Hunderte Spionagedrohnen über Deutschland – aber kein Gesetz, sie abzuschießen

Kasernen der Bundeswehr und US-Stützpunkte in Deutschland wurden im ersten Quartal 2025 gezielt durch Hunderte Drohnen ausgespäht – so die Erkenntnisse aus einem angeblichen Geheimbericht des Bundeskriminalamtes (BKA). Eine erste Reaktion aus der Politik deutet auf die mögliche Echtheit des Berichts hin.
Titelbild
Drohnenschwarm.Foto: Chesky_W/iStock
Von 10. August 2025

In Kürze:

  • BKA-Bericht: Fast die Hälfte der Drohnensichtungen zwischen 18 und 24 Uhr
  • Grünen-Politiker von Notz nennt Bericht „hochgradig alarmierend
  • Gesetz für Drohnenabschüsse liegt auf Eis

 

Nahezu wöchentlich werden dem Bundesinnenministerium verdächtige Drohnenflüge gemeldet. Vor allem seitens der Bundeswehr. Dies ist zahlreichen regionalen Presseberichten aus ganz Deutschland zu entnehmen. Als Ausspähobjekte werden konkret genannt:

  • der Stützpunkt der Bundesmarine in Wilhelmshaven,
  • Militärflugplätze in Manching und Neuburg an der Donau,
  • Antennenanlagen für U-Boote der Bundesmarine in Ramsloh bei Emden sowie
  • Ramstein, die größte amerikanische Militäranlage in Deutschland.
  • Auch das atomare Zwischenlager Gorleben, das Gelände der BASF in Ludwigshafen sowie das Umspannwerk in Husum seien Ziel von Drohnenausspähungen geworden.

Formationsflüge von Spionagedrohnen

Dem mutmaßlichen „Geheimbericht“ des BKA mit dem Titel „Tatmittel Drohne“ zufolge sei die Zahl der Drohnensichtungen über militärischen Einrichtungen und sogenannter „kritischer Infrastruktur“ seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 „stark gestiegen“, berichtete die „Bild“ am 8. August. Das BKA hat die Existenz des von der Zeitung zitierten „Geheimberichts“ bislang weder bestätigt noch dementiert.

Fast die Hälfte der Drohnenüberflüge geschähen zwischen 18 und 24 Uhr, ein weiteres Drittel nachts zwischen 0 und 6 Uhr, soll es in dem BKA-Bericht heißen. Insgesamt habe es 270 Vorfälle mit 536 gesichteten Spionagedrohnen allein von Januar bis März 2025 gegeben. Im Fokus der Spionagetätigkeiten stünden der Stützpunkt der Bundesmarine in Wilhelmshaven und die US-Base in Ramstein. An beiden Orten seien teilweise Formationsflüge von bis zu 15 Drohnen gesichtet worden. Bereits Anfang vergangenen Jahres gab es Pressemeldungen, denen zufolge etwa 450 Drohnen über Bundeswehrstandorten gesichtet worden sein sollen.

„Hochgradig alarmierend“

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, zeigte sich am Tag der Veröffentlichung des „Bild“-Artikels besorgt. Auf der Website der Fraktion bezeichnete er den „Bericht des BKA“ als „hochgradig alarmierend“. Von Notz lässt durchblicken, dass er offenbar den Original-„Geheimbericht“ des BKA kennt.

Von Notz weiter: Die BKA-Analyse offenbare „das Ausmaß der feindlichen aggressiven Aktionen, die in Deutschland in diesem Bereich täglich stattfinden“. Allerdings werde in dem Bericht nach Meinung des Grünen-Politikers „nur ein Teil des Problems illustriert“. Von Notz machte jedoch keine konkreten Angaben, welche Aspekte das BKA unberücksichtigt gelassen haben soll.

Vielmehr verdächtigte er „insbesondere Russland“ hinter den Spionagedrohnen und warf der Bundesregierung vor: „Dass es bis heute weder ein hinreichend konkretes oder wirklich aktuelles Lagebild noch einen effektiven Weg der Bekämpfung solcher Drohnen gibt, ist ein massives Versäumnis der Verantwortlichen, insbesondere derer im Innenministerium. Die neue Bundesregierung muss verstehen, dass Gefahr im Verzug ist.“ Von Notz forderte unverzüglich „klare Zuständigkeiten“ und „einen rechtssicheren Weg“, um „solche Drohnenflüge zu verhindern“.

Gesetz steht wegen Regierungsneuwahl aus

Tatsächlich gibt es keine rechtliche Grundlage, um den Flug von Spionagedrohnen zu verhindern. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, der es der Bundeswehr erlauben würde, Drohnen abzuschießen, wurde noch im Januar im Kabinett des damaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) angekündigt.

Aufgrund der Neuwahl der Bundesregierung wurde das geplante Gesetz jedoch bis heute nicht in den Bundestag eingebracht. Daher ist für die Drohnenabwehr in Deutschland grundsätzlich die Polizei der jeweiligen Länder zuständig, wie 2024 aus einer Antwort des damaligen Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Thomas Hitschler, auf die Anfrage des damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gädchens hervorgeht. Hitschler damals: „Die rechtliche Situation ist eindeutig: Innerhalb und über militärischen Liegenschaften ist die Bundeswehr selbst für die Abwehr von Drohnenaktivitäten zuständig.

Außerhalb liegt die Zuständigkeit bei den Polizeien der Länder. Die Beschaffung weiterer ‚Drohnenabwehrsysteme‘ – im Fachjargon ‚Counter-Small Unmanned Aircraft Systems‘ genannt – wurde eingeleitet, und diese werden noch im Jahr 2024 zulaufen.“ Bislang ist es der Bundeswehr lediglich erlaubt, verdächtige Drohnen über ihren Liegenschaften mit Jammern (Störsignalen) in deren Flug zu behindern oder – wenn sie schnell genug ist und falls vorhanden – mit Abfangdrohnen vom Himmel zu holen. Für die Luftsicherheit ist das Bundesinnenministerium zuständig.

Erste gemeinsame Übung von Polizei und Bundeswehr

Auf der Arbeitsebene wollte man wohl nicht mehr darauf warten, bis die Bundestagsabgeordneten tätig werden. Im Juni übten etwa hundert Fachkräfte von Bundeswehr, Polizei, Bundeskriminalamt und NATO in Münster. Dies teilt das Verteidigungsministerium auf seiner Website mit. Die Übung trug den Titel „Summer Jamm 2025“. Ziel sei es gewesen, „die gemeinsame Fähigkeit zur Drohnenabwehr“ und die „zivil-militärische Zusammenarbeit zu verbessern“.

Bereits in den Auslandseinsätzen in Afghanistan (2002 bis 2021) und Mali (2013 bis 2023) habe die Bundeswehr Erfahrungen in der Drohnenabwehr gesammelt, teilt das Ministerium mit.

Da Drohnen jedoch einer ständigen technischen Entwicklung unterlägen und dauernd „günstiger und leichter verfügbar“ seien, müssten die Abwehrsysteme „ständig angepasst und weiterentwickelt werden“. Auch die Zusammenarbeit mit der Industrie, die ebenfalls bei der Übung vertreten war, müsse verstärkt werden, gab das Verteidigungsministerium bekannt.

Deep Strike: Industrie im Boot

Seit geraumer Zeit entwickeln mehrere Zweige der deutschen Rüstungsindustrie neue Kampf- und Abwehrdrohnen mit großer Reichweite. In enger Zusammenarbeit mit dem Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe der Bundeswehr im bayerischen Erding. Die Bundeswehr sei auf diese Weise laut Verteidigungsministerium „mit den nötigen Fähigkeiten und Geräten auszustatten, um der zunehmenden Gefahr durch Klein- und Kleinstdrohnen zu begegnen.“

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) betonte am 22. Juli bei einem Besuch in Erding: „Unser Anspruch muss sein, vorauszudenken, also vor der Welle zu sein.“ Unbemannte Hightechdrohnen und klassische Großkampfsysteme seien in modernen Gefechtsfeldszenarien, im Kampf der verbundenen Waffen, nicht voneinander zu trennen.

Drei Industriezweige arbeiten bereits an Konzepten: Airbus Defence, Rheinmetall sowie das Münchner KI-Start-up Helsing. Dies berichtete vor Kurzem das „Handelsblatt“. Bis 2029 will die Bundeswehr der Zeitung zufolge „erste Drohnen im eigenen Arsenal haben, die in der Lage sind, Ziele tief im Hinterland eines Gegners zu treffen“. Sie werden „Deep Strike“-Drohnen genannt. Eine entsprechende Anforderung habe die Luftwaffe an führende deutsche Rüstungshersteller und Start-ups gestellt.

Abfangdrohnen

Außerdem beschafft die Bundeswehr seit geraumer Zeit ein Drohnenabwehrsystem, wie bereits im Mai 2024 der dafür zuständige Leiter der Drohnen-Task-Force der Bundeswehr, Brigadegeneral (Ein-Stern-General) Wolfgang Jordander, bekannt gab. Solche Abwehrsysteme bestehen ebenfalls aus Drohnen. Sie sind mit einer Aufklärungssensorik und KI ausgestattet.

Die deutsche Firma „Argus“ in Faßberg stellt solche Technik her und erklärt auf ihrer Firmenwebsite die Funktion des „Argus Interceptor“: Die Abfangdrohne fliege autonom und KI-gestützt dem Ziel entgegen. Der Soldat, der den „Interceptor“ steuert, entscheidet, ob er die gegnerische Drohne nur verfolgt oder abfängt. Eine Drohne wird mit dem Argus-System abgefangen, indem die Abfangdrohne ein Netz verschießt, worin die gegnerische Drohne gefangen und zum Absturz gebracht wird. Die Einweisung in das System bedürfe nur „eines kurzen Briefings“, verspricht Argus.



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