200.000 Euro Rückerstattung an Michael Ballweg? Berechnung erschüttert Steuer-Vorwürfe

Wende im Verfahren gegen Michael Ballweg, den Organisatoren der großen Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen 2020–2022. Das Finanzamt stellt eine Rückerstattung von bis zu 200.000 Euro in Aussicht. Die Verteidigung fordert die Einstellung des Verfahrens. Dennoch hält die Staatsanwaltschaft trotz der neuen Zahlen an den Vorwürfen fest.
Titelbild
Michael Ballweg gab sich schon zu Prozessbeginn optimistisch. (Archivbild)Foto: Marijan Murat/dpa
Von 10. Juli 2025

Im Strafverfahren gegen den Querdenken-Gründer Michael Ballweg hat eine vom Landgericht Stuttgart veranlasste steuerliche Probeberechnung durch das Finanzamt Stuttgart II zu einem neuen Ergebnis geführt: Demnach stünde Ballweg eine Rückerstattung in Höhe zwischen 199.000 bis 200.000 Euro zu. Die Berechnung basiert auf vier vom Gericht vorgegebenen Varianten und wurde auf dessen ausdrückliche Anweisung erstellt. Das wurde der Redaktion seitens der Verteidigung von Michael Ballweg inzwischen bestätigt. Ein Sprecher des  Finanzministeriums Baden-Württemberg hatte zuvor eine Stellungnahme auf Epoch-Times-Anfrage abgelehnt und verwies auf das Steuergeheimnis.

Die Verteidigung wertet dieses Ergebnis als Bestätigung ihrer Position, dass kein steuerstrafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Ein Sprecher von Querdenken-711 sagte gegenüber der Redaktion, die Berechnung zeige deutlich, dass die bisherigen Annahmen der Steuerfahndung nicht tragfähig seien. Die unterstellte Zweckentfremdung von Geldern sei durch keine Buchung und keine Zeugenaussage belegt. Aus seiner Sicht stelle die aktuelle Einschätzung einen zentralen Wendepunkt im Verfahren dar.

[etd-related posts=“5143171″]

Trotz dieser Entwicklung hält die Staatsanwaltschaft Stuttgart an den erhobenen Vorwürfen fest. In der Anklage wird Ballweg beschuldigt, zwischen 2020 und 2021 Spendengelder in erheblichem Umfang erhalten und nicht ordnungsgemäß versteuert zu haben. Die Ermittlungsbehörden gehen davon aus, dass es sich bei den Geldzuflüssen um Einnahmen aus einer gewerblichen Tätigkeit handelt, nicht um steuerlich begünstigte Schenkungen.

Steuerrechtliche Bewertung als Streitpunkt

Die Verteidigung verweist auf den Schenkungscharakter der Zuwendungen und betont, dass derartige Unterstützungsleistungen unter bestimmten Bedingungen steuerfrei seien – insbesondere, wenn die Beträge einzelner Spender unter der geltenden Freibetragsgrenze von 20.000 Euro bleiben.

Die Staatsanwaltschaft hingegen sieht in der Annahme von Zahlungen im siebenstelligen Bereich eine unternehmerische Tätigkeit. Ein Vertreter der Finanzverwaltung bestätigte in einer Zeugenaussage, dass auch das Finanzamt diese Sichtweise grundsätzlich teilt, obwohl die nun erfolgte Probeberechnung eine Rückerstattung ergab. Es handele sich aus Sicht der Finanzbehörde um eine bislang nicht höchstrichterlich entschiedene Rechtsfrage.

Gericht schlug schon Einstellung des Verfahrens vor

Bereits im Frühjahr 2025 hatte das Landgericht Stuttgart, wie Epoch Times berichtete, eine Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld nach § 153 Abs. 2 StPO vorgeschlagen. Die Vorsitzende Richterin äußerte nach einem vorherigen Gespräch mit den Verfahrensbeteiligten, dass die Kammer derzeit den Großteil der Anklagevorwürfe für nicht nachweisbar halte – insbesondere könne Ballweg in weitem Umfang kein Vorsatz nachgewiesen werden. Auch hinsichtlich des Betrugsvorwurfs verwies das Gericht auf fehlende Belege für eine private Verwendung der Spendengelder.

Dennoch lehnte die Staatsanwaltschaft eine Einstellung ab und betonte, eine Verurteilung sei weiterhin wahrscheinlich. Die Behörde stellte in diesem Zusammenhang auch einen Befangenheitsantrag gegen die Kammer. Hintergrund der Anklage ist unter anderem der Vorwurf, Ballweg habe rund 575.000 Euro zweckwidrig verwendet – dem stehen belegte Ausgaben von über 843.000 Euro für Querdenken-Aktivitäten gegenüber. Nach bisherigem Stand bleiben laut Gericht maximale Beträge im unteren vierstelligen Bereich ungeklärt. Zudem habe Ballweg darauf vertraut, dass sein Steuerberater die Steuererklärungen korrekt einreichen würde.

