Schweden: Kirche rollt durch die Stadt – Umzug wegen Erdrutschgefahr

In Nordschweden rollt eine 672 Tonnen schwere Kirche durch die Stadt. Wegen des Bergbaus muss der Ortskern von Kiruna verlegt werden. Jetzt ist die Kirche an der Reihe - und Tausende schauen zu.
Ein Rahmenprogramm begleitet die Umsiedlung der Kirche.
Ein Rahmenprogramm begleitet die Umsiedlung der Kirche.Foto: Fredrik Sandberg/TT News Agency/AP/dpa
Epoch Times19. August 2025

Vor den Augen von tausenden Schaulustigen hat in Schweden der Umzug einer der bekanntesten Kirchen der Welt begonnen: Mit Hilfe einer ausgefeilten Technik bewegte sich die rote Holzkirche von Kiruna am Dienstag langsam von ihrem jahrzehntelangen Standort weg.

Notwendig geworden war der Umzug durch ein Eisenerzbergwerk südwestlich der Stadt, das in den vergangenen Jahren immer wieder erweitert wurde – Teile von Kiruna sind daher einsturzgefährdet.

König Carl XVI. Gustaf wollte zu der Umzugsaktion kommen

Bewegt wurde das ikonische rote Gebäude auf einer ferngesteuerten Transportvorrichtung mit insgesamt 220 Rädern, am Mittwoch soll die Kiruna Kyrka an ihrem neuen Standort stehen. Zu Beginn der akribisch geplanten Aktion wurde das Bauwerk von Bischof Asa Nyström und Kirchen-Pfarrerin Lena Tjärnberg gesegnet.

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Das 672 Tonnen schwere Gebäude rollt langsam durch die Stadt. Foto: Malin Haarala/AP/dpa

Das 1912 fertiggestellte Gotteshaus vereint verschiedene architektonische Stile. Innen ist die Kiruna Kyrka mit von den Samen – den Ureinwohnern der Region – inspirierten Motiven verziert. Sie zählt zu den schönsten Bauwerken Schwedens und ist ein beliebtes Touristenziel.

Tausende Schaulustige verfolgten die Segnungszeremonie und den anschließenden Start des Konvois, zudem übertrug das schwedische Fernsehen live aus der Stadt im Norden des Landes. Auch König Carl XVI. Gustaf wollte zu der Umzugsaktion kommen.

Gemischte Gefühle hatte dagegen die aus Kiruna stammende samische Autorin Ann-Helén Laestadius, die vor allem für ihren von „Netflix“ verfilmten Roman „Das Leuchten der Rentiere“ bekannt ist. „Ich bin froh, dass die Kirche verlegt wird – alles andere wäre ein Skandal gewesen“, sagte sie dem Fernsehsender SVT. „Sie ist ein so wichtiger Teil der Seele Kirunas.“

Sie selbst sei in der Kirche „getauft, konfirmiert und getraut“ worden, sagte die Autorin, deren Werke das Leben der Sami thematisieren. „Aber es ist extrem schwer, die eigene Stadt verschwinden zu sehen“, fügte sie mit Blick auf weitere Wahrzeichen von Kiruna hinzu, die bisher bereits beim Umzug der Stadt zerstört wurden.

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Umzug der Kirche kostet 45 Millionen Euro

Grund für den Umzug ist ein riesiges Eisenerzbergwerk südwestlich der Stadt. Dieses wurde immer wieder in die Tiefe erweitert, der Boden in der Region wurde dadurch unsicher. Der Umzug von ersten Stadtteilen von Kiruna hatte schon vor Jahren begonnen, ein neues offizielles Stadtzentrum wurde im September 2022 eingeweiht – nun folgte die Kiruna Kyrka.

Eine Kirche auf Reisen: Im schwedischen Kiruna wird eines der bekanntesten Gebäude des Landes rund fünf Kilometer verschoben. Wegen des Ausbaus eines unterirdischen Eisenerzbergwerks muss ein ganzer Ort umziehen.

Eine Kirche auf Reisen: Im schwedischen Kiruna wird eines der bekanntesten Gebäude des Landes rund fünf Kilometer verschoben. Wegen des Ausbaus eines unterirdischen Eisenerzbergwerks muss ein ganzer Ort umziehen. Foto: Fredrik Sandberg/TT News Agency/AP/dpa

Die Kirche bewegte sich am Dienstag im Schneckentempo voran, kam ihrem etwa fünf Kilometer entfernten Ziel aber unter dem Jubel der Anwesenden immer näher. Für den Umzug war eigens eine Straße verbreitert worden. Das Versetzen kostet 500 Millionen Kronen (45 Millionen Euro), bezahlt wird die Aktion vom Bergbauunternehmen LKAB (Luossavaara-Kiirunavaara Aktiebolag), das zu 100 Prozent im Besitz des Staates ist. Das Unternehmen nannte den Umzug im Vorfeld ein „einmaliges Ereignis der Weltgeschichte“.

Das Gebäude sei vor dem Umzug gründlich untersucht und vorbereitet worden, versicherte LKAB. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Orgel von 1957, erbaut von der deutschen Firma Beckerath, und dem von Prinz Eugen von Schweden geschaffenen Altarbild.

Eine ganze Stadt zieht um

Die Kirche ist nicht das erste Gebäude in Kiruna, das umziehen muss. Die Stadt hat schon vor Jahren damit begonnen, den Ortskern Richtung Osten umzusiedeln. Grund ist, dass es in Kiruna die größte unterirdische Eisenerzgrube der Welt gibt und sich durch den Bergbau mit den Jahren das Risiko für Erdrutsche und die Einsturzgefahr von Gebäuden erhöht hat.

Rund 6.000 Einwohner werden umgesiedelt, was gut einem Drittel von Kirunas Bevölkerung entspricht. Dazu kommen Dutzende Geschäfte, öffentliche Einrichtungen wie Schulen und das Krankenhaus – und eben die Kirche. Bis 2035 soll Kirunas Umsiedlung endgültig abgeschlossen sein.

Der Umzug der Kirche ist aber etwas ganz Besonderes für die Stadt im Norden. Die 1912 eingeweihte Kiruna kyrka, wie sie auf Schwedisch heißt, ist nicht nur das größte umzusiedelnde Gebäude, sie ist auch ein Wahrzeichen der Stadt. 2001 wurde sie zum schönsten Gebäude von ganz Schweden gewählt. Sie ist im nationalromantischen Stil gebaut und verbindet Einflüsse von norwegischen Stabkirchen mit denen der samischen Koten. Kiruna liegt im traditionellen Siedlungsgebiet des indigenen Volkes der Samen.

Großes Spektakel begleitet den Kirchenumzug

Sogar der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson äußerte sich zur Umsiedlung der Kirche. Zur Nachrichtenagentur TT sagte er: „Der Umzug symbolisiert sowohl den Respekt vor unserem gemeinsamen Kulturerbe als auch die Bedeutung der schwedischen Bergbauindustrie, die unser Land reich und stark gemacht hat.“

Gegen Mittag zeigt sich Projektleiter Kjell Olovsson zufrieden mit dem „Großen Kirchenumzug“, wie das schwedische Fernsehen die komplizierte Operation nennt: „Alles läuft reibungslos und die Konstruktion verhält sich genau so, wie wir es erwartet haben.“

Am Mittwoch soll der Umzug abgeschlossen sein. Bis dahin steht noch einiges auf dem Programm in der nordschwedischen Stadt: Ein samischer Chor soll auf der eigens für das Großevent aufgebauten Bühne auftreten – ebenso die Spaßband KAJ, die beim diesjährigen Eurovision Song Contest für Schweden angetreten ist.  (dpa/afp/red)



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