„20 Jahre für nichts“ – Soldat wegen Äußerung nach COVID-Impfverweigerung entlassen

Vom Urteil verstört zeigte sich ein Hauptfeldwebel, der nach 20 Jahren Dienstzeit wegen Äußerungen im Zusammenhang mit seiner COVID-Impfverweigerung vom Truppengericht entlassen wurde. Der Wehrsenat des Bundesverwaltungsgerichts wies nun die Berufung dagegen zurück. Für Anwalt Edgar Siemund wurde mit dem Urteil ein Exempel statuiert.
Titelbild
Urteilsspruch am Bundesverwaltungsgericht nach Verweigerung der COVID-Impfung durch einen Soldaten.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 2. Oktober 2025

In Kürze:

  • Soldat wurde nach 20 Jahren Dienstzeit entlassen
  • Anklagepunkt zur COVID-Impfverweigerung wurde nicht verhandelt
  • Verteidiger sieht einen Präzedenzfall am Bundesverwaltungsgericht
  • Richter erklärte, dass solche Soldaten wie W. nicht gebraucht würden

 

Aufgrund von Äußerungen im Rahmen einer COVID-Impfverweigerung hatte das Truppengericht in Potsdam die Entfernung des Bundeswehrsoldaten Michael W. angeordnet. Mit dem Urteil vom 1. Oktober wies der Wehrsenat des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) in Leipzig die Berufung des Hauptfeldwebels ab, die er gegen diese Entscheidung einlegte.

Das Truppengericht hatte W. zuvor wegen mutmaßlicher Äußerungen in einem Gespräch mit einem Vorgesetzten und der Verweigerung der COVID-Impfung verurteilt.

In dem Gespräch mit seinem Vorgesetzten soll W. Aussagen gemacht haben, die Zweifel gegenüber seiner Treuepflicht als Soldat aufkommen ließen. Das BVerwG urteilte nun, dass die Äußerungen eine „schwere Treuepflichtverletzung“ darstellen.

Ausgangspunkt für das Gespräch war die Verweigerung der COVID-Impfung, die W. mit der Sorge begründete, dass seine Gesundheit dadurch geschädigt werden könnte. Auch hielt er den Impfbefehl für rechtswidrig. Die Verteidigung von W. argumentierte zudem, dass das Gespräch mit seinem Vorgesetzten disziplinarrechtlich nicht verwertbar sei.

W. hat als Zeitsoldat 20 Jahre gedient und wurde dabei mehrfach mit Leistungsprämien ausgezeichnet.

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Der Vorsitzende Richter des Wehrsenates am BVerwG, Richard Häußler, ließ jedoch zuvor den ersten Anklagepunkt „Verweigerung der COVID-Impfung“ fallen und bezog sich nur auf den zweiten Anklagepunkt, die unterstellten Äußerungen zur Treuepflicht.

Der Richter begründete dies damit, dass der Vorwurf der Impfverweigerung nicht mehr verfahrenserheblich sei. Die „Duldungspflicht“ für Bundeswehrsoldaten – eine faktische Impfpflicht – wurde mittlerweile aufgehoben.

Denn im Mai 2024, kurz vor der Fortsetzungsverhandlung am BVerwG gegen drei Soldaten aufgrund ihrer COVID-Impfverweigerung, wurde die COVID-Impfpflicht überraschend durch das Bundesverteidigungsministerium ausgesetzt. Sie wurde im November 2021 eingeführt.

Für die Soldaten, in dem Gerichtsverfahren, galt die Impfpflicht somit nicht mehr. Darauf wies das Ministerium in dem damaligen Schreiben an das BVerwG ausdrücklich hin.

Wehrdisziplinaranwaltschaft gegen Aufhebung des ersten Anklagepunktes

Dabei wollte der Bundeswehrdisziplinaranwalt beim Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung gegen W. am 1. Oktober den ersten Anklagepunkt unbedingt aufrechterhalten wissen.

In seinem Plädoyer vor der Urteilsverkündung erklärte er, dass er ein geringfügiges Dienstvergehen bei W. sieht, da die unterstellten Äußerungen zur Treuepflicht dem Angeklagten durch seinen Bataillonskommandeur „in den Mund gelegt wurden“ und als Wortspiel angesehen werden können.

Auch habe der Soldat weiter die Befehle ausgeführt und auch keinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gestellt, sondern im Gegenteil sehr gute Leistungen gezeigt und daraufhin Leistungsprämien erhalten.

Der Disziplinaranwalt beantragte daher die Aufhebung des Urteils des Truppendienstgerichtes bei gleichzeitiger Verfahrenskostenübernahme durch den Bund. Damit wäre W. als vollwertiger Soldat rehabilitiert. Die gekürzten Bezüge, die ausgesetzte Beförderung zum Stabsfeldwebel und alle zukünftigen Bezüge und Leistungen wären somit gesichert gewesen.

Nach Abschluss der Plädoyers und einstündiger Beratung erklärte der Wehrsenat in seiner Urteilsverkündung, dem Antrag des Disziplinaranwalts folge das BVerwG nicht.

Stattdessen bestätigte das höchste deutsche Verwaltungsgericht die Entlassung des Bundeswehrsoldaten. „20 Jahre Bundeswehr für nichts“, fasste W. gegenüber Epoch Times nach der Verhandlung das Urteil zusammen.

Richter Häußler begründete das Urteil damit, dass W. mit seinen Äußerungen deutlich gemacht habe, dass er innerlich gekündigt habe. „In diesem Fall sei die Höchstmaßnahme zu verhängen.“ Die Bundeswehr brauche Soldaten, die im inneren Spannungsfall oder Verteidigungsfall innerlich und äußerlich einsatzbereit seien. Solche Soldaten wie ihn brauche man nicht bei der Bundeswehr.

Anwalt: Soldaten werden drangsaliert

Anwalt Edgar Siemund, der zahlreiche Soldaten in ähnlichen Verhandlungen als Verteidiger vertrat, nahm als Prozessbeobachter teil.

Er kritisierte gegenüber Epoch Times, dass die Frage, warum oder ob er zu Recht die COVID-Impfung verweigerte, gar nicht geklärt worden sei. Und auch die Frage, warum der Soldat das Vertrauen in die Führung verloren hätte, sei nicht thematisiert worden. Für ihn stehe außer Frage, warum „nach so vielen Jahren Dienstzeit diese Änderung seiner Haltung eingetreten ist“.

Denn Soldaten, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollten, seien drangsaliert worden „bis zum Gehtnichtmehr“.

Er sieht in dem Urteil das „Statuieren eines Exempels“ für zukünftige Fälle, um zu vermeiden, dass durch die Soldaten hinterfragt würde, ob die Maßnahmen, die „von oben“ verordnet wurden, nicht gut gewesen sein könnten. Auch solle zukünftiger Widerstand gegen ähnliche Befehle verhindert werden. Er beziffert den finanziellen Verlust für W., der aufgrund der Entlassung ab sofort arbeitslos ist, auf einen sechsstelligen Betrag.

Laut dem Verteidiger von W., Sven Lausen, hat das Gericht mit seiner Entscheidung weit über seine bisherige Rechtsprechung hinaus einen Präzedenzfall geschaffen. „Die Entlassung des Soldaten ist eine große Enttäuschung“, äußerte der Anwalt gegenüber Epoch Times.

Als Instanz, um gegen das Urteil vorzugehen, bleiben jetzt nur noch das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische Gerichtshof.



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