Zwei Marathonläufer im Rennen um das Präsidentenamt in Ecuador

In Ecuador wird am Sonntag in einer Stichwahl über das Präsidentenamt entschieden. Dabei stehen sich der amtierende Präsident Daniel Noboa, ein schwerreicher Unternehmer, und die linksgerichtete Anwältin Luisa González gegenüber.
In der ersten Wahlrunde am 9. Februar hatte Noboa nur knapp vor González gelegen – Umfragen sagen erneut ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Wahlberechtigt sind knapp 14 Millionen Menschen.
Der Millionär Noboa ist mit seinen 37 Jahren einer der jüngsten Präsidenten der Welt. Seine 47-jährige Rivalin González wird von dem im Exil lebenden, aber immer noch einflussreichen linksgerichteten Ex-Präsidenten Rafael Correa unterstützt.
Ausnahmezustand verhängt
Unmittelbar vor der Stichwahl hat der amtierende Präsident Daniel Noboa in der Hauptstadt Quito, in sieben Provinzen und in allen Gefängnissen des Landes den Ausnahmezustand verhängt.
In einem Dekret begründete er die Maßnahme am Samstag mit der „zunehmenden Gewalt“ durch „organisierte bewaffnete Gruppen“. Der Ausnahmezustand ermöglicht unter anderem den Einsatz der Armee, setzt die Versammlungsfreiheit außer Kraft und verhängt in betroffenen Gebieten eine nächtliche Ausgangssperre.
Noboa ist hart gegen Drogenbanden
Die beiden Kandidaten könnten unterschiedlicher kaum sein. Noboa stammt aus einer der reichsten Familien Ecuadors, die mit dem Export von Bananen ein Vermögen anhäufte. Schon Noboas Vater Álvaro hatte politische Ambitionen: Er kandidierte fünf Mal für die Präsidentschaft, fünf Mal ohne Erfolg.
Dem Sohn hingegen gelang im Oktober 2023 bei der vorgezogenen Wahl nach dem Rücktritt von Präsident Guillermo Lasso ein überraschender Sieg. Ohne große politische Erfahrung wurde er mit 35 Jahren eines der jüngsten Staatsoberhäupter der Welt.

Ecuadors Präsident und Präsidentschaftskandidat der Partei Acción Democrática Nacional (Nationale Demokratische Aktion), Daniel Noboa, während eines Dialogs mit Studenten an der Universität Casa Grande in Guayaquil, Departement Guayas, Ecuador, am 7. April 2025. Foto: Marcos Pin/AFP via Getty Images
Er trat an mit dem Versprechen, hart gegen die Drogenbanden vorzugehen, die das einst friedliche Land seit mehreren Jahren mit Gewalt überziehen. Noboa schickte Soldaten auf die Straßen und in die Gefängnisse. Menschenrechtsorganisationen prangern Übergriffe der Sicherheitskräfte an und kritisieren die immer wieder verlängerten Ausnahmezustände in manchen Regionen, die die Grundrechte einschränken.
Noboa schreibt sich das Verdienst zu, die Mordrate von einem Rekordwert von 47 pro 100.000 Einwohner 2023 auf 38 im Jahr 2024 gesenkt zu haben. Doch die Kartelle terrorisieren die Bevölkerung weiter mit ihrer Gewalt. „Nichts lässt sich in einem Jahr lösen“, wiederholte Noboa nun im Wahlkampf immer wieder.
Zuletzt bemühte er sich um die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump im Kampf gegen die Banden. Auch ausländische Militärstützpunkte, die derzeit verboten sind, schließt er nicht aus.
„Wir brauchen mehr Soldaten, um diesen Krieg zu führen“, sagt Noboa. Er bezeichnet sich als Mitte-Links-Politiker, Teile des rechten Lagers unterstützen ihn. Noboa wurde in den USA geboren und studierte dort auch, unter anderem an der Universität Harvard. Er ist Millionär, katholisch und mit der Influencerin Lavinia Valbonesi verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder, aus erster Ehe hat Noboa noch eine Tochter. Noboa ist schon mehrere Marathons gelaufen – eine der wenigen Gemeinsamkeiten mit González.
Gonzalez wird vom früheren Präsidenten Correa unterstützt
González wuchs in einem Dorf auf, heiratete mit 15 und startete als Alleinerziehende ihre Karriere dank eines Stipendiums.
Auch die 47-Jährige will die Gewalt bekämpfen, das Übel aber an der Wurzel packen. In ihrem Programm verspricht sie, gegen Ungleichheit, Straflosigkeit und Korruption als Ursachen für die beispiellose Kriminalität im Land vorzugehen. „Soziale Gerechtigkeit und harte Hand gegen diejenigen, die Gewalt säen“, lautet ihr Slogan.

Die ecuadorianische Präsidentschaftskandidatin der Partei Movimiento Revolución Ciudadana (Bürgerrevolutionsbewegung), Luisa González, während ihrer letzten Wahlkampfveranstaltung in Guayaquil, Ecuador, am 10. April 2025. Foto: Marcos Pin/AFP via Getty Images
Während der Amtszeit des linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa hatte die Protestantin mehrere politische Ämter inne. Jetzt unterstützt der ehemalige Staatschef, der in Abwesenheit wegen Korruption zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde, vom belgischen Exil aus ihre Kandidatur. Manche Ecuadorianer nehmen González die Verbindung zum Ex-Präsidenten übel.
„Ich bin die Kandidatin, ich werde regieren“ – und nicht Correa, versucht González den Skeptikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. González, die Tanzen und Tattoos liebt, ist fest entschlossen, der Linken zurück an die Macht zu verhelfen. Und die erste Präsidentin in der Geschichte des kleinen Landes am Äquator zu werden.
Ecuador liegt zwischen Kolumbien und Peru, den beiden größten Kokainproduzenten der Welt, galt aber lange als vergleichsweise friedlich und stabil. Später wurde das Land zu einer Drehscheibe für den internationalen Drogenhandel. (afp/red)
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