Verhandlung vorm Obersten Gerichtshof: Durfte US-Präsident weltweit Zölle im Alleingang verhängen?

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten (Supreme Court) befasst sich mit einer Grundsatzfrage von historischer Tragweite: Durfte Donald Trump auf Grundlage des „International Emergency Economic Powers Act“ eigenmächtig weltweite Zölle verhängen? Die Entscheidung könnte das Machtgefüge zwischen Präsident und Kongress dauerhaft verändern.
Der Supreme Court beschert der Trump-Regierung vorerst einen Sieg im Rechtsstreit um bereits bewilligte Auslandshilfen in Milliardenhöhe. (Archivfoto)
Der Supreme Court verhandelt über Trumps Zölle. (Archivfoto)Foto: Susan Walsh/AP/dpa
Von 6. November 2025

In Kürze:

  • Der Supreme Court verhandelt über die Rechtmäßigkeit von Donald Trumps globalen Zöllen.
  • Der Streit dreht sich um das Notstandsgesetz IEEPA aus den 1970er-Jahren.
  • Mehrere Bundesgerichte hatten Trumps Vorgehen als verfassungswidrig eingestuft.
  • Die Richter sind uneins über die Reichweite präsidentieller Befugnisse.
  • Kernfrage: Sind Zölle Steuern – und darf der Kongress solche Macht delegieren?
  • 90 Milliarden US-Dollar an Zolleinnahmen stehen auf dem Spiel.

 

Vor dem Supreme Court fand am Mittwoch, 5. November, die öffentliche Anhörung zu der Frage statt, ob US-Präsident Donald Trump mit seiner Zollpolitik noch in den Grenzen seiner politischen Befugnisse handelt. Mehrere Bundesgerichte hatten sein umfassendes neues System für Einfuhrzölle für verfassungswidrig erklärt.

Der Präsident, so hieß es, habe damit Kompetenzen an sich gezogen, die verfassungsmäßig dem Kongress zustünden. Die Zollpolitik sei ein solcher Bereich. Das Weiße Haus jedoch beruft sich auf den seit 1977 bestehenden „International Emergency Economic Powers Act“ (IEEPA). In diesem umschrieb der Kongress Sonderbefugnisse und deren Grenzen zugunsten des Präsidenten für den Fall eines erklärten nationalen Notstandes.

Supreme Court wird vor allem auf Begriffe aus dem U.S. Code Bezug nehmen

Vor dem Supreme Court geht es nun darum, ob die „reziproken Zölle“ Trumps und die Zölle aufgrund Chinas Rolle in der Fentanylkrise noch innerhalb seiner Befugnisse nach dem IEEPA liegen. Was sich jetzt schon abzeichnet, ist, dass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu einem wesentlichen Teil davon abhängen wird, wie dieser Begriffe auslegt. Vor allem geht es um solche wie „Importe“, „Regulierung“ und „Zölle“.

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Die Bestimmung zu 50 U.S. Code Paragraf 1702 räumt dem Präsidenten im Fall eines deklarierten Notstandes eine Reihe von Befugnissen ein. Das Regulieren von Importen ist eine davon. Allerdings weisen Höchstrichter John Roberts und die Unterinstanzen, die Trumps Zollpolitik stoppen wollen, darauf hin, dass von „Zöllen“ in besagtem Abschnitt nicht die Rede ist.

Gleichzeitig ist jedoch davon die Rede, dass der Präsident von ihm vorgeschriebene Regelungen „durch Anweisungen, Lizenzen oder auf andere Weise“ veranlassen könne. Dazu kommt eine weitreichende Aufzählung, die Wortfolgen wie „untersuchen“, „blockieren“, „regulieren“, „leiten“, „zwingen“, „für nichtig erklären“, „verhindern“ oder „verbieten“ enthält.

Generalstaatsanwalt: „Kongress wollte Präsidenten Vollmachten im Notstandsfall geben“

Dazu kommen Substantive wie „jeglicher Erwerb“, „Besitz“, „Zurückhaltung“, „Nutzung“, „Übertragung“, „Rücknahme“, „Transport“, „Einfuhr“ oder „Ausfuhr von oder Handel mit Rechten oder Privilegien“. All das umschreibt Befugnisse und Sachverhalte, die dem Präsidenten „in Bezug auf irgendein Eigentum, das der Gerichtsbarkeit der Vereinigten Staaten unterliegt“, zukommen sollen.

