15 Patienten ermordet? – Berliner Palliativarzt schweigt im Prozess

Wegen 15-fachen Mordes an Patienten muss sich seit Montag ein Palliativarzt vor dem Berliner Landgericht verantworten. Der Prozess begann mit der Verlesung der Anklageschrift.
Der 40-Jährige soll zwischen September 2021 und Juli 2024 in Berlin zwölf Frauen und drei Männer getötet sowie anschließend in einigen der Wohnungen Feuer gelegt haben, um seine Taten zu verdecken. Am ersten Prozesstag schwieg er zu den Vorwürfen.
Vertrauensstellung ausgenutzt
Der Angeklagte habe unter Missachtung des Lebens und der Selbstbestimmung gehandelt und sich als „Herr über Leben und Tod“ aufgespielt, hieß es in der von Staatsanwalt Philipp Meyhöfer verlesenen Anklage. Er habe seine Patienten unter dem Vorwand ärztlicher Fürsorge aufgesucht und Hausbesuche angekündigt.
Dabei habe er bereits eine Tötungsabsicht gehabt. Der Angeklagte habe „bewusst ausgenutzt, dass ihm als Arzt vollstes Vertrauen entgegengebracht wurde“, sagte Meyhöfer.
Der Mediziner, der unter anderem bei einem auf Palliativversorgung spezialisiertem Kreuzberger Pflegedienst angestellt war, verabreichte den Patientinnen und Patienten der Anklage zufolge ohne medizinische Indikation ein Narkoseeinleitungsmittel und anschließend ein Medikament, das die Muskeln entspannt.
Dieses sogenannte Muskelrelaxans führte jeweils zu einer Lähmung der Atemmuskulatur und dann innerhalb weniger Minuten zu Atemstillstand und Tod. Meyhöfer zufolge wusste der Mediziner von dieser Wirkung und davon, dass die Medikamente ohne Beatmung unweigerlich zum Tod führen würden.
Dem Staatsanwalt zufolge waren in einigen wenigen Fällen sogar Angehörigen vor Ort, während der Angeklagte die tödlichen Medikamente verabreichte.

Die Rechtsanwälte des angeklagten Palliativmediziners. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Brände gelegt, um Taten zu vertuschen
In mindestens fünf Wohnungen legte er den Ermittlern zufolge Feuer, um seine Taten zu vertuschen. So soll er im Juni 2022 eine 70-jährige Patientin getötet und anschließend ihre Wohnung in Tempelhof angezündet haben. Im Juni 2024 tötete er laut Staatsanwaltschaft eine 87-Jährige in ihrer Wohnung in Neukölln und legte dort ebenfalls einen Brand. In diesem Fall konnten die Rettungskräfte die Frau zunächst noch reanimieren, kurze Zeit später starb sie aber im Krankenhaus.
Rund einen Monat später versuchte der das Gleiche in der Wohnung einer 76-Jährigen in Neukölln, die er zuvor getötet haben soll. Da das Feuer erlosch, missglückte die Brandstiftung in diesem Fall aber. Als er dies bemerkte, soll er den Ermittlern zufolge noch einen Angehörigen der Frau informiert und behauptet haben, dass er vor deren Wohnung stehe und auf sein Klingeln niemand reagiere.
Nur eine Woche später steckte der Mediziner laut Staatsanwaltschaft die Wohnung einer 94-jährigen Neuköllnerin in Brand, weitere zehn Tage später die einer 72 Jahre alten Patientin im Stadtteil Plänterwald. Beide Frauen soll er ebenfalls zuvor getötet haben.
Schließlich schöpfte der Pflegedienst Verdacht, und die Ermittlungen kamen ins Rollen. Seit August 2024 sitzt der Arzt in Untersuchungshaft.
Zahl der Opfer steigt
Der ursprünglich gegen den Mediziner erlassene Haftbefehl wurde immer wieder um neue Tatvorwürfe erweitert. Während die Ermittler anfangs von vier Opfern ausgingen, stieg deren Zahl bis heute.
Die Opfer der nun angeklagten Taten waren zwischen 25 und 94 Jahre alt. Sie lebten in den Stadtteilen Tempelhof, Neukölln, Britz, Schöneberg, Köpenick, Gropiusstadt, Kreuzberg und Plänterwald.

Die Vorsitzende Richterin Sylvia Busch im Gerichtssaal. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es bei insgesamt 96 Fällen einen Anfangsverdacht. Dazu zählt auch der Tod der Schwiegermutter des Angeklagten. Im Zuge der Ermittlungen wurden bereits 15 mutmaßliche Opfer exhumiert.
Für den Prozess sind 35 Termine bis Januar kommenden Jahres angesetzt. Die Staatsanwaltschaft strebt neben einer Verurteilung wegen Mordes die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, eine an die Haft anschließende Sicherungsverwahrung und die Anordnung eines lebenslangen Berufsverbots an. 13 Angehörige treten als Nebenkläger auf. (afp/red)
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