Bärbel Bas: Affront mit Arbeitgebern „nicht so gemeint oder nicht so gesagt“

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hat sich in der Auseinandersetzung mit Arbeitgebern erklärt. Sie fühlt sich missverstanden und betont den Wert von Sozialpartnerschaften. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) findet es „sehr komisch“, dass beim Arbeitgebertag seine Parteikollegin ausgelacht wurde, er selbst aber nicht, obwohl er beim selben Treffen das Gleiche gesagt habe.
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Ihre Rede beim Arbeitgebertag am 25. November 2025 sorgte für Heiterkeit – vier Tage später sagte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) auf dem Juso-Kongress in Mannheim den Arbeitgebern den Kampf an. Nun fühlt sie sich missverstanden.Foto: Carsten Koall/Getty Images
Von 4. Dezember 2025

In Kürze:

  • Bärbel Bas legt dar, wie sie sich auf dem Arbeitgebertag gefühlt hat. Gleichzeitig sieht sie sich missverstanden.
  • Nach SPD-Fraktionschef Matthias Miersch stellt sich auch SPD-Finanzminister Lars Klingbeil schützend vor Arbeitsministerin Bärbel Bas
  • Bas hatte den Arbeitgebern auf dem Juso-Parteitag den Kampf angesagt, nachdem sie wenige Tage zuvor bei einer Rede ausgelacht worden war
  • Wirtschaftsvertreter bitten Bas per „Brandbrief“ um mehr Respekt

 

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) fühlt sich im Konflikt mit dem Arbeitgeberverband missverstanden. Im ntv-Talk Spezial „Ohne Frauen kein Aufschwung“ vom 3. Dezember berichtet sie, wie sie das Gelächter beim Arbeitgebertag getroffen hat. Zudem verteidigte die Ministerin ihre Rede auf dem Juso-Parteitag.

Gleich zu Beginn der Gesprächsrunde sagt Bas:

Ich glaube, viele, die auch hier im Publikum sitzen, kennen vielleicht das Gefühl, wenn man vor einem Publikum ist – und da ist es, glaube ich, auch egal, ob man Mann oder Frau ist, wenn man am Ende dann ausgelacht wird.“

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Auch Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hat seiner Parteikollegin den Rücken gestärkt. Am Abend des 3. Dezember 2025, zu Gast in der ARD-Sendung „Maischberger“, gab Klingbeil seiner Vermutung Ausdruck, dass frauenfeindliche Gründe hinter jenem Gelächter gesteckt haben könnten, das auf dem Arbeitgebertag während eines Bühnenvortrags von Bas erklungen war:

„Ich hab‘ kurz vor Bärbel Bas auf diesem Arbeitgebertag geredet. Mir wurde applaudiert. Die Frau wird ausgelacht“, leitete Klingbeil seine Verteidigung ein. Er finde das „auch sehr komisch“, zumal Bas und er selbst „das Gleiche gesagt“ hätten. Und weiter:

Ich wundere mich schon, dass es dann immer auch Ministerinnen trifft, die dann am Ende ausgelacht werden. Und ich kann total nachvollziehen, dass man dann einfach noch mal sagt, das akzeptiere ich nicht, dass so mit mir umgegangen wird“ (Kurzvideo auf X).

Klingbeil hätte sich „Dazwischengehen“ von Arbeitgeberseite gewünscht

Noch einmal auf das Thema angesprochen, sagte Klingbeil in Richtung Arbeitgeber:

Da hätte auch mal jemand dazwischengehen können und sagen können, so gehen wir unter Demokratinnen und Demokraten nicht miteinander um.“

Ihm selbst sei wichtig, dass „Gewerkschaften, Arbeitgeber, Verwaltung, Politik in der demokratischen Mitte dieses Landes zusammenarbeiten“, so der Bundesfinanzminister. „Wir sollten die Polarisierung nicht vorantreiben, sondern wir sollten gemeinsam nach Lösungen suchen. Das ist meine feste politische Überzeugung, und das teilt Bärbel Bas auch.“

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Matthias Miersch, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, hatte sich schon am Dienstag schützend vor seine Arbeitsministerin gestellt.

„Ich glaube, wir sind uns alle hier einig, dass das Auslachen einer Ministerin an dieser Stelle überhaupt nicht geht“, betonte Miersch auf einer Pressekonferenz in Berlin. Seiner Meinung nach sollte sich der Arbeitgeberpräsident noch einmal überlegen, „wie man damit umgeht“. Er hoffe, dass „gerade die Arbeitgeberseite“ wieder „zur Sachlichkeit“ zurückkehre (Kurzvideo auf X).

Bas‘ Rede beim Arbeitgebertag sorgte unfreiwillig für Heiterkeit

Was war geschehen? Alles hatte seinen Anfang am 25. November auf dem Arbeitgebertag im Berliner Congress Center genommen. Dort war Bas als Rednerin ausgelacht worden, weil sie erklärt hatte, dass die von der SPD anvisierte 48-prozentige Haltelinie bei der Rente aus Steuermitteln finanziert werde, die Beitragszahler also nicht damit belastet würden (Kurzvideo auf X).

