Berliner Stromausfall war Anschlag auf Technologiepark – Bekennerschreiben von einigen „Anarchist:innen”

Zehntausende Berliner Haushalte traf ein Stromausfall mitten in der Nacht. Grund ist nach ersten Ermittlungen der Polizei vermutlich ein politisch motivierter Brandanschlag auf zwei Strommasten in der Hauptstadt, der die dortige Energieversorgung lahmlegt.
Das Feuer zerstörte mehrere dicke Starkstromleitungen am Fuß der Masten am Königsheideweg im Bezirk Treptow-Köpenick nahe einem Wohnviertel mit Einfamilienhäusern und viel Grün. Eine Stunde brauchten Feuerwehrleute, um den Brand zu löschen. Die Täter hatten nach ersten Erkenntnissen einen Brandbeschleuniger, also etwa Benzin, eingesetzt.
Mobilfunk- und Festnetzverbindungen sowie die Erreichbarkeit der Notrufe 110 und 112 waren teilweise gestört. Die Polizei forderte dazu auf, sich in dringenden Notfällen direkt an die nächstgelegene Wache zu wenden.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erklärte, der Stromausfall sei „die Folge eines gefährlichen Anschlags, der sich unmittelbar gegen die Berlinerinnen und Berliner richtet“. Mit dem Angriff würden „bewusst Menschenleben und die Sicherheit unserer Stadt gefährdet“. Wegner dankte allen Einsatzkräften. Er habe „volles Vertrauen“ in die Ermittlungsbehörden. „Berlin lässt sich nicht einschüchtern“, erklärte Wegner.
Bekennerschreiben auf linksradikaler Internetseite
Die Polizei prüft mittlerweile ein Bekennerschreiben. In dem auf der linksradikalen Internetseite „Indymedia“ veröffentlichten Text hieß es, der Anschlag habe sich gegen den Technologiepark Adlershof im Südosten Berlins gerichtet.
Weiter schrieben die Autoren: „Den technologischen Angriff sabotieren – dem militärisch-industriellen Komplex den Saft abdrehen.“ Unterzeichnet wurde das Schreiben mit: „Einige Anarchist:innen“.
„Zwei 110KV Strommasten in der Königsheide in Johannisthal wurden durch Brandstiftung der Saft abgedreht und damit ein Blackout im Technologiepark verursacht“, hieß es in dem Text. Dort seien Firmen und Forschung aus den Bereichen IT, Robotik, Bio- & Nanotech, Raumfahrt, KI, Sicherheits- und Rüstungsindustrie vertreten.
Jedes denkbare Geschäftsmodell dieser Hightech-Industrie fungiere auf die ein oder andere Weise systemstabilisierend und sei unter anderem ein Produkt militärischer Interessen, hieß es.
Kritische Infrastruktur anzugreifen, bedeute nach Ansicht der mutmaßlichen Täter, eine der „Hauptadern der Unterwerfung des Menschen über den Menschen und der Natur anzugreifen“. Dass auch Privathaushalte von dem verursachten Stromausfall betroffen waren, sei ein vertretbarer „Kollateralschaden“, heißt es in dem Bekennerschreiben.
Reparatur: „Wir können keine neuen Masten aufstellen“
Die Arbeiten an der Stromversorgung könnten noch bis Mittwoch dauern. „Wir richten uns darauf ein, dass wir nicht heute damit fertig werden“, sagte Stromnetz Berlin-Geschäftsführer Erik Landeck vor Ort. Die technischen Arbeiten können erst beginnen, wenn die Polizei mit der Spurensuche vor Ort fertig sei.
In Berlin kommt es gelegentlich zu Stromausfällen, allerdings von kleinerem Ausmaß. „Diese Dimension ist die absolute Ausnahme“, sagte ein Sprecher von Stromnetz Berlin.
Der Alarm ging um 3:30 Uhr ein. Kurz nach 10:00 Uhr seien bereits mehr als 14.000 Kunden von 50.000 Betroffenen wieder versorgt gewesen, sagte Landeck.
Das sei durch die Inbetriebnahme von Kabeln, die eigentlich außer Betrieb waren, gelungen. Für die restlichen Kunden werde es wegen der Reparaturen etwas länger dauern. „Wir werden keine neuen Masten aufstellen können.“
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Polizei ermittelt, ob es ein politischer Anschlag war
Kriminaltechniker untersuchten am Morgen den Tatort im Stadtteil Johannisthal. Hinweise auf einen Anschlag mutmaßlich durch politische Extremisten seien die Wahl der beiden Strommasten als Anschlagsziel und das Vorgehen der Täter, hieß es von der Polizei. Ein Anwohner erzählte, eine Nachbarin habe nachts „ein Knistern und einen Knall“ gehört.
Die Ermittlungen übernahm der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz des Landeskriminalamts. Auf den großen Durchgangsstraßen von Köpenick Richtung Innenstadt und auch in den Wohnvierteln blieb es laut Polizei ruhig. Auch von mehr Unfällen oder sonstigen Zwischenfällen wurde nichts bekannt.
Ampeln und Geschäfte lahmgelegt
Polizisten regelten an Kreuzungen mit ausgefallenen Ampeln den Verkehr. „Wir sind auch sonst auf den Straßen präsent, um ansprechbar zu sein“, sagte eine Polizeisprecherin. S-Bahnen fuhren, viele Lautsprecheransagen, Anzeigen, Aufzüge und Fahrkartenautomaten funktionierten jedoch nicht.
Das große Einkaufszentrum Schöneweide wirkte wie ausgestorben, am Vormittag waren die Geschäfte dunkel, Verkäufer saßen drinnen. Nur ein großer Supermarkt war hell erleuchtet. Bei einem anderen stand ein Einkaufswagen mit einem Schild quer in der geöffneten Ladentür: „Geschlossen Stromausfall !!!!“
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Ein Friseur sagte, er habe sich schon beim Aufstehen gewundert: „Alles war so dunkel.“ Im Laden habe es dann am Morgen geheißen: „Wir können nicht arbeiten.“ Bis mittags habe sich das auch nicht geändert, es sei zu dunkel in den Räumen.
Eine Apothekerin sagte: „Wir müssen Kunden wegschicken, wir können nicht kassieren, wir können die Rezepte nicht einlösen. Wir mussten unsere Kühlware woanders hinbringen und das ganz, ganz schnell.“ Heutzutage sei alles digital und das mache es ohne Strom sehr schwierig.
Senatorin schickt Lautsprecherwagen für Infos an die Anwohner
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) schickte Lautsprecherwagen in die betroffenen Ortsteile. Sie sollen „die Bevölkerung unter anderem über Anlaufpunkte informieren“. Sie habe vereinbart, dass noch am Dienstag zwei sogenannte Katastrophenschutz-Leuchttürme, das sind Anlaufstellen mit Personal und Stromversorgung, aufgebaut und in Betrieb genommen werden sollten.
Nach Angaben der Stromnetz-Betreiber ist der Fall vergleichbar mit einer Störung 2019 in Köpenick. Damals war ein Kabel bei Bauarbeiten beschädigt worden. Der Stromausfall traf mehr als 30.000 Haushalte und 2.000 Gewerbebetriebe und dauerte rund 30 Stunden. (dpa/red)
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