Viele Nachbeben erschüttern russische Halbinsel Kamtschatka – eine Tote in Japan bei Flucht vor Tsunami

Nach dem heftigen Beben der Stärke 8,8 vor der Halbinsel Kamtschatka im Osten Russlands kommt die Erde dort weiter nicht zur Ruhe. In der Nacht zum Donnerstag (Ortszeit) registrierten internationale Erdbebenwarten zahlreiche Nachbeben, viele mit einer Stärke von weit über 5 und in geringer Tiefe von nur etwa zehn Kilometern. Weitere Nachbeben könnten in den nächsten Wochen folgen.
Für Millionen Menschen im Pazifik-Raum galten zwischenzeitlich Tsunami-Warnungen, mancherorts wurde mit bis zu vier Meter hohen Wellen gerechnet. Die befürchtete Katastrophe blieb aus. Dennoch gab es auch einen Tag nach dem starken Beben noch nicht überall Entwarnung.
Selbst im Tausende Kilometer entfernten Pazifikstaat Neuseeland forderten die Behörden weiter zur Vorsicht in Küstennähe auf. Im Zuge des Bebens seien ungewöhnliche Wasserbewegungen und Strömungen beobachtet worden, teilte die nationale Katastrophenschutzbehörde Nema mit.
Und Tsunamis seien völlig anders als normale Wellen, warnte der für Notfallmanagement zuständige Minister Mark Mitchell. „Es besteht eine 90-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass jemand stirbt, wenn er von einer Tsunamiwelle erfasst wird“, erklärte er.

In der Region Sachalin im Osten Russlands kam es zu Überschwemmungen. Foto: —/The Telegram Channel Of The Kamc/TASS/ZUMA Press/dpa
Entwarnung von Chile bis Alaska
In Chile evakuierten die Behörden die Küstengebiete des Landes. In der Ortschaft Hanga Roa auf der zu Chile gehörenden Osterinsel im Pazifik wurde die Küstenpromenade gesperrt. Später kam aber auch hier Entwarnung – wie unter anderem auch auf der bei Urlaubern beliebten Insel Hawaii. Dort sollten die Menschen in Küstennähe und im Wasser weiter vorsichtig sein, hieß es.
„Landesweit wird die Zahl der Evakuierten auf 1,4 Millionen geschätzt“, sagte Chiles Innenminister Álvaro Elizalde, nachdem die ersten Tsunamiwellen das südamerikanische Land erreicht hatten. Es handele sich um die „vermutlich umfangreichste Evakuierung“ in Chile bisher, erklärte das Ministerium. Die durch das Beben ausgelösten Wellen, die auf die chilenische Küste trafen, erreichten eine Höhe von 60 Zentimetern. Größere Schäden wurde nicht gemeldet.

Das Hafenterminal von Callao in Callao: Peru schloss 65 seiner 121 Pazifikhäfen, als am 30. Juli 2025 nach einem schweren Erdbeben der Stärke 8,8 vor der Ostküste Russlands Tsunami-Alarm ausgelöst wurde. Foto: Connie France/AFP via Getty Images
Auch in den westlichen US-Bundesstaaten Alaska, Washington und Oregon wurden die Tsunami-Warnungen aufgehoben. Im Raum Los Angeles in Kalifornien waren die Strände nach vorübergehender Sperrung wieder zugänglich.
Peru schloss 65 seiner 121 Pazifikhäfen, auf der hawaiianischen Insel Maui wurde der Flugverkehr eingestellt. In Japan waren beinahe zwei Millionen Menschen aufgerufen worden, sich in höher gelegene Gebiete zu begeben.

Luftaufnahme des Viertels Puente Nayero während der Tsunami-Warnung in Buenaventura, Departement Valle del Cauca, Kolumbien, am 30. Juli 2025. Foto: Joaquin Sarmiento/AFP via Getty Images
Auch auf den zu Ecuador gehörenden Galapagosinseln, wo bis zu drei Meter hohe Wellen erwartet wurden, war die Gefahr gebannt. Behörden meldeten am Mittwoch eine Flutwelle von etwas mehr als einem Meter, die keine Schäden verursachte. Auf dem Archipel waren zuvor Nationalparks und Schulen geschlossen worden, es waren Lautsprecherdurchsagen zu hören und Touristen wurden in Sicherheit gebracht.
Ein Todesfall in Japan
Der einzige im Zusammenhang mit dem Beben gemeldete Todesfall war ein Autounfall in Japan: Örtlichen Medien zufolge stürzte eine Frau bei der Flucht vor dem befürchteten Tsunami mit ihrem Auto von einer Klippe und starb.
Am schlimmsten betroffen war die russische Stadt Sewero-Kurilsk, wo unter anderem die örtliche Fischfabrik durch einen Tsunami überflutet wurde, wie Behördenvertreter mitteilten. Bilder im russischen Staatsfernsehen zeigten Trümmer, die ins Meer gespült wurden. Zudem brach durch das Erdbeben der Vulkan Kljutschewskoi aus.

Japaner sehen am 30. Juli 2025 vor einer Spielothek im Zentrum Tokios eine TV-Übertragung der Tsunami-Warnung für weite Teile der japanischen Küste nach einem Beben der Stärke 8,7 im Meer vor der russischen Ostküste. Foto: Richard Brooks/RICHARD A. BROOKS/AFP via Getty Images
Das schwerste Beben seit Fukushima
Mit 8,8 war das Hauptbeben laut der US-Erdbebenwarte USGS das weltweit stärkste seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011 – und wurde seit Beginn der Messungen überhaupt nur von fünf Beben übertroffen. Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften war es zudem das heftigste in der Region seit 1952. Das Zentrum des Bebens lag den Angaben zufolge in der offenen See, etwa 130 Kilometer vor der nur dünn besiedelten Küste Kamtschatkas.
„Es wird in den kommenden Wochen und Monaten zu Nachbeben in der Region kommen, die aber sehr wahrscheinlich nicht mehr die Magnitude des Hauptbebens erreichen werden“, sagte Heidrun Kopp vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel dem Science Media Center (SMC). Generell seien Nachbeben gefährlich, da sie bereits beschädigte Infrastruktur komplett zerstören können. „Im vorliegenden Fall wären weitere Schäden vermutlich auf die Halbinsel Kamtschatka begrenzt.“
Dort brach wenige Stunden nach dem Hauptbeben auch der höchste Vulkan aus. Am Kegel des 4.750 Meter hohen Kljutschewskoj sei ein starkes Glühen zu beobachten, teilten Wissenschaftler mit. An einer Flanke laufe Lava herab, Explosionen seien zu hören.
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„Wie die Heldin eines Katastrophenfilms“
In der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski mit etwa 170.000 Einwohnern versetzte das Beben die Menschen in Schrecken. „Es schien, als würde das Haus gleich zusammenfallen wie ein Kartenhaus“, berichtete eine Russin dem unabhängigen Nachrichtenportal „Bereg“. „Ich habe erstmals in meinem Leben ein so starkes Erdbeben erlebt und habe mich sehr erschrocken.“
Eine andere Frau stieg mit ihren Nachbarn auf eine Anhöhe, um des befürchteten Tsunamis wegen vom Meer wegzukommen.
„Ich kam mir vor wie die Heldin eines Katastrophenfilms, wenn Menschen mit Taschen oder Tieren im Korb irgendwohin laufen.“
In zahlreichen Anrainerstaaten war die Sorge nach dem Beben groß, dass meterhohe Tsunami-Wellen schwere Schäden entlang der Küsten am Pazifik anrichten könnten – auch in Erinnerung an die verheerende Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004 im Indischen Ozean mit etwa 230.000 Todesopfern von Thailand bis Tansania. Jedoch gab es damals noch keine Frühwarnsysteme und effektiven Strukturen, um die Bevölkerung vor der heranrollenden Flutwelle zu warnen.
Bei der Halbinsel Kamtschatka treffen die pazifische und die nordamerikanische Kontinentalplatte aufeinander, was die Region zu einer der weltweit erdbebenreichsten Zonen macht. Am 20. Juli hatte sich in der Region ein Erdbeben der Stärke 7,4 ereignet. Dabei kam es zu keinen größeren Schäden. 1952 hatte ein Beben der Stärke 9,0 in dem Gebiet einen zerstörerischen Tsunami im gesamten Pazifikraum ausgelöst. (dpa/afp/red)
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