Innenministerium will Schüler auf Kriegsfall vorbereiten – EU erinnert an Klopapiernotstand

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat die Bundesländer dazu aufgefordert, dem Zivilschutz im Schulunterricht einen höheren Stellenwert zu verleihen. In der „Handelsblatt“-Ausgabe vom Montag, 7. April, äußerte ein Sprecher des Ministeriums, auf diesen solle ein stärkerer Fokus gesetzt werden. Dies sei ein Gebot „angesichts der Entwicklung der sicherheitspolitischen Lage in jüngerer Zeit“.
Das derzeit kommissarisch von Nancy Faeser geleitete Ministerium sei sich zwar bewusst, dass es Sache der Länder sei, schulische Lerninhalte zu bestimmen, allerdings sei der Bund über das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gern bereit, „Materialien für junge Menschen und für Lehrpersonen“ zur Verfügung zu stellen.
EU will durch Zivilschutzvorstoß Panik vermeiden
Das Ministerium begrüßte die jüngst von der EU-Kommission vorgestellte Initiative zur „Vorbereitung auf kriegsbedingte Krisen“. In diesem Kontext empfiehlt Brüssel allen Bürgern, einen Notvorrat für mindestens 72 Stunden anzulegen. Mit diesem könnten „vorübergehende Krisensituationen gut bewältigt werden“, hieß es aus dem Ministerium.
Die zuständige EU-Kommissarin für Krisenmanagement, Hadja Lahbib, begründete die Strategie mit der Notwendigkeit der Vermeidung von Panik. In diesem Zusammenhang erinnerte sie an die ersten Wochen der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Hamsterkäufen von Toilettenpapier.
BBK gibt Empfehlungen zu Nahrungsmittelvorräten
Die Kommission rät zudem, stets eine „Notfalltasche“ bei sich zu tragen, die beispielsweise Ausweispapiere, Streichhölzer und eine Taschenlampe beinhalte. Brüssel rät in diesem Kontext auch, einen „nationalen Vorbereitungstag“ einzuführen, um Menschen für mögliche Krisensituationen zu sensibilisieren. In Finnland werden solche Maßnahmen bereits seit Jahren durchgeführt.
Dem BBK zufolge soll der zu Hause vorgehaltene „Grundvorrat für eine Person“ unter anderem 20 Liter Getränke, 3,5 Kilogramm Getreideprodukte und 4 Kilogramm Gemüse beinhalten. Dazu kämen 2,5 Kilogramm Obst und Nüsse, 2,6 Kilogramm Milch und Milchprodukte, 1,5 Kilogramm Fisch, Fleisch und Eier sowie nach Belieben Zucker, Honig, Marmelade und Fertiggerichte.
Wie viele Menschen in Deutschland über ein Notstromaggregat im Haushalt verfügen, das helfen könnte, diese Mengen an Lebensmitteln bei Stromausfall zu kühlen, ist ungewiss. Praktische Hindernisse wie eine begrenzte Zulässigkeit von Treibstofflagerung oder hohe Betriebskosten deuten auf eine geringe Verbreitung hin.
Zivilschutz war Thema an Schulen in BRD und DDR
CDU-Politiker Roderich Kiesewetter fordert zudem ein Krisentraining für Schüler. Dazu solle eine „Grundausbildung zum Verhalten in Katastrophenlagen“ eingeführt werden. Dies wäre „auch mit Blick auf einen Gesellschaftsdienst klug und vorausschauend“. In der Zeit des Kalten Krieges gab es sowohl in der BRD als auch in der DDR unterschiedliche Formen von Wehr-, Zivilschutz- und Katastrophenübungen an Schulen.
In der BRD wurden Schüler unter anderem durch „Duck and Cover“-Übungen auf mögliche Bombenangriffe vorbereitet. Sie lernten dabei, sich unter Tischen zu verstecken und ihren Kopf mit den Armen zu schützen. Derzeit stehen Themen wie persönliche Vorsorge und Verhaltensmöglichkeiten in Notfallsituationen im Vordergrund.
In der DDR gab es zwischen 1978 und 1989 Wehrunterricht als Pflichtfach. Dieser verband theoretische Lektionen mit zweiwöchigen Wehrlagern für Jungen und Zivilverteidigungslagern für Mädchen. Die Ausbildung fand häufig durch Offiziere der NVA statt.
Angriffsszenarien bleiben umstritten
In der Zeit des Kalten Krieges hatten NATO und Warschauer Pakt jeweils konkrete Pläne für Angriffs- und Verteidigungsszenarien in einem konventionellen und nuklearen Krieg entwickelt. Dies hatte die Erwartung eines Angriffs operativ realistisch gemacht. Gleichzeitig war das politische Risiko eines tatsächlichen Angriffs gering, da die gegenseitige Vernichtungsfähigkeit abschreckend wirkte. Dies geht aus Ex-Post-Analysen wie jener von Andreas Buro und Martin Singe in der Zeitschrift „Blätter“ aus dem April 2009 hervor.
Auch heute gibt es Zweifel, ob das von europäischen Politikern ins Treffen geführte Szenario eines russischen Angriffs auf EU-Staaten realistisch ist. Bis dato stehen – mit Ausnahme des Bürgerkriegs in Syrien, wo der Kreml auf Bitte der damaligen Regierung intervenierte – alle bewaffneten Konflikte, in die Russland involviert ist, im ursächlichen Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion.
Militärisch besitzt Russland gegenüber den europäischen NATO-Staaten im Bereich der Flug- und Raketenabwehr und der Satelliten eine Überlegenheit. Das geht aus einer jüngst von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie hervor. In allen anderen Waffengattungen verfügt NATO-Europa über ein Vielfaches der Kräfte, die Russland ins Treffen führen könnte.
(Mit Material von afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion