Arbeitsministerin: Forderung nach längerer Lebensarbeitszeit ist „Scheindebatte“

Am Mittwoch will die Regierung die ersten rentenpolitischen Vorhaben beschließen. Arbeitsministerin Bärbel Bas wies die viel diskutierte Forderung von Wirtschaftsministerin Reiche nach einer längeren Lebensarbeitszeit zurück. Sie spricht von einer „Scheindebatte“.
Titelbild
Ein älterer Mann mit E-Bike auf der Straße.Foto: AlexLinch/iStock
Epoch Times2. August 2025

Die Bundesregierung will in der kommenden Woche ihre ersten rentenpolitischen Vorhaben auf den Weg bringen. In der Kabinettssitzung am 6. August sollen die Verlängerung des garantierten Rentenniveaus und die Ausweitung der Mütterrente beschlossen werden.

Ein tragfähiges Konzept in der Rentenpolitik zu finden, ist eines der wichtigsten Vorhaben der schwarz-roten Koalition. Union und SPD hatten sich die baldige Umsetzung eines Rentenpakets vorgenommen. So soll die sogenannte Haltelinie, also die Festsetzung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des Durchschnittseinkommens, bis 2031 garantiert werden. Die bisherige Garantie läuft in diesem Jahr aus.

Bei der Ausweitung der Mütterrente geht es um Kinder, die vor 1992 geboren sind. Auch für sie wird bei der Rentenberechnung fortan die Erziehungsleistung von Müttern beziehungsweise Vätern im vollen Umfang von drei Jahren anerkannt.

Das geplante Rentenpaket umfasst zudem die sogenannte Aktivrente, mit der Arbeiten im Alter attraktiver gemacht werden soll. Außerdem sollen Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren mit der sogenannten Frühstartrente ein kapitalgedecktes Altersvorsorgedepot vom Staat erhalten. Diese Vorhaben sollen jedoch noch nicht am kommenden Mittwoch im Kabinett beschlossen werden.

Arbeitsministerin gegen längere Lebensarbeitszeit

Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) wies die viel diskutierte Forderung von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) nach einer längeren Lebensarbeitszeit zurück. Sie spricht von einer „Scheindebatte“. „Viele erreichen aus gesundheitlichen Gründen bereits das jetzige Renteneintrittsalter nicht. Für diese Menschen wäre das eine Rentenkürzung“, sagte Bas.

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„Wir müssen also erstmal dafür sorgen, dass die Leute länger gesund arbeiten können“, fügte die Ministerin hinzu. Auch die Möglichkeit der Frühverrentung für langjährig Versicherte darf nach ihren Worten nicht abgeschafft werden. „Wer 45 Jahre geackert hat, für den muss auch mal Schluss sein.“

„Wer gleichzeitig über eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit und die Abschaffung der Rente für langjährig Versicherte spricht, hat von der Lebensrealität vieler Menschen keine Ahnung und macht ihnen Angst“, sagte Bas. Sie sehe nicht, dass die SPD dem Vorschlag zustimmen würde, sagte Bas, die auch SPD-Ko-Parteivorsitzende ist, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Reiche hatte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in der vergangenen Woche gesagt, die Lebensarbeitszeit müsse steigen. Der demografische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machten das „unumgänglich“. Es könne „auf Dauer nicht gut gehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen“. Was im Koalitionsvertrag an Reformen stehe, werde auf Dauer nicht reichen, so Reiche.

Der Vorstoß wird viel diskutiert. Es gab bereits heftige Kritik aus der SPD. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) sagte den Sendern RTL und ntv: „Sowas sagt sich ganz einfach, wenn man irgendwie im schönen Sessel in Berlin sitzt. Aber man sollte mal hinausgehen zu den Menschen ins Land, die als Dachdecker auf dem Dach stehen, die als Pflegekräfte arbeiten, die als Erzieherin arbeiten und sich wirklich kaputt machen“, betonte Klingbeil.

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CDU: Mario Voigt gegen starre Altersgrenzen

Der thüringische Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) steht dem Vorschlag von Reiche kritisch gegenüber. „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, hat ein Recht auf einen würdevollen Ruhestand – und auf eine Rente, von der man leben kann“, sagte Voigt dem „Stern“. „Alles andere ist ungerecht.“

„Ich lehne ein höheres Renteneinstiegsalter entschieden ab“, so Voigt. „Für viele Menschen, vor allem in körperlich belastenden Berufen, ist ein solches Modell realitätsfern und schlicht nicht zumutbar.“ Und weiter: „Statt immer neue Belastungsdebatten zu führen, brauchen wir ein Rentensystem, das fair ist.“ Dies gelte gegenüber denen, die jahrzehntelang eingezahlt hätten, aber auch gegenüber künftigen Generationen.

Aus Sicht des Länderchefs, der auch Mitglied des CDU-Präsidiums ist, führen pauschale Anhebungen des Renteneintrittsalters in die falsche Richtung. „Was wir brauchen, sind flexible Übergänge statt starrer Altersgrenzen“, sagte Voigt.

So sollte jeder, der über das gesetzliche Rentenalter hinaus arbeiten wolle, das freiwillig tun können. Als Beispiel nannte er die geplante „Aktivrente“. Der Ministerpräsident fügte hinzu: „Die Diskussion um die Zukunft der Rente darf nicht auf dem Rücken derjenigen geführt werden, die das Land über Jahrzehnte getragen haben.“

FDP erinnert an Aktienrente

Auch die Grünen und die Linkspartei hatten Reiches Vorstoß kritisiert. FDP-Chef Christian Dürr hingegen stellte sich hinter Reiche und bekräftigte gleichzeitig erneut seine Forderung nach einer Aktienrente.

Der FDP-Parteivorsitzende Christian Dürr erklärte in der „Augsburger Allgemeinen“: „Es ist gut, dass Wirtschaftsministerin Reiche selbst erkennt, wie unrealistisch die aktuellen Rentenversprechen von Union und SPD sind“.

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Eine stabile Rente sei aber nicht nur durch eine längere Lebensarbeitszeit zu erreichen. „Anstatt der immer weiter steigenden Beiträge für die arbeitende Generation, braucht es endlich steigende Rücklagen – und das gelingt nur mit einem kapitalgedeckten System wie der Aktienrente“, erklärte Dürr. Die FDP fordert bereits seit Längerem die Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung durch an den Börsen angelegte Beiträge.

Die Zahl der Beamten reduzieren

SPD-Chef Lars Klingbeil hatte vor seiner Ernennung zum Finanzminister und Vizekanzler bereits eine „echte Reform“ des Rentensystems angeregt und dafür auch eine Erweiterung des Beitragszahler-Kreises ins Spiel gebracht.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will im Zuge der Rentenreform langfristig auch die Zahl der Beamten reduzieren. „Ich möchte nur eins: Dass wir nur noch dort verbeamten, wo es wirklich hoheitliche Aufgaben gibt, bei Polizisten, bei Richtern, bei Staatsanwälten, bei Finanzbeamten, bei Zollbeamten – aber dann ist irgendwann gut“, hatte er Linnemann am Donnerstagabend laut „Bild“ beim Tag des Handwerks in Paderborn gesagt. In den Ministerien müsse „nicht jeder verbeamtet werden, übrigens auch nicht in den Verwaltungen“.

2023 gab der Staat laut statistischem Bundesamt rund 86 Milliarden Euro für Pensionen, Hinterbliebenenversorgung und Beihilfen aus. (afp/dpa/red)



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