WHO-Mitgliedstaaten einigen sich auf Pandemieabkommen – Souveränität soll gewahrt bleiben

Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitteilt, haben sich die Mitgliedstaaten am Dienstag, 15. April, auf ein „historisches“ Pandemie-Abkommen geeinigt. Der Entwurf soll die weltweite Zusammenarbeit bei der Prävention, Vorsorge und Reaktion auf künftige Bedrohungen durch eine Pandemie stärken.
Im Mai soll die Vereinbarung im Rahmen der sogenannten Weltgesundheitsversammlung im Konsens beschlossen werden. Eine einfache Mehrheit reicht allerdings aus. Anschließend müssten die Mitgliedstaaten das Abkommen ratifizieren und auf nationaler Ebene durch Gesetze umsetzen. Vorbehalte sind möglich, Kündigungen wären erstmals nach zwei Jahren möglich. Die USA und Argentinien hatten jüngst ihren Austritt aus der WHO erklärt.
WHO-Generalsekretär sieht Einigung als Signal für „gesunden Multilateralismus“
Das Abkommen soll helfen, auf internationaler Ebene die Vorbereitung möglicher künftige Pandemien zu verbessern. Im Dezember 2021, als die Corona-Pandemie ihren Höhepunkt erreichte, hatten die WHO-Mitgliedstaaten ein „Zwischenstaatliches Verhandlungsgremium“ (INB) eingesetzt. Dieses sollte ein Übereinkommen aushandeln, um Zustände wie in der Zeit der Corona-Pandemie zu verhindern.
WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis der Gespräche und der erzielten Einigung. In der dazugehörigen Erklärung der Organisation äußerte er, die Nationen der Welt hätten am Dienstag in Genf „Geschichte geschrieben“. Er fügte hinzu:
Mit dem Konsens über das Pandemieabkommen haben sie nicht nur ein Generationenabkommen geschlossen, um die Welt sicherer zu machen.“
Sie hätten auch gezeigt, dass „der Multilateralismus lebendig und gesund ist und dass die Nationen in unserer geteilten Welt immer noch zusammenarbeiten können, um eine gemeinsame Basis und eine gemeinsame Antwort auf gemeinsame Bedrohungen zu finden“. Dazu seien 13 formelle Sitzungsrunden erforderlich gewesen, von denen neun verlängert werden mussten.
Viele Grundsatzeinigungen – aber kaum konkrete Abreden
Als Kernpunkte des Entwurfstextes nennt die WHO unter anderem die Einrichtung eines Systems für den Zugang zu Krankheitserregern und einen Vorteilsausgleich. Zudem habe man sich darauf geeinigt, im Rahmen eines Konzepts „Eine Gesundheit“ (One Health) konkrete Maßnahmen zur Prävention von Pandemien zu ergreifen.
Die Vereinbarung sieht vor, „geografisch unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungskapazitäten“ aufzubauen. Technologietransfer soll erleichtert werden, gleiches gilt für den Transfer von „Fachkenntnissen für die Herstellung von pandemiebedingten Gesundheitsprodukten“. Der Entwurf spricht auch von einer „Mobilisierung eines qualifizierten, ausgebildeten und multidisziplinären nationalen und globalen Personals für Gesundheitsnotfälle“.
Weitere Punkte betreffen die Einrichtung eines Koordinierungsmechanismus für die Finanzierung der angedachten Maßnahmen. Die WHO spricht auch von der „Ergreifung konkreter Maßnahmen zur Stärkung der Vorsorge, der Bereitschaft, der Funktionen und der Resilienz der Gesundheitssysteme“. Außerdem will die Organisation helfen, den „Aufbau eines globalen Lieferketten- und Logistiknetzwerks“ zu ermöglichen.
Die umstrittenen Punkte
Bis zuletzt hatte es noch strittige Punkte innerhalb des Textentwurfs gegeben. Vor allem reichere Länder und Pharmakonzerne hatten sich gegen Automatismen zum Transfer von Know-how und Patenten gestellt. Nun scheint es eine grundsätzliche Einigung auch in diesen Bereichen zu geben.
Vertragsstaaten sollen demnach anderen Ländern zeitnah Proben und genetische Daten von potenziell pandemischen Erregern zur Verfügung stellen. Im Gegenzug sollen sie einen Anspruch auf Zugang zu Technologien und Produkten wie Impfstoffen und Medikamenten erhalten. Auf diese soll eine Gleichwertigkeit von Pathogen-Zugang und Nutzenverteilung gewährleistet sein. Dieser Mechanismus trägt den Namen „PABS-System“.
Konkrete Vereinbarungen dazu müssen jedoch noch getroffen werden. Als Verhandlungsbasis gilt ein Konsens, wonach die Mitgliedstaaten im Fall einer Pandemie 20 Prozent der Produktion von Gesundheitsprodukten der WHO zur Verfügung stellen. Dies solle als Spende oder in Form einer ermäßigten Abgabe erfolgen.
Bekämpfung von „Desinformation“
Eine grundsätzliche Einigung gibt es auch über einen erleichterten Transfer von Technologie, Wissen und Fachkenntnissen für die Produktion von Gesundheitsprodukten. Allerdings bleibt auch das eine Absichtserklärung. Konkrete Verpflichtungen enthält der Vertragsentwurf nicht. In ähnlicher Weise im Grundsätzlichen bleibt eine Einigung auf die Schaffung eines Finanzmechanismus zur Umsetzung der Vereinbarungsziele.
Gegenüber zuvor diskutierten Entwürfen für einen Pandemievertrag blieben stark strittige Elemente außen vor. So enthält die Vereinbarung nach derzeitigem Stand keine Bestimmungen über eine Pflicht zur Bekämpfung von „Desinformation“. Auch Hinweise auf „reproduktive Gesundheit“ als „elementarer Gesundheitsdienst“ unterbleiben.
Der Entwurfstext betont außerdem die Souveränität der Vertragsstaaten. Es finde sich explizit eine Klarstellung, dass es diesen obliege, „Fragen der öffentlichen Gesundheit innerhalb ihrer Grenzen zu regeln“. Der Abkommensentwurf sei nicht so auszulegen, dass er „der WHO die Befugnis einräumt, nationale Gesetze oder Strategien anzuweisen, anzuordnen, zu ändern oder vorzuschreiben“.
Zudem sei eine Befugnis der WHO ausgeschlossen, die Staaten zu beauftragen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Das gelte beispielsweise für Reiseeinschränkungen, Impfvorschriften, die Verhängung therapeutischer oder diagnostischer Maßnahmen oder Lockdowns.
IGV ergänzen den Pandemievertrag
Offen bleibt allerdings, inwieweit nationale Gerichte den Pandemievertrag heranziehen werden, um die Gestaltungshoheit des nationalen Gesetzgebers einzuschränken.
Kritische Themen finden sich auch weiterhin in den Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV), die auf der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA), vom 27. Mai bis 1. Juni 2024 beschlossen wurden. Wenn Regierungen diesen bis zum 19. Juli 2025 nicht aktiv widersprechen, gelten die Änderungen von den WHO-Mitgliedsstaaten als angenommen.
Das Aktionsbündnis freie Schweiz (ABF Schweiz) macht mit einer Kampagne gegen eine automatische und „stille“ Übernahme der geänderten IGV aufmerksam. In einem Faktencheck macht das Bündnis deutlich, dass über die geänderten Vorschriften die Souveränität der Schweiz infrage gestellt wird.
Mit mahnenden Worten appelliert ABF Schweiz an Politiker und Medienschaffende, einen „stillen Systemwechsel in der Schweizer Gesundheitspolitik, entgegen aller demokratischen Prinzipien“ nicht zu unterstützen.
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