Abtreibung: Schwarz-Rot streitet über Auslegung des Koalitionsvertrags

Zwischen Union und SPD ist offenbar ein Konflikt über die Auslegung des Koalitionsvertrages zum Thema Abtreibungen entbrannt. Das berichtet die „Welt“.
In der Endfassung des Vertrages hatten sich die Koalitionäre darin für eine Verbesserung der Versorgungssituation von Frauen in Konfliktsituationen geeinigt: „Wir erweitern dabei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus.“
Nach Ansicht der SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, macht diese Formulierung eine Legalisierung von Abtreibungen in der Frühphase der Schwangerschaft nötig, da eine Leistungspflicht der Krankenkassen nur für rechtmäßige Abbrüche bestehe.
Union: „Eine Veränderung bei Paragraf 218 ist nicht vereinbart“
Die CDU/CSU im Bundestag widersprach dieser Auffassung in der „Welt“: Mit der Formulierung im Koalitionsvertrag sei lediglich die Verbesserung der finanziellen Unterstützung für bedürftige Frauen gemeint.
„Bei geringem Einkommen werden die Kosten schon heute von den Bundesländern aus Steuermitteln übernommen. In dem Antragsverfahren sind die Krankenkassen das Scharnier, sie leiten die Anträge an die staatlichen Stellen weiter. Nichts anderes ist gemeint, wenn im Koalitionsvertrag von einer Erweiterung der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung `über die heutige Regelung hinaus` die Rede ist“, sagte Rechtspolitikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) der „Welt“.
[etd-related posts=“5194876″]
Eine Übernahme des Schwangerschaftsabbruchs in den regulären Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen lehne die Union ab. „Es gibt auch keinen Anlass zu Interpretationen, dass die Union von der Rechtslage abrücken will“, sagte Winkelmeier-Becker. „Eine Veränderung bei Paragraf 218 ist nicht vereinbart und stünde im klaren Widerspruch zur Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Ungeborenen und zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes.“
SPD-Rechtspolitikerin Carmen Wegge gibt Brosius-Gersdorf recht
„Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir die Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen über die aktuelle Regelung hinaus erweitern. Für mich bedeutet das, dass wir diese zu einer Kassenleistung machen wollen“, sagte hingegen die SPD-Rechtspolitikerin Carmen Wegge der „Welt“.
„Dafür wäre es tatsächlich erforderlich, den Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase zu legalisieren, weil rechtswidrige Eingriffe nicht über die Krankenkassen finanziert werden können.“ Frau Brosius-Gersdorf habe hier laut Wegge recht.
[etd-related posts=“5192029″]
Mit ihrem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf, Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase zu legalisieren, hätten SPD, Grüne und Linke sich vor der Bundestagswahl zwar nicht durchsetzen können – auch weil die Zeit gefehlt habe, so Wegge. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) habe aber im Zuge der Debatte gesagt, dass er dazu bereit sei, nach der Wahl über eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs zu reden, so Wegge. „Daran werden wir ihn auch messen. Wir haben jetzt vier Jahre Zeit, ausführlich darüber zu diskutieren.“
Hintergrund: In seiner Sommerpressekonferenz am Freitag hatte Merz gesagt, die Verabredungen des Koalitionsvertrags sollten ohne Abstriche kommen. „Welche Rechtsfolgen das hat, möglicherweise auch auf den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches, kann ich jetzt nicht abschließend beurteilen.“
Derzeit seien Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland rechtswidrig, blieben aber unter bestimmten Umständen straffrei, so Merz. „Ob diese Konstruktion geändert werden muss, wenn wir im Sozialrecht und im Krankenkassenrecht etwas ändern, vermag ich im Augenblick nicht zu beantworten. Meine Vermutung ist, wir werden daran, jedenfalls deswegen, nichts ändern müssen.“ (dts/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion