US-Zollpolitik: Ende der Abhängigkeit vom Ausland

Das Siegel „Made in America“ gilt schon lange kaum mehr als Qualitätszeichen auf Waren. Denn selbst die traditionelle amerikanische Bettdecke, der Quilt, wird nicht mehr aufwendig und damit teuer in den USA hergestellt, sondern mit Billigmaterialien zu Dumpinglöhnen in China, Bangladesch oder weiteren Billiglohnländern produziert.
Mit diesem Trend fand in den vergangenen Jahrzehnten gewissermaßen ein Ausverkauf der amerikanischen Wirtschaft statt. Dies will der amerikanische Präsident Donald Trump nun ändern. Und zwar sofort. Ohne Übergangsfristen.
Seit Jahrzehnten argumentiert er, auch schon als Geschäftsmann, dass die USA Zölle auf die Einfuhr von ausländischen Waren erheben sollten, um die eigene Wirtschaft zu schützen und anzukurbeln. Zölle sind Steuern auf ausländische Waren, die dadurch künstlich verteuert werden.
Dies würde amerikanische Verbraucher dazu bewegen, mehr Waren zu kaufen, die in den USA hergestellt werden, so Trumps Kalkül. Die Zölle könnten außerdem dazu dienen, dass amerikanische Unternehmen wieder mehr in die heimische Wirtschaft investieren würden als in Firmen in Billiglohnländern. Das sind Trumps hauptsächliche Überlegungen zu seiner Zollpolitik.
Wurden die USA bislang „ausgeplündert“?
Es geht dem amerikanischen Präsidenten jedoch nicht nur um diese vordergründige spekulative Rechnung. Er argumentiert des Weiteren, die Vereinigten Staaten seien von anderen Ländern „ausgenutzt, ausgeplündert und vergewaltigt“ worden.
Um deutlich zu machen, worum es im Einzelnen geht, hat das Weiße Haus am 2. April ein sogenanntes Fact Sheet veröffentlicht, in dem erklärt wird, warum und auf welche Weise der amerikanische Präsident die Souveränität der USA schützen und die nationale und wirtschaftliche Sicherheit wiederherstellen will.
Die gesamte bisherige amerikanische Außenhandels- und Wirtschaftspolitik habe einen „nationalen Notstand geschaffen“, heißt es in dem Präsidentenpapier. Deshalb würden „entsprechende Zölle eingeführt, um die internationale Wirtschaftsposition der Vereinigten Staaten zu stärken und die amerikanischen Arbeitnehmer zu schützen“.
Auch wenn Trumps Zollpolitik in der ganzen Welt Empörung hervorgerufen hat, weil die USA nicht mehr bereit sind, zu den bisherigen liberalen Bedingungen Welthandel zu betreiben, muss nüchtern festgestellt werden: Trump hat zahlreiche Punkte, die auch bei jedem anderen Staat Besorgnis erregen würden.
Verteidigung vom Ausland abhängig geworden
In dem Fact Sheet heißt es weiter: Die jährlichen Handelsdefizite hätten „zur Aushöhlung“ der Erzeuger- und Herstellungsgrundlagen geführt. Es gebe dadurch einen „Mangel an Anreizen, die fortschrittliche inländische Produktionskapazität zu erhöhen“. Vor allem aber seien „kritische Lieferketten untergraben“ worden. Diese gesamte Entwicklung habe dazu geführt, dass „unsere verteidigungsindustriellen Grundlagen von ausländischen Gegnern abhängig“ seien, so das Merkblatt.
Deshalb habe Trump beschlossen, allen Ländern auf ihre Einfuhren in die USA einen Basiszoll von 10 Prozent aufzuerlegen. Die Länder, mit denen die Vereinigten Staaten die größten Handelsdefizite haben, würden mit einem höheren Zollsatz belegt werden. Die Zollpläne des Präsidenten sollen am 9. April 2025 in Kraft treten und bleiben laut dem Weißen Haus so lange bestehen, „bis Präsident Trump feststellt, dass die Bedrohung durch das Handelsdefizit“ gelöst oder gemindert worden sei.
US-Wirtschaft dramatisch geschrumpft
Richtig ist: Die amerikanische Wirtschaft, ob Klein- und Mittelbetriebe mit Traditionshandwerk oder große Industrieanlagen, ist in den vergangenen 20 Jahren dramatisch geschrumpft. Dies wird an den vom Weißen Haus veröffentlichten Vergleichszahlen besonders deutlich.
