Reaktionen auf den Haushalt 2026: Gastronomie will Mehrwertsteuersenkung nicht pauschal weitergeben

Der Haushaltsbeschluss zu 2026 stößt vielerorts auf Kritik. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) dämpfte die Erwartungen für zusätzliche Entlastungen für Privathaushalte. Es gebe viele Wünsche nach Entlastungen etwa in den Bereichen Energie und Verkehr oder nach mehr Geld für einzelne Ministerien.
„Hauptpriorität“ der Bundesregierung müsse aber sein, die Finanzlücke in den bisherigen Haushaltsplanungen für 2027 zu schließen. Diese bezifferte Klingbeil bei der Vorstellung des Haushalts für das kommende Jahr mit über 30 Milliarden Euro. Von 2027 bis 2029 fehlen laut seinem Ministerium sogar über 172 Milliarden Euro.
Ein Beispiel ist die Rücknahme der Erhöhung der Luftverkehrsteuer, die bei Passagieren auf die Ticketpreise aufgeschlagen wird. Diese ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, aber nicht Teil der Haushaltsplanungen.
Klingbeil: Umsatzsteuer in der Gastronomie sinkt – Gastronomen widersprechen
Klingbeil hob die im Haushaltsentwurf 2026 geplanten Entlastungen für Bürger hervor. Er nannte dabei die Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38 Cent pro Kilometer und die Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie.
Gastronomen kündigen hingegen an, die Mehrwertsteuersenkung auf Speisen nicht pauschal eins zu eins an die Kunden weiterzugeben.
„Ob und in welchem Umfang Preissenkungen möglich sind, hängt maßgeblich von der Kostenentwicklung ab, insbesondere für Wareneinsatz und Personal“, sagte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, der „Welt“ und dem „Business Insider“. Darüber entscheide jeder Gastronom selbst. Viele Betriebe hätten auch die Steuererhöhung zum 1. Januar 2024 nicht in vollem Umfang weitergegeben.
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Die Hauptgeschäftsführerin verwies auf die steigenden Belastungen durch die zum 1. Januar 2026 wirksam werdende Mindestlohnerhöhung. Das sei ein Anstieg von gut acht Prozent. „Es geht um die Existenzsicherung und Stärkung der gastronomischen Vielfalt“, sagte sie.
Landkreistag fordert Klingbeil zu Kürzungen bei Sozialausgaben auf
Aus den kommunalen Spitzenverbänden wird die Bundesregierung dafür kritisiert, zu wenig gegen das wachsende Defizit der Kommunen zu tun.
„Diese Koalition stimmt die Bevölkerung in keiner Weise auf einen notwendigen Politikwechsel ein“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, Hans-Günter Henneke (CDU), der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Der müsste in Leistungseinschränkungen bestehen.“
Das Kernproblem seien gestiegene Personalkosten und Sozialausgaben aufgrund gesetzlicher Regelungen. Die Personalausgaben stiegen seit 2023 um 8 Milliarden Euro, die Sozialausgaben um 9 Milliarden auf 84,5 Milliarden Euro. „Beides zusammen ergibt allein 17 Milliarden Euro, also einen Großteil der mehr als 24 Milliarden Euro, die uns 2024 fehlten.“ Er warnt:
„Es geht ungebremst weiter bergab.“
Der Landkreistag habe den Koalitionsparteien dazu zahlreiche Vorschläge unterbreitet. Keiner davon sei im Koalitionsvertrag berücksichtigt worden, sagte Henneke.
Zu den Vorschlägen gehöre auch die von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) ins Spiel gebrachte Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Er sprach sich dafür aus, Sozialleistungen zu streichen, wenn Angebote ohne wichtigen Grund nicht angenommen würden – beim Bürgergeld aber auch bei anderen Leistungen.
Henneke warf Klingbeil mangelnden Willen zur Konsolidierung vor. „Konsolidierung heißt Rückführung von vorhandenen, und nicht Abwehr von zusätzlichen Ausgaben.“ Von den Erwartungen, die im Wahlkampf geweckt wurden, sei nichts mehr übrig geblieben.
