Corona-Enquete-Kommission gestartet: „Chance zur gesellschaftlichen Versöhnung“

Zweieinhalb Jahre nachdem der damalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Corona-Pandemie für beendet erklärt hatte und mehr als fünf Jahre nach Beginn der Pandemie, hat am Montag eine Enquete-Kommission im Bundestag ihre Arbeit aufgenommen.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) bezeichnete sie als „Chance, um zu einer gesellschaftlichen Versöhnung zu kommen“.
AfD-Kandidatin nicht zur Stellvertreterin gewählt
Die frisch gewählte Kommissionsvorsitzende Franziska Hoppermann (CDU) kündigte eine „konstruktive Aufarbeitung“ und „keine Schuldzuweisung“ an. Sie wurde einstimmig in einer öffentlichen geheimen Wahl gewählt.
Bei der Wahl der AfD-Kandidatin Claudia Weiss für den stellvertretenden Vorsitz fand sich hingegen keine Mehrheit. Diese Wahl fand in nicht öffentlicher, geheimer Wahl statt.
Üblich ist, dass die zweitgrößte Fraktion im Bundestag den Stellvertreter in Untersuchungsausschüssen und Enquetekommissionen stellt.
Die Obfrau der SPD in der Enquete-Kommission, Dr. Lina Seitzl, begründete die Ablehnung der AfD-Kandidatin damit, dass die größte Oppositionspartei eine sehr deutlich negative Rolle in der ganzen Pandemiezeit gespielt habe. „Sie stellt wissenschaftliche Fakten ständig wieder infrage.“ Und habe sie auch in der Pandemie infrage gestellt.
Die SPD-Frau räumte ein, dass es mit Blick auf Kinder, Jugendliche, Alleinerziehende und auf Familien einiges aufzuarbeiten gebe und mit den Bundesländern für diese Gruppen Überlegungen für zukünftige Pandemien angestellt werden sollten.
„Gesundheitssystem auf Kante genäht“
Die AfD will sich sehr intensiv anschauen, was die Ursachen für politische Fehlentscheidungen waren. Zudem will sie durch die Aufarbeitung die Spaltung in der Gesellschaft aufbrechen, damit sich alle Menschen wieder durch die Politik mitgenommen fühlen. „Das sind die Themen: Geimpfte und die ganzen Regeln, die in der Zeit gegolten haben“, so der AfD-Obmann in der Enquete-Kommission, Kay-Uwe Ziegler.
Für Dr. Paula Piechotta, Obfrau in der Kommission für Bündnis 90/Die Grünen, habe die Corona-Pandemie die Ungerechtigkeiten und die Probleme in unserer Gesellschaft besser sichtbar gemacht. „Plötzlich wurde noch viel sichtbarer, wie weit wir zurückhängen bei der Digitalisierung, wie sehr unser Gesundheitssystem auf Kante genäht ist“, so die Ärztin.
Ihr gehe es auch, um eine Aufarbeitung darüber, ob es nicht besser gewesen wäre, anstatt dem Bundesgesundheitsminister so viele Ermächtigungen zu erteilen, den Parlamenten, die einen breiteren Teil der Bevölkerung abbilden, ihre Kontrollfunktion gegenüber den Entscheidungen der Regierung zu belassen.
Auch die Kommunikation von wissenschaftlichen Ergebnissen durch die Regierung will sie näher beleuchtet wissen, die viele Menschen überfordert und möglicherweise mit dazu beigetragen habe, dass in Deutschland „so viele Verschwörungstheorien“ auf fruchtbaren Boden gefallen seien.
Die Linke will in der Kommission die Auswirkungen der Pandemie und der Maßnahmen auf den ärmeren Teil der Bevölkerung aufarbeiten, „um zu schauen, dass in Zukunft natürlich alle Menschen, aber insbesondere auch der ärmere Teil der Bevölkerung nicht zusätzlich betroffen wird“, erklärte der Linken-Politiker Ates Gürpinar.
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Ein Gesamtbild der Pandemie aufzeigen
Die Enquete-Kommission war im Juli vom Bundestag eingesetzt worden. Das Gremium soll ein Gesamtbild der Pandemie – deren Ursachen, Verläufe und Folgen – sowie der staatlichen Maßnahmen aufzeigen und bewerten. So sollen Lehren für kommende Pandemien gezogen werden. Ein Abschlussbericht soll bis Ende Juni 2027 vorliegen.
Auf die Frage der Epoch Times, warum sich die Politik so schwer tue mit einer Corona-Aufarbeitung, hieß es von Hoppermann: Der 21. Deutsche Bundestag habe innerhalb von drei Monaten nach Konstituierung sehr schnell diese Entscheidung getroffen. „In der vergangenen Legislaturperiode hat es unter der Ampelkoalition keine Mehrheit für die Frage gegeben, wie diese Pandemie bearbeitet und aufgearbeitet werden soll.“
Parlamentspräsidentin Klöckner sieht in der Kommission eine „große Chance für die Demokratie“. Die Pandemie und die Maßnahmen hätten „Menschen auseinandergebracht“ und „von der Politik entfremdet“, sagte Klöckner kurz vor der konstituierenden Sitzung des Gremiums. Die Kommission könne dabei helfen, Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen.
Die Bundestagspräsidentin bezeichnete die Kommission als „dringend notwendig“. „Die Aufarbeitung soll sehr gründlich sein, soll transparent sein und vor allen Dingen auch selbstkritisch sein“, betonte Klöckner. Viele Einschränkungen seien notwendig gewesen, hätten aber in der Gesellschaft „viele Wunden hinterlassen“. So hätten etwa psychische Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche zu wenig Aufmerksamkeit erfahren. Die CDU-Politikerin warnte jedoch davor, „mit heutigem Wissen damaliges Handeln einseitig zu beurteilen“.
Kommission mit Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen
Insgesamt besteht die Kommission aus jeweils 14 Sachverständigen und Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen. Die Unionsfraktion entsendet fünf Mitglieder, AfD und SPD jeweils drei, die Grünen zwei und die Linken eines.
Vor der Einsetzung des Gremiums hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob eine Enquete-Kommission für den Zweck der Aufarbeitung ausreichend ist. Die AfD hatte zur gesamten Corona-Zeit einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss verlangt, der mehr Befugnisse gehabt hätte. Grüne und Linke befürworten weiterhin einen Untersuchungsausschuss, explizit zur Rolle des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) bei der Maskenbeschaffung.
Piechotta begründet dies mit den weitreichenden Mitteln eines Untersuchungsausschusses, wie Zeugen unter Eid zu vernehmen und Urteile und Gerichtsakten anzufordern. Beide Fraktionen tragen die Enquete-Kommission aber mit.
Die Kommissionsvorsitzende Hoppermann betonte, das nun gewählte Format eigne sich zur Aufarbeitung am besten. „Ein Untersuchungsausschuss greift viel zu kurz, ist nur nach hinten gerichtet und hilft nicht, die Spaltung der Gesellschaft, die durch die Corona-Pandemie entstanden ist, zu überwinden“, sagte sie.
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