Ermittlungen gegen „Nius“-Chef Julian Reichelt – Verdacht auf Volksverhetzung nach X-Post

Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den „Nius“-Chefredakteur Julian Reichelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Auslöser ist ein Beitrag auf der Plattform X, in dem Reichelt über mutmaßlich kriminelle Bundespolizisten schrieb und dabei eine Warnung vor einer „Übernahme der Polizei“ äußerte. Der Journalist weist die Vorwürfe zurück und sieht sich im Rahmen der Meinungsfreiheit.
Titelbild
Der Journalist Julian Reichelt während der MMM-Messe am 09. März 2023 in München.Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images
Von 28. Oktober 2025

In Kürze:

  • Berliner Staatsanwaltschaft prüft X-Post von „Nius“-Chef Julian Reichelt
  • Hintergrund ist ein Kommentar zu mutmaßlich kriminellen Polizisten
  • Ermittler stützen sich auf § 130 StGB (Volksverhetzung)
  • Reichelt weist Vorwurf zurück und beruft sich auf Pressefreiheit

 

Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein mutmaßliches Drogendelikt in der Berliner Polizei ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft offenbar gegen „Nius“-Chefredakteur Julian Reichelt. Die „Welt“ schreibt, dass der Tatvorwurf der Volksverhetzung nach § 130 StGB im Raum stehe. Anlass dafür sei ein Beitrag, den Reichelt am 1. April dieses Jahres auf X veröffentlicht hatte. Die Staatsanwaltschaft habe bestätigt, dass es Ermittlungen gebe.

Reichelt teilt Auszug aus „Bild“-Bericht und beschwört „arabisch dominierte“ Polizei

In dem Beitrag wird ein Textausschnitt aus „Bild“ geteilt. Dieser bezieht sich offenbar auf Ermittlungen, über die das Blatt im Dezember 2024 berichtet hatte. Dabei sollen zwei Polizeibeamte aus Oberhausen am Flughafen in Frankfurt am Main festgenommen worden sein. Ein marokkanischer Staatsangehöriger soll dabei als Kopf einer vierköpfigen Bande den Schmuggel von Kokain aus Bogotá nach Deutschland organisiert haben.

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Die übrigen drei mutmaßlichen Beteiligten sind deutsche Staatsangehörige – darunter auch Ahmet K. und Hakan A., die als Bundespolizisten am Flughafen Boten die Einfuhr ermöglicht haben sollen. Die beiden Tatverdächtigen sollen pro Auftrag bis zu 15.000 Euro kassiert haben. In einem einzigen Monat, dem Mai 2024, sollen sie so 12 Kilogramm Kokain für einen Verkaufswert von knapp 800.000 Euro ins Land gebracht haben.

Reichelt kommentierte den von ihm dokumentierten Ausschnitt und ging dabei lediglich auf den Umstand ein, dass Ahmet K. und Hakan A. Bundespolizisten waren. In weiterer Folge schrieb er:

„Wir werden in den nächsten Jahren erst die Unterwanderung und dann die Übernahme unserer Polizei erleben. Das passiert, wenn man dafür sorgen will, dass die Polizei ‚bunter‘ wird. In zehn Jahren ist die Polizei in unseren Städten arabisch dominiert. Viel Spaß!“

ZDF-Dokumentation soll Annahme erhärten

Gegenüber „WELT“ rechtfertigt Reichelt seine Aussage zur „Übernahme der Polizei“ mit von ihm wahrgenommenen Nachrichten aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität. Auch habe er selbst unter Polizisten und prominenten Mitgliedern von Großfamilien recherchiert. Infolgedessen sei er „absolut überzeugt davon, dass genau das passieren wird – und man es bereits schon erkennen kann“.

Außerdem verwies er auf eine ZDF-Doku vom vergangenen Sommer, deren Titel lautete: „So nutzen kriminelle Clans ihre Kontakte zur Polizei“. In dieser wird unter anderem Bezug genommen auf „Maulwürfe“ innerhalb der Polizei, die beispielsweise bevorstehende Razzien verraten. Zudem würden Clans versuchen, einzelne ihrer Mitglieder aus kriminellen Machenschaften herauszuhalten, um ihnen mögliche Karrieren im Staatsdienst nicht zu verbauen.

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Was die beiden Tatverdächtigen in dem von ihm angesprochenen Fall mit arabischen Großfamilien zu tun haben, führt Reichelt nicht aus. Der Name Hakan ist im arabischen Raum nicht geläufig – auch die Schreibweise „Ahmet“ deutet eher auf eine türkische Einwanderungsgeschichte hin.

„Juristische Erfolge“: Reichelt sieht Ermittlungen gelassen entgegen

Reichelt sieht den Ermittlungen unterdessen gelassen entgegen. Er weist den Vorwurf der Volksverhetzung zurück und verweist auf mehrere frühere juristische Erfolge. So hatte er sich unter anderem erfolgreich gegen zivilrechtliche Unterlassungsansprüche von Regierungsstellen gewehrt.

Dabei ging es unter anderem um den Vorwurf der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung, Fake News über die Klage einer Transperson gegen ein Fitnessstudio zu verbreiten. In einem anderen Verfahren ging es um Entwicklungshilfe der Bundesregierung und die Taliban in Afghanistan.

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Die Staatsanwaltschaft muss nun klären, ob der X-Beitrag die Menschenwürde eines Einzelnen oder von Teilen der Bevölkerung durch Beschimpfung, böswillige Verächtlichmachung oder Verleumdung angegriffen habe. Die Tathandlung müsste zudem als geeignet eingestuft werden, den öffentlichen Frieden zu stören. Anders als bei den Ermittlungen gegen Publizisten wie Norbert Bolz oder den Rentner Stefan Niehoff hat die Staatsanwaltschaft Berlin im Fall Reichelt keine Hausdurchsuchung beantragt.



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