Staatsanwältin wird zurückgepfiffen

Besondere Aufmerksamkeit erregte eine Aktennotiz der Vorsitzenden Richterin Julia Weiß. Daraus geht hervor, dass die zuständige Staatsanwältin Franziska Gräfe Anfang Juni gegenüber dem Gericht telefonisch ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert hatte, das Verfahren einzustellen. Über die Aktennotiz berichtete zuerst die „Stuttgarter Zeitung“. Die Strafkammer zeigte sich demnach offen für eine solche Lösung. In der Folge wurde Gräfe, so berichtet die „Stuttgarter Zeitung“ jedoch innerhalb ihrer Behörde angewiesen, von diesem Schritt Abstand zu nehmen. Dies bestätigte sie in der Hauptverhandlung. Eine Einstellung des Verfahrens komme nur bei gleichzeitiger Zahlung einer Geldauflage in Betracht, erklärte sie. Über andere Varianten sei man gesprächsbereit, sofern die Verteidigung konkrete Vorschläge unterbreitet.

[etd-related posts=“5089745″]

Die Verteidigung sieht darin eine widersprüchliche Haltung der Anklagebehörde. Für Rechtsanwalt Gregor Samimi, der Ballweg ebenfalls verteidigt, liegt ein klares Indiz dafür vor, dass die Vorwürfe nicht weiter aufrechterhalten werden können. Das sagte der Verteidiger gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“. Samimi kritisiert weiter, dass trotz der Erkenntnisse aus der steuerlichen Neubewertung keine verfahrensbeendenden Maßnahmen eingeleitet worden seien. Sein Mandant befinde sich weiterhin in einer angespannten finanziellen Lage. Kontopfändungen seien nicht aufgehoben worden, obwohl wesentliche Grundlagen der Anklage entfallen seien.

Verteidigung beantragt Einstellung

Die Verteidigung, so der Sprecher von Querdenken-711, habe inzwischen beim Gericht beantragt, die Beweisaufnahme zu beenden und zur rechtlichen Bewertung des Sachverhalts überzugehen. Insbesondere die steuerliche Einordnung der erhaltenen Gelder soll nach Auffassung der Verteidiger als reine Rechtsfrage gewürdigt werden. „Eine baldige gerichtliche Entscheidung wäre sachgerecht und im Interesse aller Beteiligten. Dass die Staatsanwaltschaft stattdessen auf Fortsetzung drängt, halten wir angesichts der neuen Faktenlage für unangemessen“, so der Sprecher von Querdenken-711. Die Tatsache, dass eine Rückzahlung zu erwarten sei statt einer Nachforderung, entziehe der Anklage wesentliche Grundlagen. „Es stellt sich umso dringlicher die Frage, warum das Verfahren nicht längst eingestellt wurde. Eine Steuererstattung in dieser Größenordnung widerspricht diametral der Unterstellung einer Steuerhinterziehung.“

[etd-related posts=“5076835″]

Die Staatsanwaltschaft lehnt eine vorzeitige Beendigung der Beweisaufnahme bislang ab, wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet. In ihrer Stellungnahme argumentierte sie, dass noch keine vollständige Sachverhaltsaufklärung vorliege. Die wirtschaftlichen Hintergründe der Zahlungseingänge sowie mögliche private Verwendungen seien nach Ansicht der Anklagebehörde weiterhin nicht abschließend geklärt. Entsprechend wurden weitere Beweisanträge gestellt.

Verfahren läuft seit Herbst 2023

Der Prozess gegen Michael Ballweg läuft seit Herbst 2023 am Landgericht Stuttgart. Neben dem Vorwurf der Steuerhinterziehung wird ihm Betrug zur Last gelegt. Ballweg soll laut Anklage Spendengelder auch für private Zwecke verwendet haben, was er bestreitet. Die Verteidigung verweist auf dokumentierte Mittelverwendungen und entgegnet, dass alle eingegangenen Gelder für politische und organisatorische Zwecke eingesetzt worden seien.

Ballweg war im Rahmen des Ermittlungsverfahrens rund neun Monate in Untersuchungshaft. Das Verfahren wurde nach seiner Entlassung im Oktober 2023 vor der Wirtschaftsstrafkammer fortgeführt. Zahlreiche Zeugen wurden gehört, darunter auch Vertreter von Banken, Finanzbehörden sowie frühere Mitarbeiter Ballwegs. Im Verlauf des Verfahrens ergaben sich aus Sicht der Verteidigung mehrfach Hinweise darauf, dass die Annahmen der Anklagebehörde nicht belastbar seien.

Die Probeberechnung des Finanzamts Stuttgart II wurde vom Gericht in Auftrag gegeben, um eine objektive Einschätzung der steuerlichen Lage zu erhalten. Der Auftrag basierte auf den Angaben der Verteidigung zu Spendeneingängen, Verwendungszwecken und der Trennung privater und projektbezogener Mittel. Ein offizieller Steuerbescheid für die Jahre 2020 und 2021 seitens des Finanzamts liegt allerdings bisher nicht vor. Die Proberechnung hat daher keinerlei rechtliche Wirkung, wird aber in die Bewertung des Stuttgarter Landgerichts einfließen.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion