Amt des Bundestagsvize: So begründen Union und SPD die Ablehnung des AfD-Kandidaten

Die AfD hat Michael Kaufmann für das Amt des Vizepräsidenten des Bundestags nominiert, doch die Unionsfraktionen sowie die SPD lehnen ihn ab. Die Regierungskoalitionäre betonen, dass sie Mitglieder der AfD grundsätzlich nicht in repräsentative Ämter wählen.
Titelbild
Der AfD-Politiker Michael Kaufmann.Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images
Von 24. Juni 2025

Die schwarz-rote Regierungskoalition hat dem Wunsch der AfD auf den Posten des Vizepräsidenten des Bundestags eine klare Absage erteilt. In einem von den Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) und Dr. Matthias Miersch (SPD) unterschriebenen Brief, der Epoch Times vorliegt, lehnten sie ein Gespräch mit dem thüringischen Aspiranten auf das Amt, Prof. Dr. Michael Kaufmann, ab. Die AfD hatte den 61-Jährigen Ende Mai ins Rennen geschickt und einen Wahlvorschlag eingereicht (Epoch Times berichtete).

AfD nominierte seit 2017 mehrere Kandidaten und scheiterte stets

In dem Schreiben der Unionsfraktionen (CDU/CSU) und der SPD heißt es unter anderem: „Wir respektieren Ihren Wunsch, sich den Abgeordneten unserer Fraktionen persönlich vorzustellen.“ Doch lehnten die Koalitionäre das Ansinnen „nach reiflicher Abwägung“ ab. Die AfD sei als Partei und somit auch als Fraktion vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) „neu eingestuft“ worden.

Der Verfassungsschutz hat die Bundes-AfD zwar zunächst als gesichert rechtsextrem eingestuft, Anfang Mai hatte die Behörde aber eingelenkt und bekannt gegeben, die Partei bis zu einer Gerichtsentscheidung über ein Eilverfahren nicht mehr öffentlich als „gesichert rechtsextremistische“ Bestrebung zu bezeichnen.

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„Zudem halten wir Verhalten wie auch Äußerungen von Abgeordneten Ihrer Fraktion für unvereinbar mit der demokratischen Grundordnung wie mit den Regeln des demokratischen Miteinanders“, schreiben Spahn und Miersch weiter. So mache sich „jedes Mitglied Ihrer Fraktion“ allein schon durch die Zugehörigkeit mit „Art und Inhalt dieses Verhaltens und dieser Äußerungen gemein“.

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Daher seien Union und SPD „unabhängig von einer etwaigen Vorstellung in unseren Gremien grundsätzlich zu der Entscheidung gekommen, Mitglieder Ihrer Fraktion nicht in repräsentative Ämter zu wählen“.

Trotz des parlamentarischen Rechts auf einen Vizepräsidentenposten lehnten die anderen Fraktionen die AfD bislang ab. 2017 hatte die Partei Albrecht Glaser als Kandidaten aufgestellt. Im Jahr darauf sowie 2019 ging Mariana Harder-Kühnel mehrfach an den Start, scheiterte aber jeweils in allen drei Wahlgängen.

Rechtlich nicht verbindlicher Anspruch auf Vizepräsidentenposten

Den ehemaligen Luftwaffenoffizier Gerald Otten hätte die AfD bereits 2019 gern auf dem Vizepräsidentenposten gesehen. Doch damals fiel er ebenso nach mehreren Wahlgängen durch, wie zuletzt im März 2025. Nach Otten nahm die AfD mit Kaufmann, einem Professor für Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik, einen weiteren Anlauf. Kaufmann ist seit Oktober 2021 Mitglied des Bundestags und ordentliches Mitglied im Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung. Außerdem ist er stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung sowie im Haushaltsausschuss.

Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GO-BT) sieht vor, dass jede Fraktion durch mindestens einen Vizepräsidenten im Präsidium vertreten sein soll. Was sich zunächst nach einem klaren Anspruch anhört, ist aber rechtlich nicht verbindlich und kann daher auch nicht eingeklagt werden.

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Das liegt daran, dass der Bundestag die Vizepräsidenten wählt, und zwar mit der Mehrheit der Mitglieder. Jeder einzelne Abgeordnete ist frei in seiner Entscheidung, ob und welchem Kandidaten er seine Stimme gibt. Gemäß Artikel 38 des Grundgesetzes ist er nur seinem Gewissen verpflichtet. Es gibt also kein automatisches Anrecht einer Fraktion auf einen Vizepräsidentenposten, wenn deren Kandidaten keine Mehrheit bekommen.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2022 bestätigt, dass diese Praxis verfassungsgemäß ist. So muss sich der Bundestag als Ganzes zwar an seine eigene Geschäftsordnung halten, doch sind einzelne Abgeordnete nicht gezwungen, einen bestimmten Anwärter zu wählen.



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