Für US-Generalstaatsanwalt D. John Sauer ist die Aufzählung keine erschöpfende, sondern eine illustrative. Sie soll deutlich machen, dass der Kongress den Wunsch hatte, in den Anwendungsfällen dem Präsidenten möglichst weitreichende Befugnisse einzuräumen. Eine solche Absicht anzunehmen, sei die „natürliche Schlussfolgerung des gesunden Menschenverstandes aus dieser grammatikalischen Struktur“.

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Richterin Amy Barrett deutete an, dass Zölle juristisch in ähnlicher Weise wie „Lizenzen“ zu behandeln seien. Auch Richter Neil Gorsuch erklärte, einem solchen Verständnis zuzuneigen. Auch dass die Wortfolge „auf sonstige Weise“ in die Aufzählung integriert sei, deute darauf hin, dass der Präsident Zölle bestimmen könne – ebenso wie der Begriff „regulieren“.

Zölle als Steuern – und Rechtslücke in der Aufzählung?

Kritischer äußerte sich Richterin Ketanji Brown Jackson. Sie erklärte, der Kongress beschließe Gesetze grundsätzlich, um die Macht des Präsidenten einzuschränken, statt sie „in unbegrenzter Weise“ auszuweiten. Dies würde zumindest darauf hindeuten, dass sie die Aufzählung als erschöpfend betrachtet.

Insgesamt debattierten die Richter über mehr als zweieinhalb Stunden die mögliche Reichweite des Gesetzes und der Befugnisse. Richter Brett Kavanaugh sprach von einem „Donut Hole“, einer Rechtslücke in der Gesetzgebung, und wandte einen Größenschluss an. Der Präsident könnte im Rahmen des Gesetzes den gesamten Außenhandel stoppen. Es sei deshalb unlogisch, davon auszugehen, dass er nicht moderate Zölle erheben könne.

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Eine weitere Frage, die die Richter am Supreme Court zu behandeln haben werden, ist die Frage, ob es sich bei Zöllen um Steuern handelt. Sollte der Oberste Gerichtshof zu dieser Einschätzung gelangen, wäre der Kongress dafür zuständig und der Präsident würde sich dessen Befugnisse anmaßen.

Supreme Court kritisch gegenüber Selbstentmachtung des Kongresses

Richterin Sonia Sotomayor erklärte, Zölle als Steuern zu sehen, weil sie de facto eine Einnahmequelle des Staates seien. Brett Kavanaugh widerspricht. Zölle auf Importe seien seit Gründung der USA stets eine Frage des Handelsrechts und nicht des Steuerrechts gewesen.

Heikel könnte hingegen die Beurteilung der grundsätzlichen Verfassungsfrage sein, ob der Kongress überhaupt berechtigt ist, sich durch eine so weitreichende Kompetenzübertragung selbst zu entmachten. Richterin Elena Kagan äußerte Zweifel, dass eine so weitreichende Blankovollmacht mit der Gewaltenteilung vereinbar sei. Aber auch Richter Gorsuch warnte vor einer „Abdankung des Parlaments“. Es wird in der Entscheidung also auch um die „non-delegation doctrine“ gehen.

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Richterin Barrett warnte, dass ein Kippen der Zollregelung zu einem „administrativen Albtraum“ führen würde. Es drohe eine Rückerstattung von rund 90 Milliarden US-Dollar an Einnahmen. Zudem sei in diesem Fall damit zu rechnen, dass ein neues juristisches Tauziehen beginnen werde, weil Trump neue Zölle über andere Gesetze begründen würde.

US-Finanzminister Scott Bessent, der statt Trump bei der Anhörung persönlich anwesend war, zeigte sich im Anschluss optimistisch. In der Sendung „Kudlow“ auf „Fox Business“ erklärte er, er gehe davon aus, dass der Supreme Court die Entscheidung der unteren Instanzen zugunsten von Trump aufheben werde. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wird erst in einigen Monaten fallen.



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