings Beschränkungen für Seltene Erden zu diskutieren. An dem virtuellen Treffen nahmen Führungskräfte aus den Bereichen Verteidigung, Automobilindustrie, Windenergie, Chemie und Bergbau teil.

Peking verschärfte am 9. Oktober seine Exportkontrollen für Seltene Erden und verlangt Lizenzen für Produkte, wenn deren Metallgehalt einen Schwellenwert von 0,1 Prozent überschreitet. Die neuen Vorschriften gelten für ausländische Unternehmen, die Rohstoffe aus China oder chinesische Technik zur Gewinnung und Veredlung, zur Magnetherstellung oder zum Recycling verwenden. Die meisten Beschränkungen treten am 1. Dezember in Kraft.

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„Wir prüfen mögliche Gegenmaßnahmen, sollten sich die Bedingungen nicht verbessern“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis dem „Handelsblatt“. Er stehe dazu auch mit den G7-Partnerländern in Kontakt. Chinas neue Bestimmungen „betreffen ganze Wertschöpfungsketten“, warnte der Wirtschaftskommissar. „Das bereitet uns extreme Sorgen.“

Peking deute zwar an, dass sie die EU von den Beschränkungen ausnehmen wolle, so Dombrovskis. „Aber unsere Industrie meldet uns, dass das Lizenzsystem in der Praxis nicht funktioniert. Es besteht weiterhin ein erheblicher Rückstau.“

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen die EU-Kommission erstmals ausdrücklich zu Gegenmaßnahmen gegen Chinas Exportblockaden ermächtigen. Mehrere Regierungen schlugen vor, das europäische „Instrument gegen Zwangsmaßnahmen“ zu aktivieren – damit sei es möglich, auf wirtschaftliche Erpressung mit harten Gegensanktionen zu reagieren.

Europas Verteidigungsindustrie in Gefahr

Alicia García-Herrero, Chefökonomin für den asiatisch-pazifischen Raum bei der spanischen Investmentbank Natixis, warnte, dass die Beschränkungen die starke Abhängigkeit Europas von China ausnutzen. Sie sagte gegenüber Epoch Times: „China nutzt seine Beziehungen zu Europa genau genommen als Waffe.“

Das könnte einige europäische Rüstungsunternehmen schwer treffen. „Die neuen Beschränkungen für fünf Seltene Erden, die jetzt hinzugekommen sind, sind noch weitreichender, insbesondere für Präzisionswaffen. Das ist jetzt für Europa wichtig, da es mit der Herstellung eigener Präzisionsmunition beginnt – und das trifft den europäischen Verteidigungsplan direkt.“

Seltene Erden und ihre Abbaugebiete

Vorkommen und Abbau Seltener Erden weltweit. Foto: ts/Epoch Times, mit Material von iStock

Holmium, Erbium, Thulium, Europium und Ytterbium

Laut dem chinesischen Handelsministerium handelt es sich um die fünf Elemente Holmium, Erbium, Thulium, Europium und Ytterbium. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der kontrollierten Seltenen Erden auf zwölf.

Nabeel Mancheri, leitender Berater bei EIT RawMaterials, teilt García-Herreros Ansicht. Europa werde wahrscheinlich mit den unmittelbaren Auswirkungen auf die Produktion kritischer Verteidigungskomponenten wie Halbleiter und Chips zu kämpfen haben, da der Kontinent über keine alternativen Quellen für die Veredelung Seltener Erden verfüge. EIT RawMaterials ist eine von der EU kofinanzierte Organisation, die sich auf kritische Materialien konzentriert.

„Sie ergreifen verschiedene Maßnahmen, wie die Finanzierung unterschiedlicher Projekte und die Zusammenarbeit mit Drittländern. Diese Bemühungen werden in ein paar Jahren, vielleicht bis 2030, Früchte tragen. Doch kurzfristig wird Europa Schwierigkeiten haben, dieses Problem zu lösen“, sagte Mancheri gegenüber Epoch Times.

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Gavin Harper, Wissenschaftler für kritische Rohstoffe an der University of Birmingham in Großbritannien, benannte militärische Drohnen als eine zentrale strategische Schwachstelle für Europas Verteidigungsautonomie.

„Seltene-Erden-Magnete werden in den Motoren der Drohnenpropeller verwendet […]. Chinas Kontrolle über die Lieferkette für Seltene Erden kann ein strategisches Risiko für andere Streitkräfte darstellen, die Drohnen in großem Maßstab bauen wollen“, sagte Harper gegenüber Epoch Times.

Bei Permanentmagneten hat Europa ein großes Problem

Die Auswirkungen gehen jedoch über den Verteidigungsbereich hinaus. Enrique Dans, Professor für Innovation und Technologie an der IE Business School in Madrid, weist darauf hin, dass die neuen Kontrollen die europäische Wirtschaft „erheblich anfällig“ machen. Der eigentliche Engpass sei jedoch Chinas Dominanz bei der Verarbeitung von Seltenen Erden zu Permanentmagneten.

„Die Produktion von Permanentmagneten ist das Herzstück von Elektrofahrzeugen, Windkraftanlagen und vielen industriellen Elektroniksystemen. Die eigentliche Störung kommt also nicht durch einen Mangel an Rohstoffen, sondern vor allem durch mangelnde Veredelung und Magnetproduktion außerhalb Chinas“, sagte Dans gegenüber Epoch Times.

