Spanien: Tagelange Ausschreitungen in Torre Pacheco nach Überfall auf Rentner

Ein brutaler Überfall auf einen Rentner durch drei marokkanische Jugendliche löste in Torre Pacheco, Region Murcia, eine Welle der Empörung und Gewalt aus. Während Polizei und Politik um Kontrolle bemüht sind, kochen gesellschaftliche Spannungen hoch. Nun appellieren lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Vernunft – und fordern klare Regeln für Einwanderung und Integration.
Der Bürgermeister will keine „Hilfe" von Rechtsextremisten. (Archivfoto)
Die spanische Stadt Torre Pacheco hat mehrere Nächte massiver Ausschreitungen hinter sich. (Archivfoto)Foto: Martín C./EUROPA PRESS/dpa
Von 16. Juli 2025

Der Bürgermeister der Stadt Torre Pacheco im Südosten Spaniens, Pedro Ángel Roca, hat am Sonntag, 13. Juli, mehrere gemeinsame Sitzungen von Vertretern der Verwaltung und der Guardia Civil abgehalten. In den vergangenen beiden Nächten herrschte gespannte Ruhe in der Stadt.

Keiner der Tatverdächtigen hatte Wohnsitz in Torre Pacheco

Davor war es in der 40.000-Einwohner-Gemeinde in der autonomen Region Murcia vermehrt zu Gewaltexzessen gekommen. Auslöser war ein brutaler Überfall auf einen 68-jährigen Rentner am Mittwoch der Vorwoche. Drei Jugendliche mit marokkanischem Migrationshintergrund stehen im Verdacht, den Rentner beraubt und zusammengeschlagen zu haben.

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Die Tat erregte besondere Aufmerksamkeit, weil die Gewalt gegen den Rentner, die zur Erlangung der Raubbeute zu keiner Zeit erforderlich war, auch auf Videos in sozialen Netzwerken verbreitet wurde. Mittlerweile konnte die Polizei Medienberichten zufolge drei mutmaßliche Tatbeteiligte festnehmen, den dritten am Dienstag im baskischen Rentería.

Von den drei Jugendlichen war keiner in Torre Pacheco wohnhaft. Derzeit untersuchen die Ermittlungsbehörden das Motiv für die exzessive Gewalt und den Grund für die Anwesenheit in der Provinz. In der Stadt leben Angehörige von mehr als 90 unterschiedlichen Ländern. Den größten Teil der ausländischen Wohnbevölkerung stellen marokkanische Staatsangehörige, von denen viele in der Landwirtschaft beschäftigt sind.

Gewaltbereite Gruppen aus anderen Teilen Spaniens rufen zu Krawallen auf

Für den 11. Juli hatte der Stadtrat zu einer Protestkundgebung gegen den Gewaltexzess aufgerufen. Einwohner aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und politischen Lagern hatten sich daran beteiligt. Am Rande der Kundgebung hatten sich allerdings teils mit Knüppeln und Baseballschlägern bewaffnete Anhänger rechtsextremer Gruppierungen wie der Vereinigung „Deport Them Now“ versammelt.

Diese hatte Berichten zufolge in sozialen Netzwerken und Messengern zur „Jagd“ auf marokkanische Einwanderer aufgerufen. Einige mutmaßliche Ultranationalisten gingen im Stadtgebiet von Torre Pacheco auf Einwanderer los, errichteten Barrikaden und warfen Flaschen auf Polizeibeamte. Viele der Beteiligten waren bisherigen Erkenntnissen zufolge ebenfalls aus anderen Gemeinden angereist. Die Polizei zeigte sich mit der Aufgabe, Gewalt zu verhindern, teilweise überfordert.

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Am vergangenen Wochenende soll es infolge von Ausschreitungen mindestens zehn Verletzte gegeben haben. Wie „El País“ berichtet, wurde mittlerweile auch einer der mutmaßlichen Rädelsführer von „Deport Them Now“ in Mataró in der Provinz Barcelona verhaftet. Insgesamt soll es neben den drei mutmaßlich am Überfall auf den Rentner Beteiligten noch mindestens 13 weitere Verhaftungen gegeben haben. Dabei handelte es sich um mutmaßliche Beteiligte an rassistisch motivierten Krawallen. Insgesamt soll es Beamten gelungen sein, 160 mutmaßlich daran Beteiligte zu identifizieren.

Marokkanische Gemeinden rufen Angehörige zum Fernbleiben von Krawallen auf

Mittlerweile scheint in der Stadt weitgehend Ruhe eingekehrt zu sein. Die Behörden erklärten, die Situation sei zwar angespannt, aber unter Kontrolle. Örtliche zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch Vertreter der marokkanischen Gemeinschaft und muslimischer Moscheevereine, riefen zur Besonnenheit auf. Auch Ministerpräsident Pedro Sánchez und Bürgermeister Roca mahnten eine Rückkehr zur Normalität an.

