Brandbrief an Kanzler Merz: Betriebsräte schlagen Alarm – und fordern Moratorium bei Energiewende

Nach zwei Monaten, die Anlass zur Hoffnung gegeben hatten, war die Auftragslage für die deutsche Industrie im Mai des Jahres wieder rückläufig. Gegenüber April sank die Zahl der Aufträge dem Statistischen Bundesamt zufolge um 1,4 Prozent. Ohne Großaufträge ergab sich sogar ein Rückgang um 3,1 Prozent.
Besonders gravierend war der Auftragseinbruch mit 7,8 Prozent im Inland. Aber auch in der Eurozone gingen die Aufträge um 6,5 Prozent zurück. Bei den Aufträgen von außerhalb des Euroraums war ein Plus von 9,0 Prozent zu verzeichnen. Wie nachhaltig dieses Wachstum ist, bleibt jedoch offen.
Industrieaufträge sinken erneut – Rückschlag nach kurzer Erholung
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte laut „n-tv“, die Lage bleibe volatil. Angesichts „anhaltender handels- und geopolitischer Unwägbarkeiten“ könne eine erneute Verlangsamung der Industrienachfrage „nicht ausgeschlossen werden“.
Eine mögliche Schlussfolgerung daraus ist, dass der deutliche Anstieg der Auslandsnachfrage zum Teil vorgezogenen Aufträgen geschuldet sei. Am 9. Juli endet die von den USA gesetzte Frist zum Erzielen einer Einigung im Handelskonflikt mit der EU. Kommt keine solche zustande, droht eine deutliche Erhöhung der Einfuhrzölle auf Importe aus Europa in die USA.
[etd-related posts=“5183956″]
Die größten Zuwächse waren mit 18,2 Prozent im Bereich der Metallerzeugnisse zu verzeichnen. Hingegen brachen die Aufträge zur Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten sowie elektronischen und optischen Erzeugnissen mit 17,7 Prozent deutlich ein. Allerdings hatte es im April in diesem Segment einige Großaufträge gegeben.
Betriebsräte warnen vor „schwerster Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“
Vor dem Hintergrund der nach wie vor angespannten Situation deutscher Industriebetriebe im internationalen Wettbewerb hatten in der Vorwoche mehrere Arbeitnehmervertreter einen Brandbrief an Bundeskanzler Friedrich Merz verfasst. Unterzeichnet haben den auf Donnerstag, 3. Juli, datierten Brief Betriebsräte von BASF, ArcelorMittal, LEAG und Lausitz Energie. Dazu kommen Vertreter der Gewerkschaft IGBCE Nordost.
Die Arbeitnehmervertreter weisen auf einen bereits eingetretenen Verlust in der Industrie von rund 100.000 Arbeitsplätzen in den vergangenen Jahren hin. Das könnte erst der Anfang gewesen sein, befürchten die Betriebsräte. Die Unterzeichner sprechen von der „schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“. Realität sei, so heißt es in dem Schreiben, dass „noch nie so viele gute Arbeitsplätze bedroht waren wie heute“.
[etd-related posts=“5183681″]
Von der Bundesregierung regelmäßig angesprochene Unwägbarkeiten in Bereichen wie Bürokratie und Digitalisierung seien zwar berechtigt, schreiben die Betriebsräte weiter, jedoch sei der Elefant ein anderer. Vor allem die deutsche Energiepolitik habe sich „zu einem der gefährlichsten Standort- und Wirtschaftsrisiken entwickelt“.
„Operation am offenen Herzen“: Energiewende gerät ins Kreuzfeuer
Die Verfasser des Brandbriefes sprechen im Zusammenhang mit der Energiewende von einer „Operation am offenen Herzen unserer Volkswirtschaft“, die jedoch „gründlich misslungen“ sei:
„Wir müssen feststellen: Der Patient droht, auf dem OP-Tisch zu sterben.“
Seit 35 Jahren gebe es eine privilegierte Behandlung von Photovoltaik und Windenergie. Dennoch leisteten sie keinen größeren Beitrag zur Versorgungssicherheit als damals – bei gleichzeitiger Verursachung von Netzkosten im dreistelligen Milliardenbereich.
[etd-related posts=“5178945″]
Sowohl aus der Kernenergie als auch aus der Kohle auszusteigen, habe Abhängigkeit geschaffen und die Stromversorgung teurer und unsicherer als je zuvor gemacht. Das Land sei auf „unzuverlässigen PV- und Windstrom und teure Gasimporte“ angewiesen. Die hohen Strompreise, die dadurch entstanden seien, „sind nicht nur sozial ungerecht, sie bedrohen inzwischen auch unsere Wirtschaft und damit unseren Wohlstand und unseren gesellschaftlichen Frieden“.
Industrie mit „Subventionen nach Gutsherrenart“ nicht zufrieden
Mit Blick auf die Beschlüsse des Koalitionsausschusses in der Vorwoche, die Kurskorrekturen andeuteten, äußerten die Betriebsräte ebenfalls Kritik. Dieser hatte unter anderem eine Stromsteuersenkung für energieintensive Unternehmen der Industrie, der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft beschlossen.
Die Verfasser des Brandbriefes sprachen in diesem Kontext von „Subventionen nach Gutsherrenart“, auf die man verzichten könne. Stattdessen brauche man „vernünftige Rahmenbedingungen, damit gute Arbeit und Wertschöpfung in Deutschland wieder Zukunft haben“.
Durch die derzeitigen Schritte, um Industriestrompreise und Netzentgelte durch Subventionen zu drücken, würden „nur Symptome behandelt, die tieferliegenden Ursachen der Energiekrise aber nicht angegangen“.
[etd-related posts=“5177224″]
Nur wenige Tage nach Unterzeichnung des Briefes hat mit dem US-Chemiekonzern Dow Chemical ein weiterer bedeutender Arbeitgeber die Dringlichkeit der Warnungen unterstrichen. Wie der MDR berichtet, will der Konzern einen Teil seiner Anlagen in Böhlen (Sachsen) und Schkopau (Sachsen-Anhalt) bis Ende 2027 schließen.
Betriebsräte fordern Aus für deutschen „Vorreiter“-Anspruch bei Klimaschutz
Dies würde einem Abbau von rund 550 Arbeitsplätzen gleichkommen. Derzeit betreibt Dow Chemical 13 Standorte in Deutschland mit etwa 3.400 Beschäftigten. Zur Begründung der Entscheidung verwies das Unternehmen auf hohe Energie- und Betriebskosten und mangelnde Nachfrage in europäischen Schlüsselindustrien.
Die Betriebsräte, die den Brandbrief an Merz unterzeichnet hatten, fordern eine sofortige „Industrie- und Wirtschaftsagenda 2030“. An die Stelle von „Durchhalteparolen und Schönrednerei“ solle es „endlich klare Aussagen und Signale“ zur Korrektur im Bereich der Energiewende geben.
Zwar fordern auch die Arbeitnehmervertreter einen subventionierten Industriestrompreis von 5 Cent, allerdings solle es zudem auch systemische Kehrtwenden geben – mit einem Stopp des „planlosen“ Zubaus erneuerbarer Energien, einem Ausstieg aus der Abschaltung von Kraftwerken und einem Ende des weltweiten „Vorreiter“-Anspruchs Deutschlands im Klimaschutz.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion