Bundesregierung hilft bislang deutschen Städten nicht, Kinder aus Gaza aufzunehmen

Eine Handvoll deutscher Städte zeigt sich bereit, palästinensische Kinder aus Gaza aufzunehmen. Dazu bedarf es der Unterstützung der Bundesregierung. Diese schweigt auf die Anfrage seit vier Wochen. Stattdessen will sie direkt in Gaza helfen. Die Städte wollen jedoch nicht aufgeben. Auch der niedersächsische Ministerpräsident drückt seine Unterstützung aus. Wer wird sich durchsetzen?
A woman sits with her son Karim Moamer, 3, on her lap inside a hospital ward in Khan Yunis, Gaza on August 17, 2025. He suffers from Fanconi-Bickel syndrome, and his family cannot access adequate treatment due to the ongoing closure of border crossings. (Photo by Doaa Albaz / Middle East Images via AFP) (Photo by DOAA ALBAZ/Middle East Images/AFP via Getty Images)
Eine Frau sitzt am 17. August 2025 mit ihrem dreijährigen Sohn Karim Moamer auf dem Schoß in einem Krankenhauszimmer in Khan Yunis, Gaza. Er leidet an der Erbkrankheit Fanconi-Bickel-Syndrom und seine Familie hat aufgrund der anhaltenden Schließung der Grenzübergänge keinen Zugang zu einer angemessenen Behandlung.Foto: Doaa Albaz/Middle East Images via AFP via Getty Images
Von 3. September 2025

Mehrere deutsche Städte wollen besonders schutzbedürftige Kinder aus Gaza und Israel aufnehmen. Initiiert von Hannover wandten sich die Bürgermeister von ursprünglich fünf Städten in einem gemeinsamen öffentlichen Appell am 4. August an Außenminister Johann Wadephul (CDU) und Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CDU) mit der Bitte, die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die humanitäre Initiative zu schaffen.

Auf den Appell hat die Bundesregierung bislang ausweichend reagiert. Vom Auswärtigen Amt kam allerdings eine direkte Absage an das Ansinnen. Die Staatsministerin Serap Güler (CDU) wird am 6. August von der „Tagesschau“ mit der Aussage zitiert: „Diese Idee ist nett für den Wahlkampf oder um damit punkten zu wollen, den Menschen selbst hilft sie aber nicht“, soll Güler angesichts der anstehenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt haben.

Und weiter: „Viel wichtiger und hilfreicher ist es, Länder in der Region zur Aufnahme zu motivieren.“ Den Menschen könne „am schnellsten und besten direkt in der Region geholfen werden und nicht, indem man sie für den Wahlkampf instrumentalisiert und ihnen diese lange Reise zumutet“, wird Güler zitiert.

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Bundesregierung will Gaza vor Ort helfen

Und so reiste denn auch Ende August die Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) vier Tage lang durch den Nahen Osten. Gegenüber der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah, Westjordanland, versicherte sie, dass Deutschland beabsichtige, den Menschen in Gaza zu helfen, sobald die militärische Lage dies zulasse.

Dies teilte ihr Ministerium am 26. August mit. Geplant seien die Bereitstellung temporärer Unterkünfte, die Reparatur von Wasserleitungen und Schulen sowie Programme für kurzfristige Arbeitsplätze.

Deutschland beabsichtige, nach einem dauerhaften Waffenstillstand zur Wiederherstellung der Grundversorgung beizutragen. 400 Notunterkünfte mit einer Wohnfläche von 17,5 Quadratmetern seien bereits bestellt worden. Geplant sei, dass sich 20 Familien eine Küche und einen Gemeinschaftsraum teilen. „Das Ausmaß der Zerstörung in Gaza – wo 92 Prozent aller Häuser entweder zerstört oder unbewohnbar sind – führt dazu, dass fast jeder entweder in Zelten oder im Freien schläft“, teilte das Entwicklungsministerium mit.

Städte bleiben hartnäckig

Die Städte Hannover, Düsseldorf, Leipzig, Kiel und Bonn sind dennoch gewillt, an ihrer Initiative festzuhalten, wie am 1. September das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) berichtete. Nach Angaben der federführenden Stadt Hannover gegenüber RND würden bereits konkrete Vorbereitungen laufen. „Noch gibt es keine offizielle Reaktion der Bundesregierung auf den Appell“, sagte laut RND der Sprecher der Stadtverwaltung Hannover, Felix Weiper.

