Doch kein Vorstoß für drei neue Richterkandidaten: Brandenburgs Regierungschef fühlt sich falsch interpretiert

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat Presseberichte zurückweisen lassen, nach denen er drei neue Kandidaten für die Verfassungsrichterwahl begrüßen würde. Er habe sich „in keiner Weise zu Personalien geäußert“, hieß es aus der Staatskanzlei.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke betont die Rolle der Sozialdemokratie. (Archivbild)
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fühlt sich missverstanden. (Archivbild)Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 5. August 2025

Dietmar Woidke (SPD), der Ministerpräsident Brandenburgs, hat seinen Standpunkt zur Befriedung des Richterstreits zwischen den Regierungsfraktionen im Bundestag noch einmal klarstellen lassen: In seinem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sei es ihm keineswegs darum gegangen, die bereits ausgewählten Kandidaten aus dem Rennen zu nehmen.

Diese Sichtweise lässt sich einer eigens verfassten Presseerklärung der Potsdamer Staatskanzlei vom 1. August 2025 entnehmen. Darin heißt es, aus Woidkes Aussagen im dpa-Gespräch zum Verfassungsrichterstreit lasse „sich ausdrücklich nicht ableiten, dass bisherige Kandidatinnen und Kandidaten, wie beispielsweise Frau Brosius-Gersdorf in einem solchen neuen Verfahren nicht wieder aufgestellt werden sollten oder können“.

Staatskanzlei: „In keiner Weise zu Personalien geäußert“

Woidke habe gegenüber der dpa lediglich „sein Unverständnis im Umgang mit Frau Brosius-Gersdorf zum Ausdruck“ gebracht. „Er hat sich in keiner Weise zu Personalien geäußert“, lautet der letzte Satz der Presseerklärung aus der Staatskanzlei (PDF).

Am Morgen des 1. August hatten mehrere Medien, darunter auch Epoch Times, über das dpa-Interview mit Woidke berichtet.

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Der „Spiegel“ beispielsweise titelte: „SPD-Ministerpräsident Woidke spricht sich für neue Richterkandidaten aus“. Bei der „Welt“ lautete die Schlagzeile: „SPD-Ministerpräsident fordert kompletten Austausch der Richterkandidaten“. Auch die „Zeit“ hatte Woidkes Einlassungen gegenüber der dpa wie folgt verstanden: „Woidke fordert Rückzug der Richter-Kandidaten und neues Verfahren“.

Diese einordnenden Komprimierungen seiner ursprünglichen Aussagen gingen Woidke offensichtlich zu weit. Doch was hatte Woidke auf Anfrage der dpa tatsächlich wörtlich zu Protokoll gegeben? Die Staatskanzlei griff seine Sätze noch einmal im Wortlaut auf:

  1. „Ich halte es für nötig, dass die Fraktionen im Bundestag schnell einen Ausweg aus dieser Situation finden und einen Lösungsvorschlag unterbreiten.“
  2. „Dieser Ausweg kann aus meiner Sicht nur darin bestehen, dass alle Kandidaten zurückgezogen werden und dieses Verfahren durch die Fraktionen im Deutschen Bundestag völlig neu aufgesetzt wird.“
  3. „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass eine qualifizierte Kandidatin in derartiger Art und Weise von Teilen der CDU/CSU diskreditiert worden ist.“ [Gemeint war die von der SPD vorgeschlagene Verfassungsgerichtskandidatin Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf]

Nicht von der Staatskanzlei erwähnt wurde Woidkes Spitze gegen die Unionsfraktion: „Hier ist es leider mit der CDU/CSU aufgrund mangelnder Führungsstärke nicht möglich gewesen, den gemeinsam vereinbarten Weg zu gehen.“

Nun wehrt sich der Regierungschef Brandenburgs also dagegen, dass Zitat Nummer 2 dahin gehend interpretiert wird, dass er, Woidke, des Koalitionsfriedens willen für andere Kandidaten als die bisher nominierten eingetreten sei. Zur Auswahl stehen nach wie vor die Juristen Brosius-Gersdorf, Prof. Ann-Kathrin Kaufhold und Prof. Günter Spinner.

Warum aber benutzte Woidke dann im gleichen Atemzug die Formulierung, dass eine Lösung nur darin bestehen könne, alle Kandidaten zurückzuziehen? Die Staatskanzlei sieht darin offensichtlich keinen Widerspruch.

Hochrangige CSU-Politiker offen für neue Personalien

Im Ringen um die Wahl dreier neuer Verfassungsrichter hatte zuletzt CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann vorgeschlagen, noch einmal über neue Namen für Karlsruhe nachzudenken. Hoffmanns Ansicht nach könnten einzelne, aber auch alle bisherigen Kandidaten durch neue Bewerber ersetzt werden. Er forderte:

„Wir müssen aus dieser Situation rauskommen. Da ist Gelassenheit angesagt, da ist Sachlichkeit angesagt und eben auch die Überlegung, ob es gelingen kann über ein neues Personalpaket.“

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte vor zwei Wochen davon abgeraten, weiter an Brosius-Gersdorf als Kandidatin festzuhalten.

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Brosius-Gersdorf kann sich Rückzug vorstellen

Die Kandidatin selbst, derzeit Inhaberin eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Potsdam, hatte sich am 15. Juli in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ bereit erklärt, notfalls auf ihre Nominierung verzichten zu wollen.

Auf die Frage, ob der Streit um ihre Person nicht dem Bundesverfassungsgericht schaden könne, antwortete sie: „Sobald das auch nur droht, würde ich an meiner Nominierung nicht festhalten“. Sie wolle „auch nicht verantwortlich sein für eine Regierungskrise in diesem Land“.

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Am 11. Juli platzte die Richterwahl im Bundestag

Die eigentliche Routineaufgabe einer turnusgemäßen Wahl von Nachrückern für Richterposten am Bundesverfassungsgericht hatte sich am 11. Juli im Bundestag zum Spaltpilz entwickelt.

Nachdem in den Tagen zuvor immer mehr Einzelheiten über die Standpunkte insbesondere von Brosius-Gersdorf bekannt geworden waren, wollten zu viele Unionsabgeordnete die vorab zugesagte Personalie nicht mehr mittragen. Speziell ihre Haltung für ein lockereres Abtreibungsrecht hatte kurz vor dem Wahltag bundesweit für Aufregung gesorgt, besonders in den sozialen Netzwerken. Eine Zweidrittelmehrheit wäre selbst mit den Stimmen der Grünen nicht mehr erreichbar gewesen. Daher wurde die Abstimmung auf Verlangen der Unionsfraktion kurzfristig von der Tagesordnung genommen.

Als offiziellen Grund nannte die Fraktion angebliche Plagiatsvorwürfe gegen die Potsdamer Hochschullehrerin. Diese scheinen mittlerweile aber ausgeräumt.

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Dennoch steht bis auf Weiteres die Frage im Raum, wann und ob die beiden Regierungsparteien die Richterwahl im Einvernehmen erfolgreich umsetzen können.

Sowohl CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann als auch Kanzler Merz gaben sich bislang zuversichtlich, dass man noch während der Sommerpause zu einer Lösung gelangen werde.

Die 16 Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Für die Wahl ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Das Vorschlagsrecht für die Kandidaten orientierte sich bisher an der Stärke der Fraktionen. Die Linke kam dabei ebenso wenig zum Zug wie die AfD.



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