Bildungsmonitor deckt auf: Schulqualität seit 2015 im Abwärtstrend

Die Qualität der deutschen Schulen hat sich nach Einschätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) auch im Jahr 2025 weiter verschlechtert. In zwei Wochen soll der IW-Bildungsmonitor für 2025 offiziell vorgestellt werden. Auszüge daraus liegen der „Welt am Sonntag“ bereits vor. „Die Lage an Deutschlands Schulen bleibt schlecht. Sie hat sich gegenüber 2024 weiter leicht verschlechtert“, sagt Axel Plünnecke, Leiter des Clusters Bildung, Innovation, Migration am IW. Besonders dramatisch ist der Rückgang offenbar im Vergleich zu 2013: Bei Integration und Bildungschancen liegt der Wert um 43,7 Punkte niedriger, bei der Schulqualität beträgt das Minus 28,2 Punkte, bei der Bildungsarmut 26 Punkte.
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Plünnecke spricht von einer „Wasserscheide“ um das Jahr 2015. Bis dahin hätten sich die Schulen verbessert, danach sei die Entwicklung in eine Abwärtsspirale geraten. Hintergrund sei vor allem die hohe Zuwanderung, die das Schulsystem überfordert habe. „2015 kamen deutlich mehr Kinder, als die Kultusminister ursprünglich eingeplant hatten. Viele von ihnen brachten sprachliche und soziale Herausforderungen mit, auf die keine schnellen Antworten gefunden wurden“, so der Experte gegenüber der „Welt am Sonntag“. Noch heute komme gezielte Förderung vielerorts zu spät. Laut IW erreichen bis zu 40 Prozent der Kinder nicht die Mindeststandards beim Lesen. Plünnecke plädiert deshalb für verbindliche Sprachtests im Vorschulalter.
Politische Reaktionen: Konsens bei Sprachtests, Streit über Sanktionen
Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem eine „flächendeckende, verpflichtende Sprach- und Entwicklungsdiagnostik für vierjährige Kinder“ verankert sei. Nur wer Förderbedarf früh erkenne, könne Kindern gezielt helfen. Eltern hätten dabei eine Schlüsselrolle. „Unser Ziel ist es, Chancen zu eröffnen, nicht zu sanktionieren. Aber wenn Hilfe ausbleibt, müssen wir gemeinsam Lösungen finden“, so Prien.
In der Union werden auch schärfere Töne angeschlagen. Die bildungspolitische Sprecherin Anne König fordert, notfalls über „wirksame Sanktionen“ nachzudenken. Bei der SPD stößt dies auf Ablehnung. Zwar unterstütze Bildungspolitikerin Jasmina Hostert verpflichtende Sprachtests, doch seien verbindliche Fördermaßnahmen der richtige Weg – nicht Strafen. Auch die Linke lehnt Sanktionen ab und fordert stattdessen „eine große Ausbildungsoffensive und mehr Mittel für die frühkindliche Bildung“, wie Nicole Gohlke betont.
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Die Grünen sehen verbindliche Sprachtests ebenfalls positiv, warnen aber vor einem Strafsystem. „Sprache ist der Schlüssel zur Welt“, sagt die Abgeordnete Anja Reinalter. „Es geht darum, Eltern mitzunehmen und zu überzeugen.“ Unterstützung statt Druck laute das Motto. Anders bewertet die AfD die Lage. Bildungspolitiker Götz Frömming sieht das eigentliche Problem in Brennpunktschulen, wo kaum Deutsch gesprochen werde. „Für den Spracherwerb ist das familiäre Umfeld entscheidend. Nichts kann ein funktionierendes Elternhaus ersetzen.“
Fachleute warnen vor hohen Folgekosten
Bildungsforscher mahnen zu entschlossenem Handeln. „Die Bildungskarriere eines Kindes wird im Kindergarten gemacht. Wer hier nicht fördert, verursacht später enorme Folgekosten“, sagt Havva Engin von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Prävention sei günstiger als lebenslange Reparatur.
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Auch die Lehrerverbände schlagen Alarm. „Wir können die aktuellen Schülerzahlen mit originär ausgebildeten Lehrkräften gar nicht mehr abdecken“, warnt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung. Immer häufiger brächten Kinder auch familiäre Probleme mit in die Schule – eine Last, die Lehrkräfte allein nicht tragen könnten. Brand fordert kleinere Klassen, bessere Qualifizierung von Quereinsteigern und stärkere Unterstützung durch Kommunen und Vereine. „Schule kann nicht alles richten. Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Gutachten aus April fordert Investitionen
Der Bildungsmonitor steht mit seiner pessimistischen Einschätzung nicht allein. Ein aktuelles Sondergutachten, dass das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im April unter dem Titel „Bildungspolitik – Was jetzt zu tun ist“ veröffentlicht hat, warnt, dass das deutsche Bildungssystem den wachsenden Anforderungen von Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischem Wandel nicht gewachsen sei.
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„Das Bildungssystem trägt den genannten Anforderungen gegenwärtig nicht in ausreichendem Maße Rechnung. Es sind daher in den kommenden Jahren weitere Investitionen in das Bildungssystem notwendig“, heißt es in dem Bericht. Studien wie PISA und der IQB-Bildungstrend belegten rückläufige Schülerleistungen, vor allem im Lesen und in Mathematik. Zudem verfügten laut ICILS 2023 rund 40,8 Prozent der Schüler nur über geringe computer- und informationsbezogene Kompetenzen, während lediglich 1,1 Prozent die höchste Stufe erreichten.
Die Autoren verweisen auch auf wachsende Ungleichheit: Der Anteil minderjähriger Kinder aus Haushalten ohne Berufsabschluss sei von 11,4 Prozent im Jahr 2011 auf 17,6 Prozent im Jahr 2021 gestiegen, bei den 15-Jährigen habe der Anteil mit Migrationshintergrund inzwischen 38,7 Prozent erreicht.
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