Menschen versammeln sich, um den Umzug der hölzernen Kirche in Kiruna, Schweden, am 19. August 2025 zu beobachten. Die Kirche wird aufgrund der Erweiterung des Bergwerks 5 Kilometer in das neue Zentrum der Stadt verlegt. Unter dem alten Stadtzentrum werden Vorkommen für Seltene Erden vermutet. Foto: Fredrik Sandberg/TT News Agency/AFP via Getty Images

Chinas Dominanz bei den Seltenen Erden umfasst laut dem US-Thinktank Center for Strategic & International Studies etwa 70 Prozent des Abbaus, 90 Prozent der Trennung und Verarbeitung sowie 93 Prozent der Magnetherstellung.

Dans prognostizierte, dass die Automobil- und Erneuerbare-Energien-Industrie kurzfristig mit Verzögerungen, Kostensteigerungen und auch vorübergehendem Stillstand rechnen müsse. Er hob ein systemisches Risiko für die Wirtschaft der Eurozone hervor, das sich aus ihrer Abhängigkeit von chinesischen Anlagen zur Veredelung dieser kritischen Mineralien ergebe.

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„Die Europäische Zentralbank hat vor den Risiken für die Eurozone gewarnt und Produktionsunterbrechungen dokumentiert, die mit einem plötzlichen Rückgang der Magnetlieferungen zusammenhängen. Das wird definitiv Auswirkungen haben, die sie zu spüren bekommen werden“, sagte Dans.

Harper befürchtet, dass Chinas Exportkontrollen von Seltene-Erden-Magneten sich als „problematisch“ für die Lieferketten dieser Branchen erweisen werden, da andere Bezugsquellen für diese Komponenten begrenzt sind und ihre Erschließung Zeit benötigt.

„Die zur Herstellung dieser Magnete verwendeten Anlagen unterliegen ebenfalls Exportkontrollen, was es für den Westen schwieriger machen wird, eigene alternative Verarbeitungswege und Lieferketten aufzubauen.“

In der Mountain Pass Mine in den USA werden aktiv Seltene Erden abgebaut. Foto: Tmy350, Wikimedia Commons | CC BY-SA 4.0

Transatlantische Zusammenarbeit notwendig

Angesichts dieser Herausforderungen forderte der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen eine „entschiedene Reaktion“ der EU und wies darauf hin, dass dies ein Bereich sei, in dem die EU ein „gemeinsames Interesse“ mit den Vereinigten Staaten habe.

Kurz darauf einigten sich die Finanzminister der G7 – eine Gruppe bestehend aus Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, dem Vereinigten Königreich und den USA – am 16. Oktober darauf, ihre Reaktion auf Chinas jüngste Exportbeschränkungen für Seltene Erden zu koordinieren.

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In Bezug auf eine mögliche Zusammenarbeit sagte García-Herrero, Europa könne sich mit Japan zusammentun, um die Auswirkungen der chinesischen Exportkontrollen abzumildern. Japan verfügt über gewisse Kapazitäten zur Veredlung von Seltenen Erden, doch das werde möglicherweise nicht ausreichen. „Ohne die USA wird es schwierig, da beide Seiten Chinas Reaktion fürchten.“

EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič plant, in der kommenden Woche den chinesischen Handelsminister Wang Wentao in Brüssel zu treffen. Das teilte ein Sprecher der EU-Kommission am 22. Oktober mit. Bei dem Treffen soll es nach Angaben von Šefčovič um „dringende Lösungen“ im Zusammenhang mit den chinesischen Exportbeschränkungen gehen.

EU-Ziele: 10 Prozent Gewinnung, 40 Prozent Verarbeitung

Dans sagte, dass die Koordinierung zwischen der EU und den USA notwendig, aber bei weitem nicht ausreichend sei. Beide Seiten müssten in den kommenden Monaten konkrete Maßnahmen umsetzen.

„Die erforderlichen Maßnahmen reichen von der Koordinierung von Ausfuhrgenehmigungen zur Freigabe von Lagerbeständen, über gemeinsame Einkäufe zur Verbesserung der Verhandlungsposition, bis zu vorübergehenden Preisstützungen, um nicht-chinesische Verarbeitungsprojekte durchführbar zu machen. Man muss sie bankfähig machen“, sagte er.

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Mittelfristig bis langfristig sei es wichtig, die Ziele des EU-Gesetzes zu kritischen Rohstoffen zu erreichen. Dazu zählen 10 Prozent Abbau, 40 Prozent Verarbeitung und 25 Prozent Recycling bis 2030.

Geschaffen werden sollen gemeinsame Kapazitäten für die Trennung schwerer Seltener Erden. Die Verteidigungsspezifikationen sind zu standardisieren, um die transatlantische Austauschbarkeit von Komponenten zu gewährleisten.

„Der eigentliche Test wird sein, ob sie schnell genug Raffinerien, Recyclingzentren und langfristige Abnahmeverträge aufbauen können, um Pekings Einfluss entgegenzuwirken“, sagte Dans.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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