Der Vorsitzende der konservativen PP, Alberto Núñez Feijóo, meldete sich in einer Videobotschaft zu Wort und prangerte die Gewalt von allen Seiten an. In der Botschaft äußerte er:

Diejenigen, die über die Grenze gekommen sind, um Gesetze zu brechen, gehören nicht zu uns. Diejenigen, die hier geboren sind und sie verletzen, ebenfalls nicht.“

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Von den Einwanderern in Spanien forderte er „Respekt und Integration“. Gleichzeitig wandte er sich gegen „diejenigen, die unter der falschen Prämisse, die Gerechtigkeit in ihre eigenen Hände nehmen und dazu aufrufen, das Gesetz zu brechen“. Núñez Feijóo warf der Regionalregierung von Murcia vor, diese habe „darauf verzichtet, die Autorität des Staates auszuüben“.

Linke werfen Vox selektive Empörung vor

Die Sprecherin der Parlamentsfraktion der rechten „Vox“, Pepa Millán, gibt der Regierung die Schuld an den Ausschreitungen. Sie habe durch ihre Untätigkeit „zugelassen, dass Menschen die Gerechtigkeit in ihre eigenen Hände nehmen“.

Demgegenüber beschuldigte die Podemos-Abgeordnete Ione Belarra während einer Pressekonferenz in Torre Pacheco anwesende Vox-Funktionäre, mit zweierlei Maß zu messen. Sie fragte:

Wo waren Sie, als drei deutsche Staatsbürger auf Mallorca einen Taxifahrer verprügelt haben?“

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Gegenüber der spanischsprachigen Epoch Times äußert sich Josema Vallejo, ein Offizier der Guardia Civil, über die Gewaltexzesse. Er schildert, dass Gewalttaten wie der Überfall auf den Rentner oder die Vergewaltigung einer jungen Frau in Alcalá de Henares das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung insgesamt massiv belasteten.

Massiv beeinträchtigtes Sicherheitsempfinden

97 Prozent der jungen Spanierinnen seien besorgt über eine von ihnen wahrgenommene zunehmende Gewalt gegen Frauen in den vergangenen Jahren. Tatsächlich hätte sich die Zahl sexueller Übergriffe zwischen 2017 und 2023 verdoppelt – so die Zahlen des Innenministeriums. Fälle mit nordafrikanischen Tatverdächtigen seien dabei um 144 Prozent gestiegen, ein Plus von 88 Prozent gebe es bei lateinamerikanischen Tatverdächtigen und eines von 13 Prozent bei spanischen.

Neben Kriminalität, die es in Spanien immer schon gegeben habe, kämen nun auch neue Erscheinungsformen hinzu, auf die die Behörden des Landes oft unzureichend vorbereitet seien. In vielen Bereichen habe die zunehmende Einwanderung positive Effekte. Wo allerdings neue Formen der Kriminalität dazukämen, die etwa besonders brutale oder sexuelle Gewalt und deren Aufbereitung in sozialen Medien umfasse, geschehe etwas mit der alteingesessenen Gemeinschaft.

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Es handele sich um einen Abwehrmechanismus, wenn man das Gefühl habe, dass die eigene Identität angegriffen werde. Das habe nichts mit Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit zu tun, betont Vallejo – auch wenn es Gruppen gebe, die daraus Kapital schlagen wollten. Der Abwehrreflex als solcher sei jedoch eine anthropologische Reaktion, die in den Lehrbüchern der Sozialanthropologie beschrieben werde:

Wenn eine Gesellschaft merkt, dass ihre Lebensweise gefährdet ist, wehrt sie sich.“

Polizeioffizier: Spanien soll von El Salvador oder New York lernen

Es gehe weder um Rasse noch um kulturelle Überlegenheit, betont der Beamte. Um eine Hoffnung auf Besserung zu wecken, müsse man Beispiele wie El Salvador, New York und Los Angeles studieren. Dort sei es gelungen, Prozesse der Massenkriminalität wieder rückgängig zu machen.

Neben der vollen Härte des Gesetzes gegen Kriminalität müssten drei Überlegungen die Einwanderungspolitik prägen. So müsse die Einreise nach Spanien immer legal sein. Die Einwanderer müssten spanische Gesetze und Vorschriften respektieren und sich um ein gutes Zusammenleben bemühen. Gleichzeitig dürfe man aber auch die Bewahrung kultureller Traditionen nicht behindern, solange sie nicht im Widerspruch zum Gesetz stünden.



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