Streit um „Humanitäre Stadt“ – Israel bietet größeren Truppenabzug an

Israel ist zu einem umfangreicheren Truppenrückzug als bisher angeboten bereit. Das Land habe bei den Vermittlungsgesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen einen neuen Vorschlag vorgelegt, berichtete die „Times of Israel“ unter Berufung auf einen arabischen Diplomaten.
Zugleich beharrt Israel auf dem Verbleib seiner Armee im Süden des Küstengebiets. Dort soll eine „humanitären Stadt“ für Hunderttausende Palästinenser entstehen. Kritiker sprechen von einem Internierungslager, das langfristig auf eine Zwangsdeportation hinauslaufen könnte.
Die „New York Times“ zitierte Husam Badran, ein ranghohes Mitglied der islamistischen Hamas, der die Errichtung eines solchen Lagers als „absichtlich behindernde Forderung“ bezeichnete. Diese würde die ohnehin schon schwierigen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg weiter erschweren.
Alles nur Verhandlungstaktik?
Die indirekten Verhandlungen Israels mit der Hamas kamen in Doha zuletzt nicht von der Stelle. Ein Hauptgrund sind unterschiedliche Auffassungen über das Ausmaß des israelischen Truppenabzugs vor allem aus dem Süden des Gazastreifens.
Israel hatte bislang darauf bestanden, dass seine Streitkräfte in rund 40 Prozent des Gebiets verbleiben. Dieses würde eine drei Kilometer breite Pufferzone entlang der Grenze zu Ägypten bei Rafah sowie den Morag-Korridor einschließen, der Rafah von der Stadt Chan Junis trennt.

Die Verhandlungen über eine Waffenruhe in Gaza stecken fest. (Archivbild) Foto: Omar Ashtawy/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa
Die Hamas verlangt den Rückzug der israelischen Streitkräfte auf die Positionen, die es vor dem Zusammenbruch der vorherigen Waffenruhe im März eingenommen hatte. Der neue Vorschlag Israels sieht demnach vor, dass das israelische Militär nur mehr noch eine zwei Kilometer breite Pufferzone entlang der Südgrenze bei Rafah beanspruchen würde.
Oppositionspolitiker zu Plan für Lager: „Verrückt“
Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete den „Stadt“-Plan der Netanjahu-Regierung laut der „Times of Israel“ als „verrückt – selbst nach den Maßstäben dieser Regierung“.
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Der von Verteidigungsminister Israel Katz kürzlich vorgestellte Plan sieht vor, dass auf den Trümmern der Stadt Rafah eine Zone errichtet wird, in der zunächst 600.000 Menschen aufgenommen werden sollen. Laut „Times of Israel“ sollen später dann alle der mehr als zwei Millionen Bewohner Gazas dort hinein. Wer einmal eingelassen wird, soll die „humanitäre Stadt“ nicht mehr verlassen dürfen.
„Wird es einen Zaun geben? Einen normalen Zaun? Einen Elektrozaun? Wie viele Soldaten werden ihn bewachen?“, zitierte die Zeitung „Lapid“. „Was werden die Soldaten tun, wenn Kinder die Stadt verlassen wollen? Wer wird sie ernähren? Wer wird für Wasser und Strom verantwortlich sein? Was wird passieren, wenn es zu Epidemien und Krankheiten kommt? Wer wird sie behandeln?“.
Laut israelischen Medienberichten gibt es auch aus der Armee deutliche Kritik an dem Plan. Demnach zweifeln an der Planung beteiligte Personen, ob das Lager entsteht.
EU: Abkommen mit Israel zu humanitärer Hilfe
Nach einer Vereinbarung zwischen der EU und Israel über die Ausweitung humanitärer Hilfe im Gazastreifen gibt es laut der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas „gute Anzeichen“ für die Umsetzung des Abkommens.
„Wir sehen einige gute Anzeichen dafür, dass mehr Lastwagen, mehr Hilfsgüter zu den Menschen in den Gazastreifen gelangen“, sagte Kallas am Montag bei einem Treffen mit den südlichen EU-Nachbarn in Brüssel. „Natürlich wissen wir, dass dies nicht ausreicht und wir die Umsetzung weiter vorantreiben müssen“, betonte sie.

Der israelische Außenminister Gideon Saar trifft am 14. Juli 2025 zum Ministertreffen EU-Südliche Nachbarschaft in Brüssel ein. Das Treffen versammelt die Minister der EU und der Region im Vorfeld des 30-jährigen Jubiläums der Barcelona-Erklärung im November. Foto: Nicolas Tucat/AFP via Getty Images
Die EU hatte in der vergangenen Woche ein Abkommen mit Israel über die Ausweitung humanitärer Hilfe im Gazastreifen verkündet. Die Vereinbarung bedeute, „dass mehr Grenzübergänge geöffnet werden, dass Hilfs- und Lebensmittel-Lastwagen in den Gazastreifen gelangen, dass lebenswichtige Infrastrukturen repariert werden und dass die Helfer geschützt werden“, erklärte Kallas.
Der ägyptische Außenminister Badr Abdelatty kritisierte gestern allerdings, dass das Abkommen nichts verändert habe. Auf die Frage, ob er Anzeichen für eine Umsetzung der Vereinbarung gesehen habe, antwortete Abdelatty am Rande des Treffens in Brüssel: „Nichts, nichts“.
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Internationale Treffen am 15. Juli und vom 28. bis 30 Juli
Die Zusagen der israelischen Regierung folgten nach Angaben eines Sprechers der EU-Kommission auf Druck aus Europa. Mehrere EU-Länder hatten die Kommission angesichts der israelischen Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen aufgefordert, das bestehende EU-Assoziierungsabkommen mit Israel zu überprüfen, und den Druck zu erhöhen.
Bei einem Treffen am 15. Juli wollen die EU-Außenminister über Vorschläge der Kommission diskutieren, ob das Assoziierungsabkommen teilweise oder komplett ausgesetzt werden soll.
UN-Generalsekretär António Guterres hält derweil an einer Zweistaatenlösung fest. Mit Blick auf eine Ende des Monats geplante Konferenz bei den UN in New York sagte er: Eine Lösung könne es nur geben, wenn sowohl Palästinenser als auch Israelis einen Staat haben, in dem sie ihre Rechte ausüben können.
Die Konferenz soll vom 28. bis 30. Juli auf Ministerebene stattfinden und wird von Frankreich und Saudi-Arabien organisiert. Mit einem Durchbruch wird nicht gerechnet. (dpa/red)
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