„Ampel 2.0“? Bürgergeld, Steuererhöhung und Sozialreformen: Koalition ringt um Einigkeit

Am Donnerstag beginnt in Würzburg eine zweitägige gemeinsame Klausurtagung der Regierungsfraktionen. Union und SPD wollen damit ihren Fahrplan für den Herbst bestimmen. Unstimmigkeiten gibt es unter anderem beim Bürgergeld und in der Frage der Steuererhöhungen. Dort gibt es auch innerhalb der Union Kontroversen.
Die schwarz-roten Fraktionsspitzen wollen mehr Teamplay.
Gilt Markus Söders „No way, no chance“ („Auf gar keinen Fall“) zu Steuererhöhungen noch?Foto: Peter Kneffel/dpa
Von 28. August 2025

In Kürze:

  • Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD treffen sich zur Klausurtagung in Würzburg.
  • Bürgergeld, Steuerpolitik und Sozialreformen stehen im Mittelpunkt.
  • Die Union fordert harte Einschnitte, Abgeordnete sind im Gegenzug zu höherer Reichensteuer bereit.
  • Koalition ringt um Einigkeit – Warnungen vor „Ampel 2.0“

Am Donnerstag, 28. August, beginnt in Würzburg eine zweitägige gemeinsame Klausurtagung der Regierungsfraktionen. Dazu werden die Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD, deren Stellvertreter und die Parlamentarischen Geschäftsführer zusammenkommen.

Ziel der Klausur ist es, zum Ende der parlamentarischen Sommerpause den weiteren Fahrplan für die operative Umsetzung des Koalitionsvertrages abzustimmen. Konkret geht es um die Anpassung von Gesetzen, die Beratung sicherheitspolitischer Fragen sowie umfassende Reformen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Aufbruchsstimmung ade

Schon nach etwas mehr als 100 Tagen im Amt geht das Gespenst der Ampel in der schwarz-roten Koalition um. Nicht nur Unwägbarkeiten wie die geplatzte Wahl von drei Richtern für das Bundesverfassungsgericht trüben die Stimmung. Auch in einigen Sachfragen gehen die Positionen deutlich auseinander. Von der Aufbruchsstimmung, die Bundeskanzler Friedrich Merz im Wahlkampf in Aussicht gestellt hat, ist wenig zu bemerken.

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Die Vorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, hat gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe explizit vor einer „Ampel 2.0“ gewarnt. Die Menschen, so Engelmeier, „erwarten zurecht Lösungen und Perspektiven, keine Blockaden und öffentliches Gezänk“.

Die Verbandsfunktionärin forderte umfassende Reformen in Bereichen wie Rente, Gesundheit, Pflege oder Wohnungspolitik. Der Stillstand im Land müsse enden. Es brauche jetzt „einen klaren Fahrplan und die Entschlossenheit, diesen konsequent umzusetzen“.

Söder schloss Steuererhöhungen im Vorfeld der Klausur in Würzburg aus

Die Union hatte im Vorfeld der Klausurtagung vor allem beim Bürgergeld weitere Verschärfungen gefordert. Vorschläge reichten von noch schärferen Regeln zur Arbeitsaufnahme über vollständigen Leistungsstopp für „Terminschwänzer und Arbeitsverweigerer“ bis hin zu Prämien für Jobvermittler.

Die SPD geht hingegen nicht von großen verbleibenden Spielräumen aus – nicht zuletzt aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum. Sie hält eine bessere Qualifizierung Arbeitssuchender und eine Verbesserung der Ausstattung der Jobcenter für sinnvollere Maßnahmen, um Menschen in Arbeit zu bringen.

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Die Sozialdemokraten wollten jüngst auch Steuererhöhungen für Personen nicht ausschließen, die sie zu den Topverdienern zählen. Bei der Union stieß dieses Vorhaben bislang auf Widerstand. CSU-Chef Markus Söder nutzte in einem jüngsten Interview den Satz „No way, no chance“ („Auf gar keinen Fall“). Mittlerweile gibt es jedoch erste Stimmen, die hier Kompromissbereitschaft erkennen lassen.

Mattfeldt bietet Reichensteuererhöhung gegen Bürgergeldverschärfung

So äußerte der niedersächsische CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt gegenüber „Bild“, er halte es „persönlich für vertretbar, die sogenannte Reichensteuer zu erhöhen“. Im Gegenzug müsse die SPD jedoch „notwendige Sozialreformen“ mittragen.

Mattfeldt äußerte, dass der Gedanke sogar bei potenziellen Betroffenen mit Jahreseinkommen von mehr als einer halben Million Euro auf Akzeptanz stoße. Bedingung wäre allerdings auch aus ihrer Sicht ein weitreichendes Paket von Sozialreformen. Der Politiker erklärte, das Sozialsystem „zukunftsfest“ machen zu wollen und mit den bisherigen Bemühungen und Resultaten noch nicht zufrieden zu sein.

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In einem weiteren Schritt wäre möglicherweise selbst die Besteuerung von Firmenerben, die das betreffende Unternehmen weiterführen, kein Tabu mehr. Auch das soll in Teilen der Union als möglicher Kompromissvorschlag angeklungen sein – als Preis für eine Zustimmung der SPD zu harten Einschnitten beim Bürgergeld.

Middelberg mahnt Erhalt der Qualität des Standorts an

Gegenwind kommt vom CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg. Dieser lehnt eine Erhöhung der sogenannten Reichensteuer ab. Stattdessen fordert er eine Verringerung der Steuerbelastung für Unternehmen, um den Investitionsstandort Deutschland zu stärken. Gegenüber „Welt TV“ äußerte er, es seien auch über die bisher von der Koalition vereinbarten Schritte noch weitere Entlastungen erforderlich, um die Attraktivität des Standorts zu sichern:

„Für Investoren und Unternehmen, die Deutschland mit anderen Standorten auf der Welt vergleichen, sind Steuern Preise. […] Mit diesen müssen wir eher runter als rauf.“

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Drei Viertel der Unternehmen zahlten keine Körperschaftssteuer, sondern würden nach der Einkommensteuer abgerechnet, gab Middelberg zu bedenken. Es handele sich um Einzelunternehmen und Personengesellschaften – unter ihnen unter anderem viele Handwerksbetriebe. Die sogenannte Reichensteuer wäre nichts anderes als ein weiterer Zuschlag auf diese.

Neben Bürgergeld und Steuerpolitik ist auch damit zu rechnen, dass es Gesprächsbedarf bei Themen wie der Energie- und Sicherheitspolitik geben wird. Innerhalb der Union gab es unter anderem Differenzen über Themen wie die eingeschränkte Senkung der Stromsteuer und den von Kanzler Merz verkündeten Teilstopp von Rüstungsexporten an Israel.



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