Polizei schießt auf Soldat: Wie kann so etwas passieren?

Sie sollten gemeinsam für den Verteidigungsfall trainieren – stattdessen beschoss die Polizei einen Soldaten. Die Rede ist von einer„Fehlinterpretation“. Wichtige Punkte sind noch ungeklärt.
Ein gepanzertes Bundeswehrfahrzeug steht in der Nähe des Einsatzortes.
Ein gepanzertes Bundeswehrfahrzeug steht in der Nähe des Einsatzortes.Foto: Lars H./News5/dpa
Epoch Times23. Oktober 2025

Nach dem Schuss der Polizei auf einen Soldaten während einer Bundeswehrübung im oberbayerischen Erding sind noch viele Fragen offen.

Zwar ging der Zwischenfall glimpflich aus, der Soldat wurde den Angaben zufolge nur leicht verletzt und konnte nach einer kurzen Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Dennoch stellt sich die Frage: Wie konnte das passieren?

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Eigentlich sollte die Übung an mehreren Standorten in Bayern noch bis zum 29. Oktober dauern. Offiziell lautet die Sprachregelung: Die Bundeswehr stehe in engem Austausch mit den verantwortlichen Ermittlungsbehörden vor Ort, um die Sache schnellstmöglich aufzuklären.

Spurensicherung und Feldjäger

Nach Angaben der Polizei sollen die Hintergründe des Zwischenfalls nun baldmöglichst aufgeklärt werden. Die Kriminalpolizei werde dabei von Spezialisten des Bayerischen Landeskriminalamtes unterstützt. Der Tatort wurde abgesperrt, im Tagesverlauf werde die Spurensicherung fortgesetzt, sagte ein Polizeisprecher.

Auch von Seiten der Bundeswehr hieß es, dass der Vorfall weiter untersucht werde. Die Feldjäger versuchten in Zusammenarbeit mit der Polizei aufzuklären, wie es zu dem Missverständnis gekommen sei, sagte ein Sprecher des Operativen Führungskommandos. Außerdem solle noch entschieden werden, ob die Militärübung in Bayern fortgesetzt werde oder nicht.

Feldjäger der Bundeswehr. Die Koalition streitet über eine gemeinsame Haltung zu Bundeswehreinsätzen im Inneren. Foto: Christian Charisius/dpa

Soldaten übten Kampf hinter einer fiktiven Frontlinie

Die Bundeswehr wollte bei der Übung namens „Marshal Power“ möglichst realitätsnah für den Fall trainieren, hinter einer fiktiven Frontlinie gegen Bedrohungen vorzugehen – zusammen mit Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften.

Dabei sollte es um Sabotage zum Beispiel am stillgelegten Atomkraftwerk Isar 2 gehen, aber auch um die Abwehr von Drohnen und den Kampf gegen „irreguläre Kräfte“. Das sind Bewaffnete, die nicht zu einer Armee gehören.

Angenommen wird dafür ein Szenario, in dem ein NATO-Mitgliedsstaat angegriffen wird und das Bündnisgebiet verteidigt werden muss.

Übung mit Besonderheiten

Das Besondere: Die etwa 500 Soldaten der Feldjäger und die rund 300 zivilen Einsatzkräfte üben nicht auf abgezäunten Truppenübungsplätzen, sondern in der Öffentlichkeit – auf Landstraßen, in Unternehmen und dem öffentlichen Raum. Die Übung war nach Angaben der Bundeswehr mit den Kommunen und Behörden abgestimmt.

Wie gut – oder schlecht – die Abstimmung am Ende tatsächlich war, könnte noch zu Diskussionen führen.

Alarmiert worden war die Polizei demnach am Mittwoch gegen 17:00 Uhr, weil jemand von einer vielbefahrenen Bundesstraße aus einen bewaffneten Mann im Tarnanzug gesehen hatte. Daraufhin habe die Einsatzzentrale „starke Kräfte“ dorthin geschickt, es fielen Schüsse. Dabei wurde einer der Bundeswehr-Soldaten getroffen und verletzt.

Erst im Nachgang habe sich herausgestellt, dass der Mann wegen der Übung dort bewaffnet unterwegs war, teilte die Polizei mit. Die Hintergründe würden nun ermittelt.

Wegen einer „Fehlinterpretation“ vor Ort sei dann auf den Soldaten geschossen worden. „Wie sich im Nachgang herausstellte, handelte es sich bei dem mitgeteilten Waffenträger um einen Bundeswehrangehörigen, der im Rahmen einer Übung vor Ort war“, hieß es in einer Mitteilung.

Wusste die Polizei nichts von der Übung?

Nein – sagt zumindest die Polizei selbst. „Wir wussten nicht, dass zu diesem Zeitpunkt dort geübt wird“, sagte ein Polizeisprecher des Präsidiums in Ingolstadt dpa. „Bei der Übung gestern war die Polizei in Erding auch nicht involviert.“

Über die großangelegte, für mehrere Tage in verschiedenen Regionen geplante gemeinsame Übung „Marshal Power“ habe man zwar Bescheid gewusst. Allerdings sei nicht bekannt gewesen, dass deswegen am Mittwoch in Erding bewaffnete Kräfte unterwegs sein könnten.

Jetzt werde „intensiv geprüft“, wo es zu einer „Kommunikationspanne“ gekommen sein könnte. Die Bundeswehr hatte vor Beginn der Übung noch verlautbaren lassen: „Alle Übungsaktivitäten sind im Vorfeld mit den zuständigen Kommunen und Behörden abgestimmt.“

Hatten die Behörden die Anwohner informiert?

Inwieweit das erfolgte, blieb zunächst weitgehend offen. Eine Pressesprecherin des Landratsamts Erding sagte auf Nachfrage, die Behörde sei in diesem Fall nicht für die Kommunikation zuständig gewesen. Eine Pressemitteilung habe es seitens des Landratsamts jedenfalls nicht gegeben, in der lokalen Presse sei aber über „Marshal Power“ berichtet worden.

Die Bundeswehr hatte Informationen zu der Großübung zwar vorab im Internet veröffentlicht, der Landkreis Erding wurde darin aber nicht explizit als Übungsort genannt. Einzelne Anwohner in Erding berichteten Medien zufolge, dass sie von dem Training der Bundeswehr dort nichts gewusst hatten. (dpa/red)



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