Wilders lässt Koalition platzen – Neuwahlen in den Niederlanden angekündigt

Nach monatelangen Spannungen ist die niederländische Regierungskoalition an der Asylpolitik zerbrochen. PVV-Chef Geert Wilders verkündete das Aus via X. Neuwahlen wurden verkündet.
Verlässt die Koalition: Geert Wilders.
Verlässt die Koalition in den Niederlanden: Geert Wilders.Foto: Peter Dejong/AP/dpa
Von 3. Juni 2025

Nach dem Bruch der Regierungskoalition in den Niederlanden am Dienstag, 3. Juni, soll es Neuwahlen geben. Das teilte der parteilose Ministerpräsident Dick Schoof mit, nachdem Geert Wilders zuvor im Streit um die Asylpolitik den Rückzug seiner rechten Partei aus der Regierung verkündet hatte.

Auf die Frage, ob sie noch einmal bereit wäre, eine Koalition unter Einschluss der PVV unter Wilders zu bilden, antwortete die Vorsitzende der rechtsliberalen VVD, Dilan Yesilgöz, dem „Telegraaf“ zufolge ausweichend. Ihr Vorgänger Mark Rutte ließ von 2010 bis 2012 sein Kabinett von der PVV tolerieren. Als diese nicht bereit war, einen Haushalt mitzutragen, endete das Bündnis und Rutte schloss künftige Vereinbarungen mit Wilders aus.

Koalitions-Aus über X verkündet

Um 09:15 Uhr verkündet Wilders auf X, dass die PVV-Minister nicht länger für eine Fortsetzung der Koalition zur Verfügung stünden. In seinem Beitrag hieß es:

„Keine Unterschrift für unsere Asylpläne. Keine Anpassung des Rahmenvertrags. Die PVV verlässt die Koalition.“

Wilders selbst war kein Teil der Regierung, seine PVV stellt im Parlament die größte Fraktion.

Zuvor hatte er seinen Regierungspartnern einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem die Niederlande das „strengste Asylsystem aller Zeiten“ durchsetzen sollten. Das Konzept umfasste unter anderem eine Schließung der Grenzen für alle Asylsuchenden und eine Rückführung von zehntausenden Syrern. Notfalls müsse die Armee eingesetzt werden, um die Grenzen zu kontrollieren, hatte Wilders bei der Vorstellung des Plans vor einer Woche erklärt.

Er verlangte außerdem eine Schließung von Asylunterkünften und einen Stopp des Familiennachzugs auch für anerkannte Geflüchtete. Eine weitere Forderung war die Aberkennung der niederländischen Staatsangehörigkeit bei straffälligen Doppelstaatsbürgern – und deren Ausweisung.

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Koalitionspartner wollten Wilders Vorlage nicht blind unterschreiben

Im Februar hatte die von der PVV gestellte Migrationsministerin Marjolein Faber drei Gesetzentwürfe zur Verschärfung des Asylrechts präsentiert. Wilders forderte schon damals, diese „schnell und unverändert“ ins Parlament einzubringen. Allerdings hatte der Staatsrat, ein juristisches Beratungsgremium der Regierung, zwei der Entwürfe als unpraktikabel bezeichnet.

Zuletzt hatte Wilders seine Gangart weiter verschärft und seine Koalitionspartner ultimativ dazu aufgefordert, sein Zehn-Punkte-Konzept mitzutragen. Er habe, so der PVV-Vorsitzende, „für die strengste Asylpolitik unterschrieben, nicht für den Untergang der Niederlande“. Sollte er dafür keine Rückendeckung erhalten, sei die Regierungszusammenarbeit zu Ende.

Die Koalitionspartner VVD und die Anti-Korruptionspartei NSC machten jedoch deutlich, die Vorlage von Wilders nicht blind unterschreiben zu wollen. VVD-Chefin Yeşilgöz wies diesen auch noch darauf hin, dass die Asylpolitik der Regierung, die er so kritisch bewerte, von seiner eigenen Parteikollegin bestimmt werde.

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Asyl war nicht der einzige Streitpunkt

Die Chefs der niederländischen Regierungsparteien trafen sich am Dienstagmorgen zu Krisengesprächen, verließen das Treffen jedoch bereits nach knapp einer halben Stunde.

Asylpolitik war nicht der einzige Streitpunkt der Regierung. So blieben die Partner uneinig über die Stickstoffkrise. Vor allem die Bauernpartei BBB stemmte sich gegen Pläne zur deutlichen Reduzierung von Stickstoffemissionen. Die EU verlangt eine solche jedoch von den Mitgliedstaaten. Auch die Ukrainehilfe und die Position zu Israel sorgte für Streit. Selbst bei kleinen Themen wie der Abstandsnorm für Windkraftanlagen war keine Einigkeit herzustellen.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Keijzer (BBB) warf Wilders vor, er „verrät die Niederlande“. Das sei „nicht nötig“ gewesen, sagt Keijzer laut dem „Telegraaf“. „Wenn man sich das ansieht, war das die Chance, endlich etwas gegen die Migration und die großen Probleme mit der Wohnungsnot zu unternehmen. Um einen Damm gegen den muslimischen Extremismus zu bauen.“

„Die Niederlande verdienen eine Regierung, die die Menschen vereint und Schulter an Schulter an echten Lösungen arbeitet“, sagte der Fraktionsvorsitzende des rot-grünen Bündnisses, der ehemalige Vize-EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans, das die größte Oppositionsfraktion im Parlament stellt. „Es ist Zeit für Wahlen, wir sind dazu bereit.“ Auch der Fraktionsvorsitzende der Sozialistischen Partei (SP), Jimmy Dijk, sprach sich für Neuwahlen aus – „am liebsten so schnell wie möglich“.

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NSC und BBB vor Sturz in die Bedeutungslosigkeit

Eine Neuwahl könnte nach Einschätzung der Politologin Sarah de Lange von der Universität Amsterdam nach der Sommerpause abgehalten werden. „Neuwahlen sind wahrscheinlich, aber in den Niederlanden dauert es fast drei Monate, das zu organisieren“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.

Derzeitige Umfragen lassen für die Zukunft ähnlich große Probleme bei der Regierungsbildung erkennen. Die PVV verlor zwar gegenüber dem Frühjahr 2024 mehr als 10 Prozentpunkte. Dennoch wäre sie – nun gleichauf mit dem rot-grünen Bündnis – weiterhin stärkste Kraft. Diese könnten sich wie die VVD, die auf 18 Prozent käme, leicht verbessern.

Einen Totalabsturz würde wahrscheinlich die NSC erleiden. Die ehemalige Abspaltung von den Christdemokraten, die unter anderem Angela Merkel zu einem ihrer politischen Vorbilder erklärte, würde nur noch auf rund 1 Prozent kommen. Bei der Wahl 2023 waren es noch aus dem Stand knapp 13 Prozent.

Ebenfalls nur noch mit rund 1 Prozent könnte die BBB rechnen, die im Frühjahr 2023 noch stimmenstärkste Kraft gewesen wäre. Hingegen könnten sich die Christdemokraten von 3 auf rund 12 Prozent regenerieren.

Mit Material der Nachrichtenagenturen.



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