Deutsche Waffenlieferungen an Israel – was gesagt wird und was stimmt

Merz will keine Waffen mehr nach Israel liefern, „die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“. Pistorius lässt sagen, es gebe schon seit Oktober 2023 keine Waffenlieferungen mehr an Israel. Die Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums sehen anders aus. Ein Überblick im Dickicht der unterschiedlichen Aussagen.
Wie belastet ist jetzt das Verhältnis der beiden Regierungen? (Archivbild)
Deutschland ist der zweitgrößte Waffenlieferant an Israel. (Archivbild)Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Von 12. August 2025

In Kürze

  • Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant an Israel.
  • Die Bundeswehr hat seit dem 7. Oktober 2023 keine Waffen mehr an Israel geliefert, Deutschland schon.
  • Im Zeitraum vom 7. Oktober 2023 bis 13. Mai 2025 wurden Genehmigungen für den Export von Rüstungsgütern nach Israel im Gesamtwert von 485.103.796 Euro erteilt.

„Was Lieferungen an Israel angeht, kann ich nur für die Bundeswehr sprechen“, sagte am 11. August in der Bundespressekonferenz ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Er fuhr fort: „In diesem Zusammenhang kann ich darauf verweisen, was Minister Pistorius (SPD) am 18. Dezember gesagt hat. Zusammengefasst: Die Bundeswehr habe seit 7. Oktober 2023 keine Waffen- oder Munitionslieferungen mehr an Israel durchgeführt und daran habe sich auch nichts geändert.“

Bundesregierung hat mehrere Waffenlieferketten

Auf Nachfrage des Autors, in welchem Zusammenhang Pistorius dies geäußert habe, verwies der Sprecher des Verteidigungsministeriums auf eine Befragung im Bundestag am 18. Dezember 2024. Dort wollte der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn zum Thema „Waffen für Israel und Lage in Syrien“ vom Verteidigungsminister Pistorius erfahren, wie viele Waffen und Munition aus dessen Geschäftsbereich an Israel geliefert worden seien. Der Minister antwortete damals, „aus seinem Geschäftsbereich“ sei „nichts an Israel geliefert worden“. Entscheidend ist hier die Formulierung „aus seinem Geschäftsbereich“. Das heißt, so wie es auch der Sprecher betonte: Die Bundeswehr hat keine Waffen geliefert.

[etd-related posts=“5214572″]

Wenn aber die Bundeswehr nichts liefert, heißt das noch lange nicht, dass es überhaupt keine Waffenlieferungen an Israel gab oder gibt. Denn die Bundesregierung unterhält unterschiedliche Ausfuhrlieferketten und Ausfuhrgenehmigungen für Waffen aus Deutschland. Auf eine Frage in der gestrigen Bundespressekonferenz nach konkreten Panzer- und Munitionslieferungen für den israelischen Panzertyp Merkava, der baugleich mit dem deutschen Leopard-II-Panzer ist, zog sich die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums darauf zurück, dass sie zu „Einzelentscheidungen keine Auskunft geben“ könne.

Rheinmetall produziert Munition für Panzer, Artillerie und Flugabwehrgeschütze. Foto: Henning Kaiser/dpa

Gleichermaßen zurückhaltend zeigte sich die Sprecherin bei einer Frage, ob 2025 weiterhin Bestandteile für das israelisch-amerikanische Arrow-3-Raketenabwehrsystem an Israel geliefert worden seien. Dieses System soll auch in Deutschland zum Einsatz kommen.

Die Zahlen der Bundesregierung

In einer Antwort der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) an den Bundestag vom 26. Mai dieses Jahres zu deutschen Waffenlieferungen an Israel wird erklärt, warum die Bundesregierung manchmal keine öffentliche Auskunft erteilt: Sie folge einem „Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Oktober 2014 (BVerfGE 137, 185), wonach eine Auskunft aus Gründen des Staatswohls verweigert werden kann. Dies ist der Fall, sofern wie hier die Auskunft konkrete Einblicke in die aufseiten des Empfängerlands aktuell bestehenden Güterbedarfe ermöglichen würde, da dies negative Auswirkungen auf die außenpolitischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland haben kann.“

Auch an anderer Stelle der Antwort betont die Merz-Regierung: „Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen nach den rechtlichen und politischen Vorgaben.“

[etd-related posts=“5213839″]

Dennoch gab die Bundesregierung bekannt:

