Hausgemachte Wirtschaftskrise: Verbände fordern dringend Kurswechsel der künftigen Bundesregierung

Mehr als 100 Wirtschaftsverbände haben sich mit einem dringenden Appell an die Verhandler der künftigen Bundesregierung gewandt. Sie warnen vor einer sich zuspitzenden Wirtschaftskrise und fordern strukturelle Reformen, niedrigere Steuern und eine Entlastung bei den Energiekosten. Ohne eine wirtschaftspolitische Kehrtwende drohe Deutschland ein langfristiger Abschwung.
Titelbild
Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie, BDI.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 4. April 2025

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Anfang April haben sich mehr als 100 Verbände an die Verhandler zur Bildung einer Bundesregierung gewandt. In einer Erklärung geben sie ihrer Sorge um den Zustand der deutschen Wirtschaft Ausdruck und appellieren an die Verantwortlichen, „die Wirtschaft in den Verhandlungen in den Fokus zu rücken“. Angesichts der weiteren Zuspitzung der wirtschaftlichen Lage in den vergangenen Wochen sei dies von besonderer Dringlichkeit.

Erstes Schreiben der Dachverbände ging im Januar 2024 an Olaf Scholz

Die Federführung der Erklärung, die bislang 108 Verbände unterschrieben haben, lag in den Händen der vier größten Dachverbände. Dabei handelt es sich um die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), den Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Deren Spitzen hatten sich bereits zu Beginn des Vorjahres mit einem „Brandbrief“ an den – nunmehr kommissarischen – Bundeskanzler Olaf Scholz gewandt. Damals hatten sie vor allem das Ausbleiben von Strukturreformen, die stetig steigende Abgabenlast sowie immer engmaschigere Bürokratie und Regulierungen beklagt.

Die Kernbotschaft ist auch in der nunmehrigen Mitteilung die gleiche geblieben. Es sei zwar eine schwierige geopolitische Situation, die alle Akteure unter Druck setze. Dennoch sei der Kern des Problems immer noch hausgemacht – und müsse deshalb auch in Eigenregie angegangen werden.

Mehr als 100 Verbände aus Regionen und Branchen beteiligen sich an Brandbrief

Die Verbände weisen darauf hin, dass die Weltwirtschaft insgesamt allen Spannungen und Unwägbarkeiten zum Trotz weiterwachse. Demgegenüber verharrt Deutschland in der Rezession, und angesichts der eskalierenden Handelskonflikte schwäche sich das Wachstum weiter ab. Die Arbeitslosenzahl habe die besorgniserregende Marke von drei Millionen überschritten.

Die Diagnose der Unterzeichnerverbände, die vom Deutschen Bauernverband e. V. oder Backzutatenverband (BZV) über Vertreter der Geflügelwirtschaft bis hin zur Wirtschaftsvereinigung Stahl reichen, ist einhellig:

„Deutschland steckt in einer schweren wirtschaftlichen Krise. Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass diese Krise vor allem hausgemacht ist.“

Deutschlands Probleme seien nicht nur vorübergehend und konjunkturell bedingt, sondern vorwiegend strukturell. Der Standort werde stetig unattraktiver, und dies bekämen auch die Unternehmen zu spüren. Ohne Wohlstand und wirtschaftliche Stärke sei jedoch auch der soziale Zusammenhalt in Gefahr.

Niveau der Unternehmensbesteuerung längst nicht mehr konkurrenzfähig

Dennoch vermissen die Verbände bei den Koalitionsverhandler bislang das Problembewusstsein bezüglich der für die deutsche Wirtschaft prekären Entwicklungen. Die bisher erkennbaren Zwischenergebnisse seien „unzureichend“, heißt es in dem Papier. Schulden lösten keine Probleme, aber es seien keinerlei Impulse für Reformen erkennbar, die wirtschaftliches Wachstum schaffen könnten.

Die Kernprobleme bleiben nach Einschätzung der Unterzeichner weiterhin unangetastet. Die Steuerbelastung von Unternehmen liege bei rund 30 Prozent, was international im Spitzenbereich sei. Diese entwickle sich „zu einem erheblichen Standortnachteil“. International noch wettbewerbsfähig wäre ein Niveau von 25 Prozent. Dorthin müsse sich die Besteuerung zumindest langfristig entwickeln.

Keinerlei Antworten gäben die Koalitionsverhandler auch mit Blick auf die sozialen Sicherungssysteme. Steigende Beitragssätze seien die einzige sich abzeichnende Maßnahme, und diese belasten insbesondere die lohnintensiven Betriebe. Gleichzeitig minderten sie die Nettolöhne. Von einer Reform, die Sozialsysteme finanzierbar, zukunftsfest und generationsgerecht gestalte, sei nichts zu erkennen.

Verbände fordern erneut niedrigere Energiepreise und weniger Bürokratie

Wie bereits Anfang 2024 in dem Schreiben unter dem Titel „Durchstarten für Deutschland“ betonen die Verbände erneut die Dringlichkeit der Senkung der Energiepreise. Diese seien ebenfalls weit von einer internationalen Konkurrenzfähigkeit entfernt und ein wesentlicher Wettbewerbsnachteil.

Ob bei Strom, Gas oder Wasserstoff: Niedrigere Kosten und mehr Versorgungssicherheit seien unverzichtbar. Neben kurzfristigen Maßnahmen zur Entlastung der Energieverbraucher müssten die Kosten durch „massive strukturelle Reformen“ sinken.

Die Verbände verdeutlichen einmal mehr auch die Notwendigkeit zunehmender Effizienz und Schnelligkeit durch den Abbau von Bürokratie. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten vereinfacht und verkürzt, Berichts- und Dokumentationskosten systematisch abgebaut werden. Die Steigerung der Attraktivität des Standorts sei von absoluter Priorität. Es müsse sich „lohnen, in diesem Land ein Unternehmen zu führen“. Umgekehrt würde ein weiteres Zuwarten eine dauerhafte Abwärtsspirale befürchten lassen:

„Wenn die künftige Bundesregierung das nicht schnell und konsequent ermöglicht, wird sich der wirtschaftliche Abschwung in den kommenden Jahren nicht mehr aufhalten lassen.“



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion