Trotz Wahlschlappe: Donald Tusk übersteht Vertrauensabstimmung im Sejm

Nach der Niederlage seines Kandidaten bei der Präsidentenwahl hat Polens Premierminister Donald Tusk im Parlament ein Vertrauensvotum gewonnen. Trotz wachsender Spannungen mit dem neuen PiS-Präsidenten Karol Nawrocki setzt Tusk auf Kontinuität – doch die politische Polarisierung in Polen dürfte sich verschärfen.
Titelbild
Vor der Vertrauensabstimmung gab Polens Regierungschef Donald Tusk im Parlament eine Regierungserklärung ab.Foto: Rafal Guz/PAP/dpaWOJTEK RADWANSKI/AFP via Getty Images)
Von 11. Juni 2025

Der Sieg des PiS-Kandidaten Karol Nawrocki bei der Präsidentenwahl hat für Polens Premierminister Donald einen deutlichen Rückschlag markiert. Im Parlament hat sich der frühere EU-Ratspräsident jedoch am Mittwoch, 11. Juni, die erforderliche Rückendeckung für ein Weiterregieren gesichert. Mit ausreichend Stimmen aus seiner Mitte-links-Koalition hat er die von ihm selbst gestellte Vertrauensabstimmung gewonnen. Für Tusk sprachen sich 243 Abgeordnete aus, gegen ihn 210. Die Koalitionsparteien verfügen über 242 Sitze.

Damit wird sich Polen auf weitere Jahre massiver politischer Polarisierung einrichten müssen. Es ist davon auszugehen, dass Nawrocki als Präsident sein Vetorecht gegen eine Vielzahl an Gesetzen nutzen wird. Tusk selbst ist eine solche Form der „Kohabitation“ nicht fremd. Bereits von 2007 bis 2010 amtierte er als polnischer Premier unter einem Präsidenten der PiS – damals Lech Kaczyński.

Tusk will die Koalition weiterführen und kündigt „neue Gesichter“ an

In seiner Rede im Vorfeld der Vertrauensabstimmung kündigte Tusk an, unabhängig vom Ergebnis der Präsidentenwahl die Koalition bis zu den Parlamentswahlen 2027 fortführen zu wollen. Er räumte ein, auf einen Sieg seines Kandidaten Rafal Trzaskowski gehofft zu haben. Dass es dazu nicht gekommen sei, sorge dafür, dass an die Stelle eines Präsidenten, der seine „Reformagenda für Polen“ blockiert habe, ein weiterer träte, der dies beabsichtige.

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Dass die Niederlage Trzaskowskis sehr knapp ausgefallen sei, zeige jedoch, dass es immer noch nennenswerte Unterstützung für seinen Kurs gebe. Tusk äußerte dazu:

„Ich kenne den Geschmack des Sieges, ich kenne die Bitterkeit der Niederlage, aber ich kenne das Wort ‚Aufgeben‘ nicht.“

Für Juli kündigte Tusk Kabinettsumbildungen an, die einige „neue Gesichter“ zutage treten lassen würden. Auch wolle er noch im Juni einen Regierungssprecher vorstellen, der helfen soll, eine einheitlichere Botschaft der Koalition zu übermitteln. Tusk wolle seine Inhalte auch noch stärker über soziale Medien und Pressekonferenzen kommunizieren.

Bürgerplattform: „Polen ist auf einem Erfolgsweg“

Die führenden Exponenten der Koalitionsparteien haben bereits im Vorfeld der Abstimmung deutlich gemacht, Tusk das Vertrauen aussprechen zu wollen. Katarzyna Lubnauer von dessen Bürgerkoalition (PO) betonte, die Regierung habe erfolgreich gearbeitet:

„Wir sehen, dass das Wirtschaftswachstum in den letzten zwei Jahren 3,7 Prozent betragen hat. Wir sehen, dass die Inflation um 4 Prozent gesunken ist, dass wir eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in der gesamten Europäischen Union haben. Wenn wir das alles sehen, dann müssen wir ganz klar sagen, dass dies eine Regierung ist, die zum Wohle der Polen arbeitet.“

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Władysław Kosiniak-Kamysz vom zentristischen Bündnis „Dritter Weg“ äußerte, er sehe „das Glas als halb voll“. Er äußerte sich zufrieden, dass der Premier in seiner Rede die Notwendigkeit von Reformen im Gesundheitswesen angesprochen habe. Sein Bündnispartner Ryszard Petru von Polen 2050 äußerte:

„Es gibt keine Alternative zur Koalition, aber es gibt eine Alternative dazu, wie sie funktioniert.“

Linksbündnis unzufrieden mit Patt in gesellschaftspolitischen Fragen

Aus dem Linksbündnis kamen anerkennende Worte zur Rede von Tusk. Włodzimierz Czarzasty lobte, dass der Premier ein Bekenntnis zu billigerem Wohnen und zum Verbot unbezahlter Praktika abgegeben habe. Sein Kollege Krzysztof Gawkowski bekannte sich dazu, die übrigen 20 Monate bis zu den nächsten Parlamentswahlen zusammenzuarbeiten.

Dies solle „in Frieden, Glauben und guter Zusammenarbeit mit dem Präsidenten zum Wohle der Republik Polen“ geschehen. Demgegenüber klagte Anna Maria Żukowska von der Linken, ihr fehlten in der Rede „Informationen über die Umsetzung des Koalitionsvertrags im Bereich der Lebenspartnerschaft“.

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Neben der Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs war auch die sogenannte Homo-Ehe eines der zentralen Wahlversprechen der Linken. In beiden Bereichen gab es innerhalb der Koalition grundsätzlichen Konsens. Die Zentristen haben jedoch in beiden Themenbereichen aus Rücksichtnahme auf katholische Wähler keiner konkreten Umsetzung zugestimmt.

Von den der PiS zugehörigen Präsidenten Andrzej Duda und jetzt Pawel Nawrocki ist ebenfalls keine Unterstützung zu erwarten. Aber auch in vielen Sachfragen hatte sich die von Mitte-rechts bis weit links reichende Koalition zuletzt uneinig gezeigt.

„Tante Ursula und Onkel Soros“: Rechte Opposition attackiert Tusk mit scharfer Rhetorik

Aus der PiS und von der rechten Konföderation kamen hingegen Rücktrittsforderungen an Tusk. Sebastian Kaleta warf dessen Regierung vor, die „totale Gesetzlosigkeit“ in Polen verursacht zu haben. Es gebe Verhaftungen von Oppositionellen, gewaltsame Übernahmen und Säuberungen von Justiz und Rundfunk. Dies werde Konsequenzen haben – für Tusk und Justizminister Adam Bodnar:

„Sie müssen sich für die Gesetzlosigkeit verantworten, die Sie in Polen begangen haben. Und Sie, Herr Ministerpräsident, werden nicht zu Ihrer Tante Ursula davonlaufen, und Sie, Herr Minister, werden nicht zu Ihrem Onkel Soros fliehen.“

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Jarosław Krajewski (PiS) äußerte, am heutigen Tag sei klar geworden, dass Tusk „seine Hausaufgaben nicht gemacht“ habe. Man sehe die „Arroganz der Bürgerplattform“ und dass der Premier „nicht versteht, warum die Bürgerplattform verloren hat, warum Trzaskowski die Wahlen verloren hat“.

 

 



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