Abgeordneter King: Berliner Senat hält Bild der „Pandemie der Ungeimpften“ weiter aufrecht

In Kürze
- Es gibt keine Beweise dafür, dass ungeimpfte Pflegekräfte für eine höhere Zahl von Corona-Toten in Pflegeeinrichtungen verantwortlich sind.
- Anfrage des BSW-Abgeordneten Alexander King beantwortet der Berliner Senat mit Hinweis auf höhere Inzidenz
- Vermischung zwischen Personen mit unbekanntem Impfstatus und Ungeimpften führt zu verzerrten Statistiken
- Website „Corona Schwarzbuch“ dokumentiert Versäumnisse und Verfehlungen der Politik
Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterstellte in seiner Rede vom 10. Dezember 2021 vor dem Bundestag, dass Pflegekräfte, die sich nicht gegen Corona impfen ließen, für eine höhere Zahl an Todesopfern in Altersheimen verantwortlich sein könnten. Konkret sagte Lauterbach:
„Wir können diese Pandemie mittelfristig nicht bekämpfen, ohne dass wir die Impfquoten, die wir erreicht haben, erhöhen. Daher führen wir eine einrichtungsbezogene Impfpflicht ein. Eine solche Impfpflicht ist notwendig; denn am Ende des zweiten Jahres der Pandemie ist es in keiner Weise akzeptabel, dass in Einrichtungen, wo Menschen leben, die sich unserem Schutz anvertraut haben, noch unnötigerweise Menschen sterben, weil Ungeimpfte dort gearbeitet haben. Das können wir nicht hinnehmen, und das werden wir mit diesem Gesetz ausschließen.“
Er rechtfertigte damit die Einführung einer Impfpflicht im medizinischen Bereich und für Pflegekräfte. Der Bundestag beschloss diese im Dezember 2021, in Kraft trat sie am 16. März 2022.
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Der Senat hat keine konkreten Informationen
Ob dieser Vorwurf tatsächlich Substanz hat, wollte Dr. Alexander King wissen. Er ist Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus und seit Oktober 2023 Teil des BSW. So fragte King unter anderem, ob sich der Berliner Senat „angesichts dieses ungeheuerlichen Vorwurfs“ vor seine Beschäftigten in den Alten- und Pflegeheimen der Bundeshauptstadt gestellt und diese Behauptung zurückgewiesen habe. Auch forderte King Beweise, die die Unterstellungen Lauterbachs belegten. Des Weiteren fragte der Politiker nach der Höhe der Opfer, die es in Altersheimen durch den Kontakt mit ungeimpften Pflegekräften gegeben habe.
In seiner Antwort schreibt der Senat, dass er keine Informationen darüber habe, „was den damaligen Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach zu der zitierten Aussage in der Bundestagssitzung am 10. Dezember 2021 bewogen hat“. Der Senat verfüge auch nicht über „konkrete Informationen“, die den „Impfstatus einer Person mit der Verantwortung für den Tod von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen in Verbindung bringen“.
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Die verfügbaren Informationen zu Corona-Todesfällen in diesen Einrichtungen bezögen sich auf die Gesamtzahl der Verstorbenen und deren Impfstatus. Die spezifischen Umstände der Infektionen seien nicht benannt. Von September bis November 2021 gab es in 83 Berliner Pflegeeinrichtungen Corona-Ausbrüche. Bestätigt seien 223 Fälle unter den Bewohnern und 161 unter Mitarbeitern. Unklar sei jedoch, „inwiefern ungeimpfte Pflegekräfte direkt für die Todesfälle verantwortlich waren“.
Der Senat weist diesbezüglich auf eine höhere Inzidenz bei Personen mit ungeklärtem oder unvollständigem Impfstatus hin:
„Aus den veröffentlichen Daten ergibt sich für den in Rede stehenden Tag der Bundestagssitzung am 10. Dezember 2021 eine gegenüber von Personen mit vollständigem Impfstatus um den Faktor 3,5 erhöhte Inzidenz bei Personen mit ungeklärtem oder unvollständigem Impfstatus.“
Die Zahlen sind weiterhin beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales abrufbar.
Doch die Vermischung zwischen Personen mit unbekanntem Impfstatus und Ungeimpften führt zu einer Verzerrung der Statistiken. Epoch Times hat über diese Praxis, die auch in anderen Bundesländern betrieben wurde, ausführlich berichtet.