Im Zeitraum vom 7. Oktober 2023 bis zum aktuellen Stichtag (13. Mai 2025) wurden Einzelausfuhrgenehmigungen für die endgültige Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel im Gesamtwert von 485 103 796 Euro erteilt.“

Anschließend werden die Waffen und Waffensysteme, die „in diesem Zeitraum die für die endgültige Ausfuhr nach Israel genehmigten Güter betreffen“, anhand von zahlreichen Ausfuhrlistenpositionen aufgelistet: A0001, A0002, A0003, A0004, A0005, A0006, A0007, A0008, A0009, A0010, A0011, A0013, A0014, A0015, A0016, A0017, A0018, A0019, A0021, A0022.  Was unter den Zahlen im Einzelnen zu verstehen ist, kann im Bundesgesetzblatt von 2024, Teil I, Nr. 243 nachgesehen werden.

Kurz: Es geht um Maschinengewehre, Maschinenpistolen, Geschütze, Haubitzen, Kanonen, Mörser, Panzerabwehrwaffen, Einrichtungen zum Abfeuern von Geschossen und Raketen, Flammenwerfer und Gewehre bis hin zu Bomben, Torpedos, Raketen, Flugkörperabwehrsysteme für Luftfahrzeuge, gepanzerte Fahrzeuge, Schutzausrüstung gegen chemische Kampfstoffe, Diesel- und Elektromotoren für U-Boote und vieles mehr.

Die aufgelisteten Waffen und militärischen Ausrüstungen beziehungsweise Rüstungsgüter eigneten sich zum Großteil auch im Kampf gegen die Hamas, gegen die schiitische Terrorgruppe Hisbollah im Libanon und zum Teil auch in der Luftbekämpfung des Iran.

[etd-related posts=“5215099″]

BSW-Anfrage bestätigt umfangreiche Lieferungen

Eine ähnliche Fragestellung der BSW-Gruppe an die Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vom Januar 2025 offenbarte ebenfalls tiefe Einblicke über die Waffenlieferungen Deutschlands an Israel in den vergangenen zwei Jahren. In der Fragestellung der BSW-Gruppe heißt es beispielsweise:

Im Jahr 2023 seien Rüstungslieferungen für 326,5 Millionen Euro, darunter Kriegswaffen für 20,1 Millionen Euro, an Israel geliefert worden. Dies sei „zehnmal mehr als im Jahr 2022“, in dem der Wert 32,3 Millionen Euro betragen habe. „Darunter waren Kriegswaffen wie 3.000 tragbare Panzerabwehrwaffen, 500.000 Schuss Munition für Maschinengewehre, Maschinenpistolen oder andere voll- oder halbautomatische Schusswaffen“, behauptete die BSW-Gruppe.

[etd-related posts=“5212133″]

Der „größte Teil der Genehmigungen“ sei „auf die Zeit nach dem Terrorangriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023“ erfolgt. Danach seien „in den ersten Monaten des Jahres 2024“ die Exportgenehmigungen allerdings „stark zurückgefahren“ worden. Bis zum Stichtag 21. August 2024 seien Einzelgenehmigungen für die endgültige Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel im Gesamtwert von circa 14,5 Millionen Euro erteilt worden.

Die Scholz-Regierung widersprach den von der BSW-Gruppe im Bundestag genannten Zahlen nicht. Sie verwies in ihrer Antwort vielmehr darauf: „Eine zahlenbasierte Pauschalbetrachtung allein auf Basis der Genehmigungswerte eines Berichtszeitraumes ist kein tauglicher Gradmesser für die Beurteilung der Rüstungsexportpolitik. Hierfür bedarf es vielmehr einer einzelfallorientierten Beurteilung von Genehmigungsentscheidungen in Hinblick auf das jeweilige Empfängerland, die Art des Rüstungsgutes sowie den vorgesehenen Verwendungszweck der Güter.“

Waffenlieferungen an Israel weiterhin, nur nicht für Gaza-Einsatz

Vor diesem Hintergrund ist die Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz vom 8. August zu verstehen: „Das in der vergangenen Nacht vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossene, noch härtere militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen lässt aus Sicht der Bundesregierung immer weniger erkennen, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Unter diesen Umständen genehmigt die Bundesregierung bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können.“

[etd-related posts=“5214135″]

Es geht also nur um Waffen, die „im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“. Mit anderen Worten: Ersatzteile und Waffensysteme für die israelische Marine und für die Luftabwehr etwa können weiterhin an Israel geliefert werden. Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant an Israel.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion