Waffenruhe: Syrien übergibt Kontrolle an Suwaida – USA und Türkei vermittelten

Der ethnisch-religiöse Konflikt im Süden Syriens zwischen Drusen und Beduinen scheint beigelegt. Laut einer Waffenruhe-Vereinbarung soll Suwaida in die Strukturen Syriens integriert werden und Damaskus die Kontrolle über die gesamte Provinz erhalten. Nicht jeder stimmt dem zu.
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Ein Konvoi syrischer Militär- und Sicherheitskräfte passiert am 15. Juli 2025 in der Nähe von Sweida, Syrien, ein Schild für die Stadt Sweida. Die Gewalt brach nach mehreren Entführungen auf beiden Seiten aus, darunter die eines drusischen Händlers am 11. Juli.Foto: Stringer/Getty Images
Epoch Times17. Juli 2025

In Kürze:

Seit dem 13. Juli kam es zu Kämpfen zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen.

Die syrische Armee wurde nach Suwaida entsandt, danach eskalierte die Gewalt.

Israel sieht sich als Schutzmacht der Drusen und bombardierte Ziele in Damaskus.

Waffenruhe wurde vereinbart, die Armee zieht ab.


 

Im syrischen Suwaida kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volksgruppen und der Armee. Nachdem am 13. Juli Kämpfe zwischen der religiösen Minderheit der Drusen und sunnitischen Beduinen ausgebrochen waren, schickte die islamistische Regierung in Damaskus Soldaten in die Provinz.

Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa hat nun die Verantwortung für die Sicherheit eigenen Angaben zufolge an örtliche Vertreter übergeben. Er sagte in einer Fernsehansprache, dass die für die Gewalt gegen die Drusen verantwortlichen Akteure zur Rechenschaft gezogen würden.

Regierungstruppen führten zur Eskalation der Gewalt

Am Morgen des 15. Juli rückten die Regierungstruppen in die gleichnamige Provinzhauptstadt vor. Kurz danach eskalierte die Gewalt.

Tags darauf erklärte die syrische Regierung, die Armee habe mit ihrem Abzug aus der Stadt Suwaida begonnen. Der Abzug sei Teil einer Waffenruhe-Vereinbarung, so das Verteidigungsministerium in Damaskus.

Laut dem vom syrischen Innenministerium veröffentlichten Text wurde eine „vollständige und sofortige Einstellung aller Militäreinsätze“ zugesagt.

Am 15. Juli 2025 in der Nähe von Sweida, Syrien. Foto: Stringer/Getty Images

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte töteten syrische Regierungskräfte nicht nur drusische Kämpfer, sondern auch zu der Minderheit gehörende Zivilisten. Demnach wurden seit Sonntag 79 drusische Kämpfer und 55 Zivilisten getötet.

Außerdem seien 189 Angehörige des Verteidigungs- und Innenministeriums sowie 18 beduinische Kämpfer getötet worden. Die Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen von einem Netzwerk vor Ort.

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Israel sieht sich als Schutzmacht der Drusen

In Israel dienen viele Drusen im Militär, daher fühlt sich das Land dem Schutz der Drusen verpflichtet. Drusen sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam hervorging. Sie leben mehrheitlich in Syrien, aber auch in Israel, dem Libanon und Jordanien. Die syrische Provinz Suwaida im Süden ist ihre Hochburg.

Israel griff daher nach eigenen Angaben zum Schutz der Minderheit ein. Am Mittwoch bombardierte die israelische Luftwaffe dann auch Ziele in der Hauptstadt Damaskus, unter anderem auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums, wo das militärische Hauptquartier liegt, sowie ein Ziel in der Nähe des Präsidentenpalastes. Israel verlangt den Abzug der syrischen Regierungstruppen aus der Drusen-Region nahe der Grenze zu Israel.

Am Mittwoch versuchten erneut einige Drusen aus Israel, die Grenze zu Syrien zu überqueren, um andere dort zu unterstützen. Laut Israels Armee wollten zugleich „Dutzende Verdächtige“ von Syrien aus auf israelisch kontrolliertes Gebiet zu gelangen. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte handelte es sich um Drusen, die in Israel Schutz suchten.

Der syrische Übergangspräsident kritisierte in seiner TV-Ansprache Israel für seine Angriffe „auf zivile und staatliche Einrichtungen“. Dies habe zu einer „erheblichen Komplikation“ geführt und die Dinge in Richtung einer „massiven Eskalation“ getrieben. Gleichzeitig lobte Al-Scharaa die Vermittlung der USA, der arabischen Staaten und der Türkei in dem Konflikt.

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US-Außenminister Rubio: Alle Parteien müssen nun ihre Zusagen einlösen

US-Außenminister Marco Rubio teilte mit, die USA hätten mit allen Beteiligten des Konflikts gesprochen. Man habe sich auf „konkrete Schritte geeinigt, die dieser beunruhigenden und entsetzlichen Situation“ später am Mittwochabend ein Ende setzen sollten.

Alle Parteien müssten die von ihnen eingegangenen Verpflichtungen einhalten, schrieb Rubio auf der Plattform X. Mit Blick auf das Eingreifen Israels sprach Rubio von „einem Missverständnis zwischen der israelischen und der syrischen Seite“.

Einsatzkräfte des syrischen Innenministeriums am 15. Juli 2025 in der Nähe von Sweida, Syrien, in Lastwagen. Foto: Stringer/Getty Images

Scheich Jussef al-Dscharbuh, einer der drei wichtigsten religiösen Anführer der syrischen Drusen, verlas die zehn Punkte der Waffenruhe-Vereinbarung im TV. Demnach soll Suwaida in die Strukturen des Staats integriert werden und Damaskus die Kontrolle über die gesamte Provinz erhalten.

Gleichzeitig widersprach der geistliche Drusenführer Hikmat al-Hidschri, dass so eine Waffenruhe vereinbart worden sei. Er rief Kämpfer dazu auf, weiterhin Widerstand gegen „kriminelle Gangs“ zu leisten, die in Suwaida Tod und Zerstörung anrichteten. Suwaida müsse „bedingungslos“ von diesen Kräften befreit werden. Es gebe keine Verhandlungen und auch keine Einigung mit „bewaffneten Gangs, die sich selbst als Regierung bezeichnen“.

Schon am Dienstag war eine Waffenruhe in Syrien verkündet worden, der al-Hidschri widersprochen hatte. Bald darauf war es zu neuen Kämpfen gekommen.

UN-Generalsekretär fordert Ende der Kämpfe

UN-Generalsekretär António Guterres forderte ein Ende der Kämpfe. „Er verurteilt unmissverständlich jegliche Gewalt gegen Zivilisten, einschließlich Berichte über willkürliche Tötungen und Taten, die konfessionelle Spannungen anfachen“, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric. Die Vorfälle nähmen dem syrischen Volk nach vierzehn Jahren brutalen Konflikts die Chance auf Frieden und Versöhnung.

Guterres verurteilt auch Israels Angriffe in dem Nachbarland und fordert ein sofortiges Ende aller Verletzungen syrischer Souveränität. Auch die EU ruft zum sofortigen Ende der israelischen Luftangriffe auf. (afp/dpa/red)



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