Deutschland in der Zwickmühle: Außenminister Wadephul reist nach Israel und ins Westjordanland

Bundesaußenminister Wadephul reist erneut nach Israel und ins Westjordanland zu Gesprächen. Deutschland steckt, was Israel angeht, in einer Zwickmühle – da Frankreich, Großbritannien und Kanada einen Palästinenserstaat anerkennen wollen und die EU Sanktionen gegen Israel fordert.
Für den neuen Außenminister Wadephul ist die Antrittsreise nach Israel eine erste diplomatische Bewährungsprobe. Wie deutlich wird er sich zur Lage in Gaza äußern? (Archivbild)
Außenminister Johann Wadephul besucht erneut Israel (Archivbild).Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times31. Juli 2025

Außenminister Johann Wadephul fliegt heute zu politischen Gesprächen nach Israel. In Tel Aviv wird er nach Angaben der Bundesregierung Gespräche mit seinem israelischen Kollegen Gideon Saar führen.

Am 1. August will er in Jerusalem mit Vertretern der UNO und in Ramallah mit Vertretern der palästinensischen Autonomiebehörde zusammenkommen. Im Zentrum der Gespräche sollen die humanitäre Lage im Gazastreifen sowie die Bemühungen um eine Beendigung des Gaza-Krieges und die Freilassung der israelischen Geiseln stehen.

Vor seiner Reise warnt Wadephul (CDU) vor einer möglichen Annexion palästinensischer Gebiete. „Es gibt immer wieder Politiker in Israel, die sagen, wir annektieren das. Die Knesset hat es gerade beschlossen. Das geht natürlich nicht“, sagte er „Politico“. „Das ist auch nicht durch das internationale Recht gerechtfertigt.“ Deutschland habe dazu „eine klare Meinung“, die er in Jerusalem deutlich machen werde.

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Der Verlauf der Gespräche dürfte Einfluss darauf haben, ob sich Deutschland der Forderung nach Sanktionen anschließt. Sollte es dazu kommen, wäre dies ein Novum in den deutsch-israelischen Beziehungen.Die EU-Kommission hatte empfohlen, die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm Horizon Europe in Teilen unverzüglich auszusetzen.

Berlin nicht immer im Gleichklang mit europäischen Partnern

Deutschland steckt, was Israel angeht, im Verhältnis zu seinen europäischen Partnern in einer Zwickmühle. Dass der französische Präsident Emmanuel Macron die Anerkennung Palästinas als Staat angekündigt und der britische Premierminister Keir Starmer diesen Schritt zumindest angedroht hat, behagt der Bundesregierung nicht. Auch Kanada kündigt eine derartige Absicht an.

Für Bundeskanzler Friedrich Merz gilt: „Eine Anerkennung betrachten wir nicht als einen ersten, sondern als einen der möglicherweise abschließenden Schritte hin zur Verwirklichung einer Zweistaatenlösung.“ Auch bei der Frage von Sanktionen gegen Israel hält sich Deutschland anders als europäische Staaten zurück.

Israel reagiert gereizt

Auf Drohungen mit Sanktionen und auf die mögliche Anerkennung eines Staates Palästina durch seine Verbündeten reagiert Israel deutlich. „Ein solcher Schritt belohnt den Terrorismus“, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach der Ankündigung Frankreichs. „Ein palästinensischer Staat wäre unter diesen Umständen eine Plattform zur Vernichtung Israels.“

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Die Regierungen in Berlin, Paris und London teilen diese Einschätzung nicht. Ihr Ansprechpartner ist die Palästinensische Autonomiebehörde. Diese hat ihren Sitz in Ramallah im Westjordanland, die Hamas gehört ihr nicht an.

Als Reaktion auf die Empfehlung der EU-Kommission zu Sanktionen gegen Israel teilte das Außenministerium in Jerusalem mit: „Jede Entscheidung dieser Art dient nur dazu, die Hamas zu stärken, und untergräbt folglich die Chancen auf eine Waffenruhe (im Gazastreifen) und auf eine Verständigung zur Freilassung der Geiseln.“

Merz‘ Forderungen an Israel und die Hamas

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nahm die aktuellen Entwicklungen im Gazastreifen zum Anlass, das Sicherheitskabinett einzuberufen.

Danach verkündete der Kanzler mehrere Forderungen: „Israel muss die katastrophale humanitäre Situation in Gaza sofort umfassend und nachhaltig verbessern“. Und: „Es braucht jetzt einen umfassenden und nicht nur einen kurzfristigen Waffenstillstand in Gaza. Und dazu muss die Hamas den Weg endlich frei machen.“ Auch die israelische Regierung müsse dafür alles tun, was in ihrer Macht stehe.

Außerdem müssten die Geiseln, unter denen noch deutsche Staatsangehörige seien, endlich freikommen. Die islamistischen Terroristen der Palästinenserorganisation Hamas müssten entwaffnet werden. Und es dürfe keine weiteren Schritte hin zu einer Annexion des Westjordanlandes geben.

Deutschland will die Menschen in Gaza zusammen mit Jordanien aus der Luft versorgen. (Archivbild)

Deutschland will die Menschen in Gaza zusammen mit Jordanien aus der Luft versorgen. (Archivbild) Foto: Maya Alleruzzo/AP/dpa

Über 150 Kulturschaffende forderten Merz mit einem Brief auf, gegen das Leid in Gaza konkrete Schritte zu unternehmen. Der Brief ist mit „Lassen Sie Gaza nicht sterben, Herr Merz“ überschrieben. Konkret werden drei Punkte genannt: ein Stopp aller deutschen Waffenexporte an Israel, ein Aussetzen des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel sowie die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe.

Unterschrieben haben unter anderem die Moderatoren Joko Winterscheidt, Klaas Heufer-Umlauf und Giovanni Zarrella, Comedian Teddy Teclebrhan, Musikerinnen Shirin David und Ebow, Musiker Ski Aggu und Zartmann, die Schauspieler und Schauspielerinnen Jessica Schwarz, Christiane Paul, Benno Fürmann, Anna Thalbach, Meret Becker und Jürgen Vogel.

Auch Trumps Sondergesandter Steve Witkoff reist laut US-Medienberichten spätestens am Donnerstag nach Israel, um über die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen zu sprechen. Damit wäre er gleichzeitig mit Wadephul in der Region unterwegs.

Differenzen zwischen Union und SPD

Als die Außenminister von mehr als zwei Dutzend Staaten ein sofortiges Ende des Gaza-Krieges forderten, fehlte unter der gemeinsamen Erklärung die Unterschrift des deutschen Außenminister.

Aus deutscher Sicht wurde in dem Aufruf nicht hinreichend betont, dass der brutale Überfall der Hamas und anderer Terrorgruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 der Ausgang des Konflikts war.

Dass anschließend aus der SPD heraus die Forderung laut wurde, Deutschland solle sich der Erklärung anschließen und kritischer gegenüber Israel auftreten, ließ die Frage aufkommen, wie einig sich die Koalition in der Nahost-Politik eigentlich ist – eine weitere Zwickmühle. (dpa/afp/dts/red)

 



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