Vor Kurzem habe sich nach den Worten von Weiper der niedersächsische Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) für das Anliegen beim Bundesinnenminister und gegenüber dem Auswärtigen Amt eingesetzt. Inzwischen hätten sich auch Hamburg und Freiburg der Initiative angeschlossen. „Zudem wird sich der Deutsche Städtetag voraussichtlich in den kommenden Tagen mit dem Thema befassen“, sagte Weiper gegenüber dem RND.

Die Grünen-Oberbürgermeisterin von Bonn, Katja Dörner, beklagte sich in einem Interview mit der Berliner Tageszeitung „taz“ am 24. August: „Wir haben dem Auswärtigen Amt unser Angebot unterbreitet; bisher haben wir aber noch keine Antwort auf unser Schreiben.“

Die Äußerungen von Staatsministerin Güler bezeichnete Dörner als „zynisch“. „Schließlich findet in Hannover, Leipzig und Kiel überhaupt kein Wahlkampf statt. Als Städte haben wir uns angesichts der schrecklichen Situation in Gaza gefragt: Wie können wir helfen? So wie wir es etwa auch für Menschen aus anderen Krisenregionen, wie etwa der Ukraine, machen“, sagte die Bonner Oberbürgermeisterin.

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Auch Pflegefamilien im Gespräch

Die Stadt Hannover bereite die Aufnahme von Kindern aus dem Gazastreifen konkret vor, erklärt Sprecher Weiper weiter. Es gebe Abstimmungen mit medizinischen Einrichtungen. Auch Plätze für die Aufnahme der Kinder stünden kurzfristig bereit, etwa auch in Pflegefamilien.

„Wir können sofort reagieren, wenn die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Ausreise der Kinder aus der Konfliktregion geschaffen sind“, sagte Hannovers Dezernentin für Jugend, Familie und Sport, Susanne Blasberg-Bense, dem RND.

Aus Bonn werde Ähnliches berichtet. Auch aus Düsseldorf hieß es, dass es „viel Zuspruch aus der Bevölkerung“ gebe. Ein Sprecher der Stadtverwaltung sagte gegenüber RND: „Für das Ausfliegen von Kindern nach Deutschland ist die Landeshauptstadt auf die Unterstützung der Bundesregierung angewiesen. Sobald wir hier die Rückmeldung bekommen, dass entsprechende Vorhaben durch das Auswärtige Amt geplant sind, stehen wir zur Aufnahme bereit und werden dann schauen, welche Netzwerke die Versorgung hier vor Ort wie am besten begleiten können.“

Das Auswärtige Amt reagiert bislang auf keine Anfrage zu dem Thema.

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CSU: Arabische Nachbarn verantwortlich

Nach Informationen von „Bild“ gebe es in Sicherheitskreisen Bedenken, dass per Familiennachzug auch die Angehörigen der Kinder einreisen und dann dauerhaft in Deutschland bleiben könnten. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Hoffmann, sagte unmittelbar nach Bekanntwerden der Städteinitiative der Zeitung, für die mögliche Aufnahme seien „zuallererst die arabischen Nachbarstaaten verantwortlich“.

Hoffmann weiter: „Humanitäre Hilfe muss in unmittelbarer Nähe zu Gaza geleistet werden, damit die Menschen nach den militärischen Aktionen gegen die Hamas auch zurückkehren können. Eine Migrationsbewegung nach Deutschland kann dagegen keine Antwort sein.“

Seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 7.642 Patienten aus dem Gazastreifen evakuiert worden, darunter 5.303 Kinder. Ägypten nahm 3.995 Patienten auf, die Vereinigten Arabischen Emirate 1.450, Katar 970 und die Türkei 439. EU-Mitgliedsländer haben insgesamt lediglich 288 Patienten aufgenommen. Gazas Gesundheitsministerium, das von der Hamas kontrolliert wird, schätzt laut Angaben der WHO, dass mehr als 15.600 Patienten aus dem Gazastreifen medizinisch evakuiert werden müssten.



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