„Zensierende Wirkung“: Trumps Kampf gegen strenge Tech-Regulierung der EU

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat einen Machtkampf mit Europa über die Regulierung von Social-Media-Plattformen in Aussicht gestellt. Die Vereinigten Staaten können die europäischen Länder an vielen Fronten unter Druck setzen.
Wenn es jedoch um die richtungsweisenden Gesetze der Europäischen Union zur Regulierung des Internets geht, sind die europäischen Staats- und Regierungschefs und Nationen nahezu machtlos. Dies gilt selbst dann, wenn sie die Absicht haben, die Gesetze abzuschwächen, zu ignorieren oder zurückzuziehen.
Der Digital Services Act (Gesetz über digitale Dienste – DSA) und der Digital Markets Act (Gesetz über digitale Märkte – DMA) bilden ein umfassendes Regelwerk, das EU-weit gilt. Nach Ansicht der US-Regierung schränken diese die Meinungsfreiheit ein.
Regulierungsgesetze im Visier
Um die Kontrolle über das Internet zurückzugewinnen, müssen sich die USA nach Ansicht von Experten direkt mit dem Regulierungsgiganten der EU auseinandersetzen, der Europäischen Kommission.
Im vergangenen Monat kritisierte der Chef der US-Fernmeldebehörde Federal Communications Commission (FCC), Brendan Carr, den Ansatz des DSA. Dieser sei „sowohl mit unserer Tradition der freien Meinungsäußerung in Amerika als auch mit den Verpflichtungen, die diese Technologieunternehmen in Bezug auf Meinungsvielfalt eingegangen sind, unvereinbar“. Trump hatte den Republikaner Carr im Januar ernannt.
Im Februar forderte der republikanische Abgeordnete Jim Jordan Aufklärung darüber, inwiefern Geldbußen aus DMA-Verfahren eine „europäische Steuer für amerikanische Unternehmen“ seien.

Brendan Carr, Vorsitzender der FCC, auf dem Mobile World Congress, der weltweit größten Mobilfunkmesse, am 3. März 2025 in Barcelona. Foto: Lluis Gene/AFP via Getty Images
Anwältin: DSA hat „zensierende Wirkung“
Ähnlich äußerte sich dazu Anwältin Adina Portaru von ADF International, einer christlich orientierten US-Organisation für Rechtsbeistand. Ihrer Aussage nach hat der DSA eine „zensierende Wirkung“ auf die Redefreiheit im Internet. Hierüber äußerte sie ihre Bedenken gegenüber der Trump-Regierung.
Portaru teilte der Epoch Times per E-Mail mit, dass „sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU eine zunehmende Dynamik gegen den DSA entsteht und wir die Situation weiterhin im Hinblick auf mögliche Wege zur Anfechtung oder Unterstützung von Bemühungen zur Aufhebung des Gesetzes beobachten“.
Die EU widersprach jedoch wiederholt den Zensurvorwürfen der USA. Demnach soll das Gesetz das Internet sicherer und fairer machen. Dazu verpflichtet es die Techgiganten, mehr gegen illegale Inhalte wie Hassrede und Kinderpornografie zu unternehmen.
Diejenigen, die mit den internen Abläufen der EU vertraut sind, warnen, dass es viel schwieriger sein wird, die Gesetzgebung zu kippen, als eine einzelne Nation dazu zu drängen, ihre Gesetze zu ändern.
Anderson: „Einen Bettelbrief übergeben“
Hierzu äußerte sich die deutsche Europaabgeordnete Christine Anderson (AfD). Sie wies darauf hin, dass die Möglichkeiten der EU-Volksvertreter begrenzt sind. Gegenüber der Epoch Times schilderte sie, dass das EU-Parlament selbst keine neuen Gesetze vorschlagen, sondern diese nur verabschieden könne. Das schränke die Möglichkeiten der Politiker ein.

Christine Anderson (AfD), Mitglied des Europäischen Parlaments, in einem Interview mit Jan Jekielek von EpochTV. Foto: Epoch Times
Die Abgeordneten können nur nicht bindende Entschließungen an die Kommission oder den Rat senden, die ihre Meinung oder Forderungen zum Ausdruck bringen. Das hat jedoch keine rechtliche Wirkung.
Anderson bezeichnete dies als „einen Bettelbrief zu übergeben“. Die Abgeordneten würden hierbei an die Kommission schreiben und sagen: Nun, es wäre schön, wenn Sie dies und das tun könnten.
„Aber sie [die Kommission] muss nichts davon tun. Die Kommission ist also die Regierung“, sagte Anderson. Nur die EU-Exekutive kann neue Gesetze vorschlagen.
Richtungsänderung nur mit genügend Druck möglich?
Rodrigo Ballester ist Leiter des Zentrums für europäische Studien am Mathias Corvinus Collegium in Budapest und hat 15 Jahre in EU-Institutionen gearbeitet. Der Epoch Times sagte er, dass die EU die Richtung ändern könne, aber es sei schwierig. „Wenn die Empörung zu groß ist, können sie die Richtung ändern.“
Weiter sagte er, dass dies geschehen könnte, wenn es wirklich starken Druck aus dem Ausland, von den Mitgliedstaaten oder vielleicht aus der Industrie gäbe. „Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Facebook und Twitter beschließen, ihre Dienste in Europa einzustellen. Das wäre katastrophal. Vielleicht würden sie es dann noch mal überdenken. ‚Überdenken‘ bedeutet, einen neuen Vorschlag vorzulegen, was etwas Zeit in Anspruch nimmt, und dann das übliche Verfahren zu durchlaufen, dem das Parlament und der Rat zustimmen müssen.“
Ballester beschrieb den DSA als „zentralisierte Rechtsvorschrift“. Er sagte, dass es in der EU zwei Arten von Rechtsvorschriften gibt: Richtlinien und Verordnungen. Richtlinien geben den EU-Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Anforderungen. Verordnungen, zu denen der DSA gehört, sind in allen Mitgliedstaaten direkt anwendbar und durchsetzbar.
„Sobald sie veröffentlicht ist, hat sie rechtliche Auswirkungen. Sie ist rechtsverbindlich, und der DSA ist eine Verordnung“, so Ballester.
Enges Korsett für Techkonzerne
Der Digital Markets Act konzentriert sich auf die Gewährleistung fairer und offener digitaler Märkte. Die DSA ist hingegen ausgerichtet auf eine strengere Moderation von Inhalten, Nutzerrechten und die Gewährleistung von Transparenz. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Unternehmen innerhalb oder außerhalb der EU ansässig sind.
Der DMA regelt die Macht der digitalen Unternehmen. Hingegen verpflichtet der DSA die Social-Media-Plattformen, illegale Inhalte zu entfernen, Risikobewertungen durchzuführen, illegale und schädliche Aktivitäten im Internet zu verhindern und die Verbreitung von „Desinformation“ einzudämmen.
Ein Verstoß der Vorschriften ist kostspielig. Die Geldstrafen bei Nichteinhaltung können bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens betragen. Bei wiederholten Verstößen können die Strafen auf 20 Prozent steigen.
Ballester sagte, dass das DSA die sehr großen Onlineplattformen – sogenannte VLOPs – dazu verpflichtet, die „Zensoren“ und „Polizisten der Meinungsfreiheit“ zu sein, die für die Inhalte verantwortlich sind.
„Und es ist natürlich eine sehr große Belastung für die Onlinebranche, für die Unternehmen, für die Plattformen, insbesondere für die sehr großen.“ Ballester sagte, dass Unternehmen wie Meta und Google an die Vollstrecker dieses Gesetzes gebunden sind – die EU-Kommission. „Sie können direkt Geldstrafen verhängen. Sie müssen nicht den Weg über die nationalen Regierungen gehen. Sie können das direkt tun.
Und deshalb ist der Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten hier sehr begrenzt, es handelt sich um ein sehr zentralisiertes Gesetz“, erklärte er. Es sei für die Mitgliedstaaten nämlich „fast unmöglich, von dieser Verordnung abzuweichen“, so Ballester.
„Härter vorgehen“
Befürworter des DSA sagen, dass Trumps Zölle die EU nicht davon abhalten sollten, gegen Technologieunternehmen vorzugehen.
In einem gemeinsam verfassten Artikel schreiben die Technologieexperten Jakob Ohme, LK Seiling und Claes H. de Vreese, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs die DSA schützen müssen. In dem auf dem Informationsportal „Tech Policy Press“ veröffentlichten Artikel heißt es, dass die EU „an einem Scheideweg steht, einer Situation, in der die DSA entweder Bestand hat oder nicht“.
Die Autoren sagten, dass die Plattformen, wenn sie sich nicht an die Regeln halten, „vom europäischen Markt verbannt werden könnten“. Aber „der Widerstand der Bevölkerung wäre enorm und könnte die EU in innenpolitische Schwierigkeiten bringen“.
Sie fügten hinzu, dass das DSA „unvollkommen und noch nicht in der Lage ist, uns gegen alle Bedrohungsvektoren zu verteidigen, die digitale Plattformen darstellen“. Sie schlugen vor, dass die EU-Kommission „den Digital Services Act weiterhin durchsetzen und ihr Spiel neu aufstellen muss, indem sie schneller und härter vorgeht“.
Weiter sagten sie: „Aus der Sicht von Organisationen der Zivilgesellschaft, NGOs, Wissenschaftlern und Regierungen, die lange und hart daran gearbeitet haben, das DSA-Rahmenwerk zu erreichen, ist es falsch, es als globale Verhandlungsmasse bei geopolitischen Auseinandersetzungen zu verwenden.“
Kampf um die Freiheit
Norman Lewis ist Forschungsstipendiat bei der Denkfabrik MCC Brüssel. Gegenüber der Epoch Times wies er darauf hin, dass es keine Anzeichen für eine Änderung seitens der Kommission gebe.
„Es ist schwer vorherzusagen“, sagte Lewis. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie hier nachgeben, da so viel für ihre Legitimität auf dem Spiel steht. Ich kann mir vorstellen, dass hinter verschlossenen Türen ein Kompromiss ausgehandelt wird, aber öffentlich werden sie an ihrer Position festhalten müssen. Bisher haben sie gezeigt, dass sie bereit sind, sich zu verschanzen.“
Er fügte hinzu: „Ich habe vor zwei Wochen an einer Sitzung im EU-Parlament in Belgien teilgenommen und über die Umsetzung des DSA berichtet. Es gab keinen Hinweis auf eine Änderung oder einen Kompromiss. Ein Kompromiss könnte zustande kommen, aber sie werden den DSA nicht abschaffen.“
Lewis kritisiert zwar die Gesetzgebung, unterstützt aber nicht Trumps Einsatz von Zöllen, um die EU und den DSA unter Druck zu setzen.
„Das ist die Instrumentalisierung des Handels, um sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen – das ist eine ausländische Einmischung“, sagte der ehemalige PwC-Direktor. „Die Redefreiheit ist nichts, was uns von oben herab gegeben wurde. Freiheit kann immer nur errungen, nie geschenkt werden – auch nicht von einer Trump-Regierung. Erst wenn wir für die Freiheit kämpfen, werden wir frei.“
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „US Faces Uphill Battle With EU Leviathan Over Tech Regulation, Experts Warn“. (deutsche Bearbeitung mf)
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