Gentechnik im Supermarkt: EU lockert Regeln – keine spezielle Kennzeichnung nötig

Mit modernen Gentechnikverfahren veränderte Lebensmittel sollen in der EU künftig ohne spezielle Kennzeichnung im Supermarkt verkauft werden können. Kritiker konnten sich nicht durchsetzen. Patente auf neue Sorten und Technologien sollen erlaubt sein.
Die neuen Vorgaben müssen noch vom EU-Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Normalerweise ist das Formsache, wenn sich die Unterhändler der Institutionen zuvor auf einen Kompromiss geeinigt haben.(Archivbild)
Die neuen Vorgaben müssen noch vom EU-Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Normalerweise ist das Formsache, wenn sich die Unterhändler der Institutionen zuvor auf einen Kompromiss geeinigt haben.Foto: Matthias Bein/dpa
Epoch Times4. Dezember 2025

Gentechnisch veränderte Lebensmittel – bei diesem Gedanken ist vielen Menschen in Deutschland unwohl. Nun sollen die Regeln in der EU gelockert werden.

Bestimmte gentechnisch veränderte Lebensmittel sollen auch ohne spezielle Prüfung und ohne Kennzeichnung den Weg auf den Markt finden. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich in der Nacht in Brüssel darauf, entsprechende Züchtungen in vielen Fällen von bislang strengen EU-Gentechnikregeln auszunehmen.

Das Europaparlament und die 27 EU-Länder müssen den Kompromiss noch verabschieden. Der Rat der Mitgliedstaaten konnte die meisten seiner Forderungen in den Verhandlungen durchsetzen, eine Mehrheit gilt deshalb als praktisch gesichert.

Worum geht es?

Die EU will die Vorschriften für den Einsatz sogenannter Neuer Genomischer Verfahren, kurz NGT, deutlich lockern und dafür zwei Kategorien für genetisch veränderte Pflanzen einführen.

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In der ersten Kategorie sollen Sorten mit begrenzten genetischen Eingriffen fallen, etwa durch die „Gen-Schere“ Crispr-Cas. Für Pflanzen mit mehr genetischen Veränderungen sollen weiter strengere Vorschriften gelten.

Bei der Entwicklung neuer Sorten könnte Gentechnik dadurch deutlich häufiger zum Einsatz kommen. Befürworter erhoffen sich neue Pflanzen, die sich besser an klimatische Veränderungen anpassen können, weniger Wasser benötigen oder resistenter gegenüber Krankheiten sind. Sie argumentieren, dass die Eingriffe eine herkömmliche Züchtung lediglich beschleunigen.

Was ändert sich im Supermarkt?

Lebensmittel sollen keinen Hinweis tragen, wenn sie gentechnisch veränderte Pflanzen aus der ersten Kategorie enthalten: Nur noch das Saatgut soll gekennzeichnet werden.

Laut Parlament soll es keinen Verstoß darstellen, wenn es um ein „technisch unvermeidbares Vorhandensein“ von Gentechnik geht.

Indirekt landet Gentechnik auch jetzt schon auf unseren Tellern. „Keine Kennzeichnungspflicht besteht für Produkte von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden“, heißt es auf der Internetseite des Landwirtschaftsministeriums.

Zudem sind bestimmte Methoden, bei denen etwa genetische Veränderungen durch Bestrahlung oder Chemikalien vorgenommen werden, bereits jetzt teils von der Regulierung und Kennzeichnung nach Gentechnikrecht ausgenommen.

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Welche Auswirkungen auf die Umwelt gibt es?

Bislang müssen genetisch veränderte Sorten vor einer Zulassung aufwendig auf mögliche Risiken für die Umwelt geprüft werden. Solche Risikoprüfungen sollen nach der Reform entfallen. Im Biolandbau sollen genetische Sorten jedoch weiterhin nicht eingesetzt werden dürfen.

Allerdings könnte es für Pflanzen der ersten Kategorie künftig keine sogenannten Nachweispflichten mehr geben: Bislang muss die gesamte Lieferkette zurückverfolgbar sein und dokumentiert werden, welcher Landwirt die Sorten auf welchen Flächen ausgesät hat.

Ohne die Nachweispflichten könnten die neuen Sorten etwa durch den Wind auch auf Felder von Betrieben gelangen, die selbst keine Gentechnik verwenden, ohne dass diese es merken.

Was gilt für das Patentrecht?

Die EU will Patente auf die neuen Sorten und Technologien erlauben. Der Kompromiss sieht eine öffentliche Datenbank vor, in der alle Patente auf Gentechnik-Methoden und Saatgut hinterlegt werden sollen. So soll die Gefahr für Saatguthersteller verringert werden, unabsichtlich Patente zu missachten und Gerichtsverfahren zu riskieren.

Mehrere EU-Länder und Europaabgeordnete hatten in den Verhandlungen Bedenken geäußert, weil die patentrechtliche Lage nicht geklärt sei. Die Befürchtung: Große Agrarkonzerne könnten sich Patente sichern, mittelständische Saatguthersteller könnten leer ausgehen. Die Kritiker konnten sich aber nicht durchsetzen.

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Welche Risiken bemängeln Kritiker?

Unter anderem steht die Befürchtung im Raum, dass neue Gentechnik-Methoden weitreichend genutzt werden – also für deutlich mehr als Veränderungen, die auch herkömmlich entstehen könnten. „Es wäre eine völlig unzureichende Beschreibung einer Pistole, zu sagen: ‚Das ist so eine Art Hammer. Damit kann ich einen Nagel in die Wand schlagen‘“, kritisiert der Grünen-Bundestagsabgeordnete Karl Bär.

Die Ökologin Katja Tielbörger warnte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ davor, dass sich gentechnisch veränderte Pflanzen in der Wildnis ausbreiten könnten. Dies berge Risiken für das Gleichgewicht eines Ökosystems. (afp/dpa/ks)



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