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Auch die versprochene Stromkostensenkung bleibt aus
Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2026 scharf kritisiert und das Ausbleiben einer Stromkostensenkung für Verbraucher als „nicht akzeptabel“ bezeichnet.
„Dass auch im Haushalt für das kommende Jahr und in der weiteren Finanzplanung keine Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher bei den Stromkosten vorgesehen ist, ist eine herbe Enttäuschung und eine falsche Weichenstellung“, sagte Vorständin Ramona Pop gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
„Dass die Regierung beim Strompreis bremst, aber die Pendlerpauschale erhöht und die Mütterrente ausweitet, zeigt, dass sie einzelne Interessengruppen bedient, aber eben nicht alle Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick hat. Das ist einfach nicht akzeptabel“, sagte Pop.
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Die Lebenshaltungskosten der Menschen stiegen seit Jahren, schon daher wäre eine Erleichterung dringend geboten. „Es ist nun am Bundestag, bei der Haushaltsaufstellung für diese Korrektur zu sorgen. Auch, um das Vertrauen in die Politik endlich zu verbessern und den Menschen zu zeigen: Wir haben verstanden!“, betonte Pop.
„Wenn die Menschen mit Wärmepumpen statt fossil heizen und sich E-Autos statt Verbrenner kaufen sollen, dann muss doch gerade Strom bezahlbar sein.“
Verbraucher in Deutschland zahlen für Strom so viel wie kaum jemand auf der Welt. Im Ranking der teuersten Länder des Vergleichsportals Verivox und Global Petrol Prices liegt die Bundesrepublik mit durchschnittlich 38 Cent pro Kilowattstunde auf dem fünften Platz. 2021 lag Deutschland trotz damals noch niedrigerer Preise allerdings noch auf dem ersten Platz.
Kritik an Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung
Andere Verbände kritisieren die erneute Unterstützung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung über Darlehen. „Das ist keine nachhaltige Lösung“, erklärte am Mittwoch der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung, Oliver Blatt. „Zum einen reichen die Darlehen nicht einmal als Sofortmaßnahmen. Zum anderen verschieben sie die Finanzierungslast letztlich nur in die Zukunft.“
Solange die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinander gehe, bleibe der permanente Erhöhungsdruck auf die Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen beziehungsweise auf den Pflegebeitragssatz bestehen, kritisierte Blatt. Der Erhöhungsdruck werde „mit Darlehen nur vorübergehend überdeckt – und das ist Augenwischerei“.
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Die Bundesregierung will die gesetzliche Krankenversicherung 2025 und 2026 mit einem Darlehen von jeweils 2,3 Milliarden Euro unterstützen. Die Pflegeversicherung soll 2025 eines von 0,5 Milliarden Euro und im kommenden Jahr von 1,5 Milliarden Euro erhalten. Den Haushaltsentwurf für 2026 verabschiedete das Kabinett am Mittwoch.
„Wieder einmal macht sich die Bundesregierung mit dieser Haushaltsplanung einen schlanken Fuß“, erklärte Blatt dazu weiter. Der Verbandschef kritisierte vor allem, dass der Bund nicht die Krankenkassenbeiträge von Bürgergeldbeziehern „vollständig“ übernimmt. Dies sei aber eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“.
Sozialversicherungen brauchen mehr Einnahmen
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Roick, nannte den Haushaltsentwurf „eine verpasste Chance dafür, die Sozialversicherungen zu stärken“. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssten vollständig aus Steuermitteln bezahlt werden.
„Die Sozialversicherungen müssen durch zusätzliche Einnahmen und mehr Versicherte, die einzahlen, gestärkt werden“, sagte Roick der Nachrichtenagentur AFP weiter. Der Verbandschef forderte unter anderem eine stärkere Beteiligung besonders Reicher sowie eine Bürgerversicherung bei der GKV.
Sowohl diese als auch die Pflegeversicherung verzeichnen Defizite in Milliardenhöhe. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) verteidigte die Darlehen wiederholt als „Nothilfen“. Langfristig seien aber Strukturreformen notwendig. Diese sollen laut Koalitionsvertrag von Union und SPD entsprechende Kommissionen ausarbeiten – jene zur Pflegereform nahm bereits ihre Arbeit auf. (afp/dpa/red)
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