- 63,2 Prozent Impfstatus unbekannt
- 22,5 Prozent Geimpfte
- 14,3 Prozent Ungeimpfte
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Bisher fehlen Studien, die Lauterbachs Behauptungen belegen
Somit ist Lauterbachs Aussage, dass ungeimpfte Pflegekräfte für eine höhere Zahl an Todesopfern in Altersheimen verantwortlich seien, nach wie vor ohne Beleg. Weder das Berliner Gesundheitsministerium noch andere Behörden haben nachvollziehbare Beweise veröffentlicht, die die Behauptungen des SPD-Politikers untermauern.
Zwar veröffentlichten die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages im Jahr 2021 eine Übersicht an Studien über Infektionswege und Ansteckungsrisiken des Coronavirus in verschiedenen sozialen Bereichen, doch stellte diese Ausfertigung keinen Zusammenhang zwischen ungeimpftem Pflegepersonal und vermehrten Corona-Erkrankungen her. Zudem fand die Untersuchung der Berufsgruppen in sozialen Bereichen in sechs asiatischen Ländern, nicht aber in Deutschland, statt (ab Seite 15).
Auch das Robert Koch-Institut (RKI) konnte die ungeimpften Pflegekräfte mangels Datenlage nicht als Verursacher im Sinne Lauterbachs ausmachen. Im März 2022 veröffentlichte die Behörde einen Bericht, der Impfquoten und Testfrequenzen in Pflegeeinrichtungen dokumentierte („Monitoring von COVID-19 und der Impfsituation in Langzeitpflegeeinrichtungen“). Zwar ist in dem Papier eine Impfquote unter Beschäftigten erfasst (ab Seite 6), aber es gibt keine direkte Auswertung, die den Impfstatus mit konkreten Todesfällen in Verbindung bringt.
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Eine internationale Studie der London School of Economics im Pflegesektor („LTCcovid International living report on COVID-19 and Long-Term Care“) liefert ebenfalls keine Aufschlüsse zu einem Zusammenhang zwischen ungeimpften Pflegekräften und einer höheren Zahl von Corona-Opfern unter den Bewohnern von Einrichtungen.
In der im April 2022 letztmals aktualisierten Ausarbeitung ist zwar von einer hohen Zahl von Todesfällen durch COVID-19 die Rede, doch wird das darauf zurückgeführt, dass das Risiko einer Infektion in Gemeinschaften trotz aller Schutzmaßnahmen groß bleibt. Somit beschreibt die Studie einen Zusammenhang zwischen dem allgemeinen Infektionsgeschehen und Todesfällen in Heimen, nicht aber zwischen dem Impfstatus von Mitarbeitern und einzelnen Todesfällen.
Auf Anfrage von Epoch Times nimmt Alexander King Stellung zu den Antworten des Senats. Er nennt sie „perfide“. Es bestehe „keinerlei Bereitschaft, Verantwortung für eigene Fehler zu übernehmen und die damals zu Unrecht Diskriminierten zu rehabilitieren. Das ist sehr traurig.“ Zur Aufarbeitung der Corona-Politik habe er mehr als 40 schriftliche Anfragen an den Senat gestellt. Wie bei allen Antworten sei auch die jüngste Reaktion des Senats eine „Mischung aus Abwiegelung (wir sind/waren nicht zuständig), Selbst-Rechtfertigung (wir haben nur so gehandelt, wie es dem damaligen Wissensstand entsprach) und Weigerung, dazuzulernen“.
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Dabei werde auch gegen jede Evidenz das Bild der „Pandemie der Ungeimpften“ weiter aufrechterhalten. Der Abgeordnete kritisiert zudem, dass weder die anderen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien noch der Senat ein „übermäßiges Interesse an einer systematischen Aufarbeitung zeigen“.
King betont, dass er jedoch nicht locker lasse. 2026 werde ein neues Abgeordnetenhaus gewählt. Die Corona-Aufarbeitung und die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss werde das BSW im Wahlkampf „ganz nach vorn stellen“.
Mit der Aufarbeitung der Berliner Corona-Politik beschäftigt sich King laut eigenen Angaben gemeinsam mit Fachleuten und einer BSW-Arbeitsgruppe seit eineinhalb Jahren. Alle Antworten, die er vom Senat zu seinen Anfragen bekommen hat, sind auf einer eigens dafür eingerichteten Internetseite „Corona Schwarzbuch“ aufgeführt.
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