Weniger Dollar, mehr Gold: Peking entzieht den USA Milliarden

Chinas Rückzug aus US-Staatsanleihen geht weiter. Die Bestände fallen auf ein 16-Jahres-Tief. Peking will Risiken streuen, Gold kaufen – und den Yuan stabilisieren. Doch Experten warnen: Die wahren Zahlen könnten ganz anders aussehen.
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China hat seine Bestände an US-Staatsanleihen im April 2025 auf den niedrigsten Stand seit über 16 Jahren gesenkt.Foto: Mark/EPA/dpa
Von 21. Juni 2025

China hat seine Bestände an US-Staatsanleihen im April 2025 auf den niedrigsten Stand seit über 16 Jahren gesenkt. Damit setzt sich ein langjähriger Trend fort. China verfolgt seit Jahren das Ziel, seine Abhängigkeit von US-Schuldentiteln zu verringern und die eigenen Devisenreserven breiter aufzustellen.

Statt vor allem US-Anleihen zu halten, investiert China verstärkt in andere Währungen und Gold, um wirtschaftliche und geopolitische Risiken zu reduzieren. Gleichzeitig dient die Umverteilung der Reserven auch der Stabilisierung des chinesischen Yuan, der seit Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar leicht zugelegt hat.

Nach aktuellen Daten des US-Finanzministeriums sank das chinesische Engagement um rund acht Milliarden US-Dollar auf 757,2 Milliarden US-Dollar. Das ist ein Rückgang von etwa 13 Milliarden US-Dollar im Jahresvergleich.

Strategische Gründe und „Schattenreserven“

Viele Jahre war China der größte Gläubiger der USA. Den Höchststand erreichte China 2013. Laut der „United States-China Economic and Security Review Commission“ (USCC), eine US-amerikanische Kommission, die sich mit den wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Auswirkungen der Beziehungen zwischen den USA und China befasst, lag Chinas Anteil an den US-Staatsschulden damals bei 1,3 Billionen US-Dollar.

Inzwischen rangiert China allerdings nur noch auf Platz drei der größten ausländischen Gläubiger der USA, hinter Japan (1,134 Billionen US-Dollar) und Großbritannien (807 Milliarden US-Dollar), wie aus den offiziellen Zahlen des US-Finanzministeriums hervorgeht.

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Auch wenn die offiziellen Zahlen aus dem Finanzministerium auf einen langfristigen Abwärtstrend bei den chinesischen Staatsanleihen hinweisen, warnen Experten davor, dass die offiziellen Zahlen irreführend seien. Die Strategen der Investmentbank JPMorgan schreiben in einem Beitrag auf ihrer Website aus dem April dieses Jahres:

China möchte sinkende Bestände vorweisen, weil es politisch nicht opportun ist, zu zeigen, dass es a) weiterhin seine Reserven aufbaut oder b) überschüssige Ersparnisse in die Staatsschulden seines wichtigsten geopolitischen Rivalen steckt.“

China verschleiere seine tatsächlichen Bestände durch sogenannte „Schattenreserven“, die außerhalb der offiziellen Bilanz der People’s Bank of China (PBC), der chinesischen Zentralbank, oder über andere staatliche Banken gehalten werden.

Marktturbulenzen und geopolitische Spannungen

Dass China seinen Anteil an den US-Staatsschulden allmählich reduzieren möchte, steht allerdings außer Frage. Im April kam es aber zu erheblichen Schwankungen am US-Anleihemarkt, nachdem US-Präsident Donald Trump umfassende globale Zölle angekündigt hatte.

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Marktbeobachter spekulierten, China habe in dieser Phase massive Staatsanleihen abgestoßen. Spencer Hakimian, Gründer und Chief Investment Officer des Hedgefonds Tolou Capital Management, der ein Vermögen von rund 65 Millionen US-Dollar verwaltet, schrieb damals auf der Plattform X:

„Entweder wurde gerade jemand verdammt Großes gesprengt, oder China wirft US-Staatsanleihen auf den Markt. Nichts anderes könnte die Ursache dafür sein.“

Die Zahlen des Treasury International Capital (TIC) unterstützen diese Spekulation allerdings nicht. Sie legen vielmehr nahe, dass der Rückgang damals nicht stark genug war, um damit die Marktturbulenzen zu erklären. Lawrence Gillum, Chefstratege für festverzinsliche Wertpapiere bei LPL Financial, sagte am 21. Mai gegenüber dem Fernsehsender „NYSE TV“:

Das heißt nicht, dass es keine Verkäufe ausländischer Anleger gegeben hat – aus unserer Sicht ist das nur nicht der Hauptgrund für den Anleihen-Ausverkauf.“

US-Renditen locken Kapital: Yuan gerät unter Druck

In den vergangenen Jahren hat sich die Kluft zwischen den Renditen staatlicher Anleihen in den USA und China deutlich vergrößert, was zunehmenden Druck auf den Wechselkurs des chinesischen Yuan ausgeübt hat.

So rentieren etwa zehnjährige US-Staatsanleihen – eine wichtige Benchmark – aktuell mit etwa 4,4 Prozent, während vergleichbare chinesische Staatsanleihen weniger als 1,7 Prozent abwerfen. Diese höheren US-Renditen machen in US-Dollar notierte Anlagen für internationale Investoren theoretisch attraktiver und könnten Kapitalabflüsse aus China begünstigen. Besonders auf Offshore-Märkten, auf denen der Yuan freier gehandelt wird, wirkt sich dieser Trend negativ auf die Währung aus.

Die wachsende Renditedifferenz spiegelt zudem die unterschiedlichen wirtschaftlichen Perspektiven der beiden größten Volkswirtschaften der Welt wider. Während steigende Anleiherenditen häufig als Zeichen einer robusten Konjunktur gelten, deuten fallende Renditen meist auf eine Eintrübung der wirtschaftlichen Erwartungen hin.

In den USA geht das GDPNow-Modell der Federal Reserve Bank of Atlanta aktuell von einem Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent im zweiten Quartal aus – ein Zeichen wirtschaftlicher Stärke. In China hingegen bleibt das Bild uneinheitlich: Handelsbedingte Unsicherheiten sorgen für gemischte Signale. Dennoch rechnen viele Ökonomen weiterhin mit stabilen Wachstumschancen.

„Das Jahr 2025 war bisher von zahlreichen Entwicklungen geprägt, die in rascher Folge auftraten“, erklärte Lynn Song, Chefvolkswirtin bei ING, in einer Mitteilung vom 16. Juni. „Die bislang verfügbaren Daten aus den letzten fünf Monaten zeigen jedoch, dass sich die Wirtschaft insgesamt recht stabil entwickelt hat.“

Dedollarisierung seit Jahren Ziel Chinas

China treibt seit Jahren die Dedollarisierung voran, also die Verringerung der Abhängigkeit vom US-Dollar im internationalen Handel und bei staatlichen Reserven. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump 2024 drohte dieser den BRICS-Staaten – darunter China – mit 100-prozentigen Zöllen, sollten sie versuchen, den US-Dollar zu umgehen oder eine neue BRICS-Währung einzuführen.

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Trump schrieb im November letzten Jahres dazu auf der sozialen Plattform „Truth Social“:

Wir werden von diesen scheinbar feindseligen Ländern die Zusage verlangen, dass sie weder eine neue BRICS-Währung schaffen noch irgendeine andere Währung unterstützen, die den mächtigen US-Dollar ersetzt, sonst werden sie mit 100-prozentigen Zöllen belegt.“

Trotz aller Bemühungen bleibt der US-Dollar laut SWIFT-Daten aus April 2025 mit rund der Hälfte aller weltweiten Transaktionen die dominierende Währung im globalen Zahlungsverkehr.

Fakt bleibt am Ende jedoch: Chinas schrittweiser Rückzug aus US-Staatsanleihen ist Teil einer langfristigen Strategie zur Risikominimierung und politischen Positionierung. Während die offiziellen Bestände sinken, bleibt die tatsächliche Exponierung Chinas gegenüber US-Schulden durch „Schattenreserven“ und andere Finanzinstrumente schwer einschätzbar. Die Entwicklung ist ein Indikator für die wachsenden geopolitischen Spannungen und die sich verändernde Architektur der globalen Finanzmärkte.



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