Sturz der französischen Regierung erwartet – Berlin blickt unbesorgt auf Vertrauensfrage in Paris

Frankreich rechnet heute mit dem Sturz seiner Regierung: Die Opposition will Premierminister François Bayrou das Vertrauen entziehen. Die deutsche Bundesregierung ist nicht besorgt darüber.
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Der Vorsitzende der französischen Linkspartei La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Melenchon, am 6. September 2025 während einer politischen Versammlung am Rande des Flohmarkts Braderie de Lille in Lille, Nordfrankreich. Seine Partei will bei der Vertrauensfrage mit Nein stimmen.Foto: Sameer Al-Doumy/AFP via Getty Images
Epoch Times8. September 2025

Frankreich erwartet den Sturz seiner Regierung: Premierminister François Bayrou dürfte am Nachmittag in einer Sondersitzung der Nationalversammlung vermutlich zum letzten Mal vergeblich für seinen Sparhaushalt in Höhe von 44 Milliarden Euro werben.

Die Oppositionsparteien hatten bereits angekündigt, ihm bei der Abstimmung, die gegen 19:00 Uhr erwartet wird, das Vertrauen zu verweigern. Es wird damit gerechnet, dass Bayrou noch am Abend nach einer neunmonatigen Amtszeit seinen Rücktritt einreicht.

Erster Streikaufruf für 10. September

In sozialen Netzwerken hat sich in den vergangenen Wochen eine neue Protestbewegung zusammengebraut, die ihrem Ärger über die Regierung mit ungewöhnlichen Aktionen Luft machen will – etwa Blockaden von Bahnhöfen und Konsumverzicht. Beobachter befürchten Ausschreitungen.

Ein Teil der Gewerkschaften ruft bereits für Mittwoch zu Streiks auf, die meisten Gewerkschaften planen einen eigenen Aktionstag am 18. September.

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Bayrou hatte mit der Vertrauensfrage ursprünglich seinen Rückhalt für seinen Sparhaushalt 2026 stärken wollen. Wegen der angespannten Finanzlage des Landes will er knapp 44 Milliarden Euro einsparen.

Falls er die Abstimmung verliert, bleibt die Regierung voraussichtlich vorerst geschäftsführend im Amt. Präsident Emmanuel Macron hat Neuwahlen und seinen eigenen Rücktritt bislang ausgeschlossen. Die häufigen Regierungswechsel in Frankreich schränken die Handlungsfähigkeit von Macron erheblich ein.

Berlin blickt unbesorgt auf Paris

Die Bundesregierung ist nach eigenen Angaben nicht besorgt wegen der am Abend anstehenden Vertrauensfrage der französischen Regierung. Man blicke „mit keiner Besorgnis“ auf die Abstimmung, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin auf Anfrage der dts Nachrichtenagentur.

„Die französische Entwicklung hat sich lange abgezeichnet.“ Der Bundeskanzler pflege ein sehr enges Verhältnis zum französischen Präsidenten und die französische innenpolitische Entwicklung beobachte man. Die Bundesregierung hoffe, dass Frankreich weiterhin als europäischer Partner eng für Absprachen bereitstehe.

Auf Nachfrage, ob Deutschland Tipps an das Nachbarland zur Lösung der Schuldenproblematik habe, sagte Kornelius, dass die Bundesregierung keine Tipps an europäische Nachbarn zu verteilen habe.

„Natürlich ist die Wirtschaftsentwicklung Teil der bilateralen Gespräche.“ Jedes Land werde seine eigene Ableitung daraus ziehen. Deutschland habe auch einen eigenen Haushalt aufzustellen. „Insofern sollten wir uns auf unsere Schuldenproblematik konzentrieren“, sagte der Regierungssprecher.

Saarland: Ministerpräsidentin warnt

Vor der französischen Vertrauensabstimmung warnte Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) vor den Auswirkungen einer politischen Krise.

„Wir brauchen ein Deutschland, das sich klar für Europa einsetzt. Wir brauchen ein Frankreich, das klar dafür steht, bestenfalls die deutsch-französische Achse. Deshalb hoffe ich, dass auch nach der Vertrauensfrage wir es mit einer weiterhin stabilen Regierung zu tun haben“, sagte sie „Politico“-Podcast.

Präsident Emmanuel Macron sei „nach wie vor eine starke Persönlichkeit in Europa und für das deutsch-französische Verhältnis“. Macron werde „als Staatspräsident ja weiterhin auch eine große Rolle haben bis 2027“. (afp/dts/red)

 



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