Den Unternehmern war offensichtlich aufgefallen, dass es sich bei den Beitragszahlern in der Regel zugleich um Steuerzahler handelt, höhere Kosten also von denselben Bürgern und ihren Arbeitgebern getragen werden müssen. Bas ließ diesen Umstand vor Ort unerwähnt. Im ntv-Interview sagte sie dazu:

„Und am Ende noch der Lacher, als ich erklärt habe, ob ich Beitragszahlung mache oder Steuerzahlung mache, ist schon ein Unterschied. Und am Ende eskalierte es dann ein Stück weit in diesem Lacher, den man im ersten Moment vielleicht so gefühlt hat. Aber auf der anderen Seite hat es mich gekränkt, weil ich gedacht habe, ich rede hier gerade über Leute, die wenig haben.“

Vier Tage später wollte die Ministerin den Vorfall auf dem Juso-Parteitag noch einmal klarstellen, so Bas im Interview bei ntv. Ohne das Wort Arbeitgeber ausdrücklich zu erwähnen, schrieb sie in Mannheim zunächst jenen Kräften, die gegen einen „starken Sozialstaat“ seien, die Rolle eines Angreifers zu. Neben „neoliberalen Dogmen und Sparpolitik“ kritisierte sie jene, „die soziale Sicherheit nur als Kosten“ begriffen, Sozialpartnerschaften aufkündigten und betriebliche Mitbestimmung als „lästige Pflicht“ betrachteten.

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Bas: Ablehnung von „Männern in bequemen Sesseln“ und „Maßanzug“

Dann wurde sie noch deutlicher: „Da saßen sie, ich sag’ das jetzt mal ganz offen, die Herren, ja, meistens waren‘s Männer, in ihren bequemen Sesseln, der eine oder andere im Maßanzug“, fuhr die Ministerin gegenüber ihrem Parteinachwuchs fort, „und die Ablehnung war deutlich zu spüren“.

Bas weiter: „Während sie lachten, hab‘ ich allerdings an die Menschen gedacht, die auf unsere Solidarität angewiesen sind. Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben. Oft körperlich hart, oft schlecht bezahlt, oft bis an die Grenzen ihrer Kraft. Und dieser Moment hat mir noch einmal gezeigt, wo die Linien in diesem Land wirklich verlaufen: nicht zwischen Jung und Alt […], sondern zwischen Arm und Reich. Zwischen denen, die Sicherheit brauchen, und denen, die sie für verhandelbar halten“ (Kurzvideo auf X).

Ihr Auftritt beim Arbeitgebertag sei für sie ein „Schlüsselerlebnis“ gewesen, betonte Bas. Denn dort sei besonders deutlich geworden, „gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“ und dass die SPD „diesen Kampf jetzt aufnehmen“ müsse (Kurzvideo auf X).

Mittelstandsvertreter verärgert: „Bruch mit dem Geist von sozialer Marktwirtschaft“

Bas‘ Auftritt bei den Jusos weckte nicht nur den Unmut von Christian von Stetten (CDU), dem Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, der die Ministerin gegenüber der „BILD“  als „Fehlbesetzung im Amt“ bezeichnete. Auch 15 mittelständische Wirtschaftsverbände wehrten sich am Dienstag mit einem gemeinsamen Brandbrief (PDF) gegen die Worte der Ministerin.

Schon in der Überschrift forderten sie von Bas „Respekt gegenüber dem Mittelstand als Fundament unseres Gemeinwesens“ ein. Mit ihrer Mannheimer Rede habe sie nicht nur das Publikum des Arbeitgebertags getroffen, sondern auch „Millionen von Selbständigen, Unternehmerinnen und Unternehmern im Mittelstand, ebenso ihre Beschäftigten, Auszubildenden und Familien“. Kurz: Menschen, die „die Grundlage all jener sozialen Leistungen legen, die unser Gemeinwesen ausmachen — einschließlich derjenigen Sozialpolitik, die die Bundesregierung aktuell weiter ausbaut“. Und weiter:

Wenn eine Bundesministerin öffentlich den Eindruck vermittelt, Unternehmerinnen und Unternehmer seien Gegner, gegen die ‚gemeinsam gekämpft‘ werden müsse, dann stellt dies einen Bruch mit dem Geist von sozialer Marktwirtschaft, partnerschaftlichem Dialog und gesellschaftlichem Respekt dar.“

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Unstimmigkeiten noch nicht ausgeräumt?

Die Verbandsvertreter baten Bas darum, „ihre Aussagen öffentlich zu präzisieren und klarzustellen, dass Sie [Bas] den Mittelstand nicht als Gegner verstehen, sondern als unverzichtbaren Teil unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stabilität“. Einem konstruktiven Dialog stehe man weiter offen.

Im ntv-Talk sagte die Ministerin, man würde auch eine andere Seite von ihr kennen. Sie habe etwa in der Vergangenheit den Mindestlohnkompromiss gegenüber der eigenen Partei verteidigt und den Wert von Sozialpartnerschaften betont. „Ich hätte jetzt alle Arbeitgeber oder Arbeitgeberinnen oder Unternehmerinnen und Unternehmer irgendwie als Todfeind erklärt“, sei nicht richtig. Das habe sie „nicht so gemeint oder gesagt“.

Nach Ihrer Rede mit dem Lacher auf dem Arbeitgebertag hätten sich zudem viele Anwesenden entschuldigt.

Ich habe hinterher erlebt, dass viele im Nachgang zu mir gekommen sind. Also das fand ich dann auch eine tolle Geste, muss ich sagen, denn das war schon angespannt.“

Finanzminister Klingbeil hatte bei Maischberger angekündigt, sich am 4. Dezember persönlich mit den Arbeitgebern zu treffen.

Auf die Frage von Sandra Maischberger, ob Bas ihn dabei begleiten solle, antwortete Klingbeil: „Ich geb‘ doch Frau Bas keine Tipps. Wir leben nicht in Zeiten, wo die Männer den Frauen sagen, was sie machen sollen“ (Video ab ca. 29:15 Min. in der ARD-„Mediathek“).



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