Unvorbereitet: Treffen Trumps Russlandsanktionen Berlin mehr als Moskau?

In Berlin herrscht Alarmstimmung. Mit seinem Erlass von Sanktionen gegen zwei russische Erdölfirmen trifft Trump auch europäische Staaten, insbesondere Deutschland. Merz will nun eine Ausnahmegenehmigung erwirken. Auch andere EU-Staaten überlegen, wie sie die Auswirkungen der Sanktionen umgehen können.
Deutsche Rosneft-Beteiligungen wie die PCK-Raffinerie dürften nach Einschätzung der Regierung nicht unter die Sanktionen fallen. (Archivbild)
Deutsche Rosneft-Beteiligungen wie die PCK-Raffinerie dürften nach Einschätzung der Regierung nicht unter die Sanktionen fallen. (Archivbild)Foto: Patrick Pleul/dpa
Von 25. Oktober 2025

Die USA kündigten am 22. Oktober überraschend wirtschaftliche Sanktionen gegen Russlands Ölindustrie an. Der Grund: Der amerikanische Präsident Donald Trump zeigte sich frustriert darüber, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin zu keinem Friedensabkommen im Krieg mit der Ukraine bereit erklärte. Ein in Kürze geplantes Treffen in Budapest zwischen beiden Staatschefs wurde abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben.

Bekannt gegeben wurden die amerikanischen Sanktionen durch den US-Finanzminister Scott Bessent. Er erklärte: „Angesichts der Weigerung [des russischen] Präsidenten Putin, diesen sinnlosen Krieg zu beenden, verhängt das Finanzministerium Sanktionen gegen die beiden größten Ölkonzerne Russlands, die die Kriegsmaschinerie des Kremls finanzieren.“

Namentlich genannt wurden die beiden russischen Erdöl- und Gasfirmen Rosneft und Lukoil sowie ihre Zweigfirmen und Firmen, an denen sie beteiligt sind. Mit dieser Entscheidung hat Präsident Trump eine bedeutende Wende in seiner Politik gegenüber Russland eingeleitet. Denn zuvor hatte er laut Medienberichten erklärt, er werde keine Sanktionen verhängen, solange EU-Staaten weiterhin russisches Öl kaufen würden.

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Sanktionen betreffen auch Deutschland

Noch ist nicht klar, wie stark auch Firmen und Zweigniederlassungen von Rosneft und Lukoil in der EU von den Sanktionen betroffen sein werden. Fest steht aber, dass das „Petrochemisches Kombinat“ (PCK) im brandenburgischen Schwedt unter die amerikanischen Sanktionen fällt.

Die PCK-Raffinerie ist mit 54 Prozent mehrheitlich im Besitz von Tochterfirmen des russischen Staatskonzerns Rosneft. Jetzt sind die Bundes- und Landesregierung sowie der PCK-Betriebsrat in Alarmstimmung und arbeiten an einer Ausnahmegenehmigung. Dies berichteten übereinstimmend „Radio Berlin-Brandenburg“ (rbb) und die Londoner „Financial Times“. Das Bundeswirtschaftsministerium habe auf Anfrage gegenüber dem Regionalsender gesagt, die Bundesregierung gehe davon aus, dass sich die US-Sanktionen gegen russische Ölkonzerne nicht gegen jene Tochtergesellschaften von Rosneft in Deutschland richten, die von der Bundesregierung treuhänderisch verwaltet werden. Darüber sei die Bundesregierung mit den zuständigen Stellen in Washington in engem Kontakt, berichteten der rbb und die „Financial Times“.

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Treuhand – ein Strohhalm?

Die Ölraffinerie PCK in Schwedt steht nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine unter Kontrolle der Bundesregierung, die seither die sogenannte Treuhandverwaltung ausübt. Das heißt: Die Bundesregierung ist der juristische Eigentümer von PCK geworden und schließt alle Geschäfte und Verträge ab, während der tatsächliche wirtschaftliche Eigentümer in russischer Hand bleibt. Eine treuhänderische Verwaltung verhindert eine Enteignung und sichert dem Eigentümer das Fortbestehen seines Besitzes. Allerdings kann der Eigentümer nicht mehr selbstständig handeln.

Erst im September dieses Jahres hatte die Bundesregierung die Treuhand über PCK bis zum 10. März nächsten Jahres verlängert. Das Bundeswirtschaftsministerium argumentiert, die in Treuhand geführten russischen Tochtergesellschaften seien von der russischen Muttergesellschaft abgekoppelt. Das heißt, die erwirtschafteten Gewinne würden nicht an Rosneft oder an den russischen Staat gehen. Neben dem PCK in Brandenburg stehen noch eine Rosneft-Raffinerie in Bayern und eine in Baden-Württemberg unter der Treuhand des Bundes. Sollte es nicht gelingen, die USA von einer Ausnahmegenehmigung zu überzeugen, müssen die drei Rosneft-Raffinerien in Deutschland schließen.

Völlig unvorbereitet getroffen

Die amerikanischen Sanktionen gegen Russland treffen Deutschland offenbar völlig unvorbereitet. Denn noch zu Beginn dieses Monats pries der brandenburgische Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) die Zukunft des PCK Schwedt. Am 8. Oktober hatte Rosenft-Deutschland angekündigt, „dass die PCK-Raffinerie künftig mindestens 130.000 Tonnen Rohöl pro Monat aus Kasachstan erhalten wird“, teilte Keller auf der Webseite seines Ministeriums mit. Der Liefervertrag sei bis Ende 2026 verlängert worden.

„Diese Nachricht ist ein Meilenstein für die Zukunft der PCK Schwedt. Mit dem neuen Öl-Liefervertrag kann eine stabile Auslastung der Raffinerie gesichert und die Wirtschaftlichkeit weiter verbessert werden“, glaubte vor wenigen Tagen noch der brandenburgische Wirtschaftsminister.

Neun von zehn Autos in Berlin und Brandenburg betroffen

Das PCK nimmt für die Energieversorgung von Berlin und Brandenburg eine Schlüsselrolle ein. Mit einer Verarbeitungskapazität von jährlich 11,5 Millionen Tonnen zählt die Raffinerie in Schwedt zu den größten Rohölverarbeitungsstandorten in Deutschland.

Laut Angaben des PCK werden 90 Prozent der Versorgung mit Benzin, Kerosin, Diesel und Heizöl in Berlin und Brandenburg vom PCK sichergestellt. Mit anderen Worten: Neun von zehn Autos in Berlin und Brandenburg fahren mit Kraftstoff aus Schwedt. Ein Plan für den Fall der Stilllegung dieser Raffinerie ist nicht bekannt. Fest steht indes: Dieser Schritt würde in dem Raum zu einer beträchtlichen Preisexplosion von Benzin und Heizöl führen.

Der PCK-Betriebsratsvorsitzende, Dany Ruthenburg, hofft laut rbb, dass mit den USA eine ähnliche Ausnahmegenehmigung erreicht werden könnte wie mit Großbritannien. Die britische Regierung hatte am 15. Oktober bereits Sanktionen gegen Rosneft verhängt.

Daraufhin hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) beim britischen Premierminister Keir Starmer eine Ausnahmegenehmigung für Rosneft-Deutschland erreichen können. Als Argument wurde die Treuhand-Kontrolle der Bundesregierung eingeführt. Eine vergleichbare Ausnahme sei nun auch von der amerikanischen Regierung nötig, forderte Ruthenburg.

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Weite Teile Europas getroffen

Was Lukoil angeht, so betreibt dieses größte private Ölunternehmen Russlands Hunderte Tankstellen in der EU. Mit 181 Tankstellen in Belgien und Luxemburg ballen sich in diesen beiden Staaten die meisten Tankstellen in der EU. Aber auch in Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Rumänien und Serbien gibt es an etwa 750 Standorten Lukoil-Tankstellen, an denen auch Lukoil-Schmierstoffe verkauft werden.

Lukoil liefert auch Öl nach Ungarn und in die Slowakei, die nach Medienberichten nach wie vor zu 86 bis 100 Prozent von Importen aus Moskau abhängig sind. Bislang weigerten sich beide Staaten, sich den EU-Sanktionen gegen Russland anzuschließen.

Wie sich Ungarn und die Slowakei jetzt gegenüber den USA verhalten werden, ist noch offen. Die internationale Nachrichtenagentur Reuters berichtete, dass Ungarn daran arbeitet, einen Weg zu finden, um die US-Sanktionen gegen russische Ölkonzerne zu umgehen. Dies habe Ministerpräsident Viktor Orbán am 24. Oktober bekannt gegeben, ohne jedoch Einzelheiten zu nennen oder darauf einzugehen, ob er plane, sich den Beschränkungen zu widersetzen.

Bulgarien hingegen bereitet Maßnahmen für seine Lukoil-Raffinerie nach Inkrafttreten der US-Sanktionen vor, wie sowohl die bulgarische Nachrichtenagentur BTA als auch die russische Nachrichtenagentur TASS berichteten. Bulgarien will eine unterbrechungsfreie Versorgung mit Öl und Ölderivaten sicherstellen, gab Energieminister Zhecho Stankov am 24. Oktober bekannt.

Die russische Lukoil Neftochim Burgas ist die größte Ölraffinerie Bulgariens. Lukoil hält mehr als 50 Prozent Anteile daran, wie der bulgarische Premierminister Rosen Zhelyazkov vor der Presse sagte. „Wir haben einen Monat Zeit, um eine nationale Entscheidung darüber zu treffen, wie wir als Land mit dieser Angelegenheit umgehen wollen“, wird Zhelyazkov von TASS zitiert. Und weiter: „Wir werden prüfen, welche Option für die Raffinerie die beste ist, um sicherzustellen, dass das Land nicht unter Sanktionen fällt und die Produktion fortsetzen kann. Bis zum 21. November sollten wir vollständige Klarheit in dieser Angelegenheit haben“, gab sich der bulgarische Premierminister überzeugt.



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