Im Jahr 2023 betrug demzufolge der amerikanische Anteil an der weltweiten Fertigungsproduktion 17,4 Prozent, verglichen mit 28,4 Prozent noch im Jahr 2001. Trump sieht in dem Rückgang der heimischen Produktionskapazität jedoch nicht nur einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit der USA, sondern stets auch eine Gefährdung der Sicherheit für das gesamte Land:
„Wenn die USA einen wirksamen Sicherheitsschirm zum Schutz ihrer Bürger, ihrer Heimat und ihrer Verbündeten und Partner aufrechterhalten wollen, müssen sie über ein großes vorgelagertes Produktions- und Güterproduktionssystem verfügen“, heißt es.
„Die zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Produzenten“ habe „die amerikanische Lieferkette anfällig für geopolitische Störungen und Lieferengpässe gemacht“, wird die neue Zollpolitik begründet. Solche Schwachstellen seien insbesondere während der COVID-19-Pandemie und später durch Angriffe der jemenitischen Houthi-Rebellen auf die Schifffahrt im Nahen Osten aufgedeckt worden.
Warum können Zölle helfen?
Die Trump-Regierung beruft sich bei ihrer Zollstrategie auf Studien, die „wiederholt gezeigt“ hätten, dass Zölle ein „wirksames Instrument zur Reduzierung oder Beseitigung von Bedrohungen der nationalen Sicherheit der USA“ sein und damit auch wirtschaftliche und strategische Ziele erreicht werden können.
Konkret verweist das Weiße Haus auf eine Studie aus dem Jahr 2024. Darin seien die Auswirkungen jener Zölle untersucht worden, die Trump bereits in seiner ersten Amtszeit erhoben hatte. Diese Studie habe ergeben, dass dadurch „die amerikanische Wirtschaft gestärkt“ worden sei. Außerdem sei es „zu einer erheblichen Wiederansiedlung“ von Firmen in den USA in Branchen wie dem verarbeitenden Gewerbe und der Stahlproduktion gekommen.
Ein Bericht der unabhängigen Bundesbehörde International Trade Commission aus dem Jahr 2023 habe zudem ergeben, dass die Zölle die Importe aus der VR China deutlich reduziert und die heimische Produktion gesteigert hätten.
Das Economic Policy Institute (EPI), ein überparteilicher Thinktank in Washington, auf dessen Einschätzung zur Zollpolitik unter Trumps erster Amtszeit das Weiße Haus ausdrücklich verwiesen hatte, verwahrte sich am 3. April gegen die Vereinnahmung Trumps und zeigte sich in einem Beitrag auf seiner Website eher kritisch gegenüber Trumps Zollpolitik:
„Die Zölle decken nun praktisch alle Warenimporte in die Vereinigten Staaten ab. Das sind mehr als 3 Billionen Dollar. Zollsätze auf dem Niveau werden die Steuern für amerikanische Haushalte um rund 450 Milliarden Dollar erhöhen und zu einem starken Rückgang sowohl der Importe als auch der Exporte führen“, prognostiziert EPI.
Und weiter: „Zölle können ein nützliches Instrument in der Industriepolitik für genau definierte strategische Ziele sein, aber breit angelegte Zölle, die den durchschnittlichen effektiven Zollsatz in den Vereinigten Staaten deutlich erhöhen, sind unklug. Ohne einen strategischen Plan und eine breite Anwendung in allen Sektoren werden diese Zölle der US-Produktion keinen nennenswerten Schub verleihen“, so EPI.
Zollpolitik als Sicherheitspolitik
Gleichzeitig bleibt festzuhalten: Trump geht es bei seiner Zollpolitik eben nicht nur um die wirtschaftlichen und fiskalpolitischen Aspekte. Hier mögen tatsächlich Risiken bestehen, die derzeit nicht abzusehen sind und die den Verbrauchern in den USA möglicherweise Verteuerungen zumuten. Entscheidender aber ist die nationale Sicherheit. Wenn sich die USA in ihrer Rüstungsproduktion, in ihrer Militär- und Verteidigungspolitik allgemein vom Ausland abhängig gemacht haben, besteht eine Sicherheitslücke. Und dass diese geschlossen werden muss, sollte für jeden Staat nachvollziehbar sein.
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