„Europa kämpft“ – von der Leyens Rede zur Lage der EU
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch, 10. September, in Straßburg die alljährliche Rede zur Lage der Europäischen Union gehalten.
Dies war ihre erste Rede zur Lage der Union, seit sie im Juli 2024 wiedergewählt und ihre neue Kommission im November 2024 vom Parlament bestätigt wurde.
Gleich eingangs machte sie klar: „Europa kämpft.“
Und zwar sei Europa im Kampf „für einen unversehrten Kontinent in Frieden. Für ein freies und unabhängiges Europa“. Die EU sei zwar in ihrem Wesen ein Friedensprojekt, aber „die Welt von heute ist gnadenlos“.
„Wir können nicht einfach abwarten, dass dieser Sturm vorüberzieht. […] Die Frontlinien für eine neue, auf Macht basierende Weltordnung werden jetzt gezogen“, so von der Leyen. Europa müsse kämpfen um seinen Platz in einer Welt, in der „viele wichtige Mächte Europa gegenüber entweder zwiegespalten sind – oder offen feindselig“.
[etd-related posts=“5223996″]
Von der Leyen erläuterte in ihrer Rede (Rede als Video im Original und auf Deutsch) die Prioritäten, Pläne und Initiativen der EU-Kommission für das kommende Jahr.
Dabei sprach sie sich dafür aus, die Entscheidungsprozesse der EU zu reformieren, um Blockaden zu vermeiden. In einigen Gebieten sollte sich die EU von „den Fesseln der Einstimmigkeit“ unter den 27 Mitgliedstaaten befreien, forderte sie.
Zudem plädierte sie für eine Altersgrenze in den sozialen Medien und kündigte neue Initiativen für bezahlbare Autos und für verbesserte Netzinfrastruktur an.
Daneben nahm sie auch weitläufig Stellung zu internationalen Krisen wie den Konflikten um Gaza und die Ukraine.
Ukraine: Russland zur Kasse bitten
Die „Freiheit der Ukraine ist die Freiheit Europas“, so von der Leyen. Es soll mehr Druck auf Russland ausgeübt werden, auch durch mehr Sanktionen, um Moskau an den Verhandlungstisch zu bringen. Aktuell werde am 19. Sanktionspaket gearbeitet. Bislang sind fast 170 Milliarden Euro in Militär- und Finanzhilfe für die Ukraine geflossen.
„Dies ist Russlands Krieg. Und Russland sollte dafür bezahlen!“, so von der Leyen. Dies soll auf Grundlage der eingefrorenen russischen Vermögenswerte geschehen. Konkret sehen die Pläne folgendermaßen aus: Auf Basis der liquiden Anteile könnte der Ukraine ein Reparationsdarlehen gewährt werden, wobei die Vermögenswerte selbst unberührt bleiben. Die Ukraine muss das Darlehen erst zurückzahlen, wenn Russland Reparationszahlungen leistet.
Mit einem neuen Programm „Qualitative Military Edge“ soll in die ukrainischen Streitkräfte investiert werden, besonders in Drohnen. Von der Leyen kündigte an, dass Europa mit 6 Milliarden Euro eine „Drohnenallianz“ mit der Ukraine finanzieren will.
[etd-related posts=“5239531″]
Und da Putins Kriegswirtschaft auch nach dem Ende des Krieges weitergehe, soll „unsere europäische Verteidigungsunion“ weiter ausgebaut werden. Mit dem zu Beginn des Jahres ins Leben gerufenen Plan „Readiness 2030“ können 800 Milliarden Euro an Investitionen in die Verteidigung mobilisiert werden. Darin enthalten ist das Programm SAFE mit 150 Milliarden Euro für „gemeinsame Beschaffungen“.
Jedes EU-Mitglied, das die Ukraine unterstützt oder ukrainisches Gerät kauft, soll eine Prämie bekommen. Aufrüstung soll besonders bei den östlichen europäischen Mitgliedsstaaten gefördert werden, eine „Eastern Flank Watch“ aufgebaut werden, ein „Drohnenwall“ errichtet werden
„Das sind keine abstrakten Pläne. Das ist die Grundlage einer glaubwürdigen Verteidigung“, so von der Leyen, denn „Europa werde jeden Quadratzentimeter seines Territoriums verteidigen“.

Das Europäische Parlament, während EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 10. September 2025 in Straßburg ihre jährliche Rede zur Lage der Union hält. Foto: Sebastien Bozon/AFP via Getty Images
Gaza-Krise: Kritik an Israels Politik und Aussetzung der Unterstützung
Dann nahm von der Leyen in ihrer Rede Stellung zum Gaza-Krieg.
Was in Gaza geschieht, sei inakzeptabel. Die in den vergangenen Monaten sichtbar gewordene „systematische Verschiebung“ weise auf den klaren Versuch hin, die Zweistaatenlösung beziehungsweise die Vision eines lebensfähigen palästinensischen Staates zu untergraben.
Deshalb solle die bilaterale Unterstützung für Israel wie aus dem Forschungsprogramm „Horizont Europa“ ausgesetzt werden. „Wir werden alle Zahlungen in diesen Gebieten stoppen – ohne dass sich dies auf unsere Arbeit mit der israelischen Zivilgesellschaft oder Yad Vashem auswirkt“, so die Kommissionspräsidentin.
Zudem sollen Sanktionen „gegen die extremistischen Minister und gegen gewalttätige Siedler“ vorgeschlagen werden und darüber hinaus eine teilweise Aussetzung des Assoziierungsabkommens im Bereich des Handels initiiert werden.
[etd-related posts=“5230087,5234301″]
„Mir ist bewusst, dass es schwierig werden wird, Mehrheiten dafür zu finden“, so die CDU-Politikerin. Für manche Staaten gingen diese Maßnahmen zu weit und für andere nicht weit genug.
Die EU ist der größte Handelspartner Israels. Die Mitgliedstaaten exportierten 2024 Waren im Wert von 26,7 Milliarden Euro nach Israel. Israel exportierte im selben Zeitraum Waren im Wert von 15,9 Milliarden Euro in die EU.
Die finanzielle Unterstützung Brüssels für Israel ist deutlich geringer. Nach Angaben der EU waren für die Jahre 2025 bis 2027 Zahlungen an Israel in Höhe von 6 Millionen Euro jährlich im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) vorgesehen. Zudem sollen nun rund 14 Millionen Euro für laufende Projekte zurückgestellt werden, wie ein Sprecher der EU-Kommission der Nachrichtenagentur AFP mitteilte.
Neben viel Applaus gab es auch immer wieder kritische Zwischenrufe während von der Leyens Rede. Die Kommissionspräsidentin sieht sich unter anderem wegen des Handelsabkommens mit den USA scharfer Kritik ausgesetzt. Das Abkommen gebe der EU „wichtige Stabilität in unseren Beziehungen zu den USA“ und habe das „Chaos“ eines Handelskriegs verhindert, verteidigte sie am Mittwoch den Deal.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion