SPD: Ein Gespräch mit Brosius-Gersdorf und Union sei ein „Vorschlag, den man schlecht ausschlagen kann“

Nach dem gestrigen Absetzen der Richterwahl steht der Vorschlag der SPD im Raum, Kandidatin Brosius-Gersdorf direkt mit der Union in Verbindung zu setzen.
Frauke Brosius-Gersdorf ist eine der von der SPD vorgeschlagenen Richterkandidatinnen.
Frauke Brosius-Gersdorf ist eine der von der SPD vorgeschlagenen Richterkandidatinnen.Foto: Britta Pedersen/dpa
Epoch Times12. Juli 2025

Nach der vorerst gescheiterten Wahl dreier Verfassungsrichter durch den Bundestag hat sich Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) optimistisch gezeigt, dass die schwarz-rote Koalition noch zu einer Einigung kommt.

„Die Wahl von Verfassungsrichtern liegt in der Sphäre des Parlaments. Ich bin sicher, dass die Koalitionsfraktionen über den Sommer eine tragfähige Lösung finden werden“, sagte Frei der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Der Bundestag hatte am Freitag eigentlich über die Neubesetzung von drei Richterposten beim Bundesverfassungsgericht befinden sollen. Die Unionsfraktion forderte aber kurzfristig die Absetzung der Wahl der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf und verwies auf Plagiatsvorwürfe.

Nach anderthalbstündigen Krisengesprächen zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD wurden schließlich alle drei geplanten Richterwahlen von der Tagesordnung genommen.

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Persönlich vor die Union treten

Brosius-Gersdorf soll persönlich vor die Unionsfraktion treten und mit den Abgeordneten von CDU und CSU über ihre Kandidatur sprechen, wie die „Bild“-Zeitung am Freitag berichtete.

Den Angaben zufolge hatte SPD-Fraktionschef Matthias Miersch bei einer am Freitagabend per Videoschalte einberufenen SPD-Fraktionssitzung die Idee eines direkten Treffen zwischen Brosius-Gersdorf und der Unionsfraktion unterbreitet.

Er stünde mit Brosius-Gersdorf in engem Kontakt, sagte Miersch demnach und erklärte, diese wolle an ihrer Kandidatur festhalten.

Ein SPD-Abgeordneter aus der Fraktionsspitze sagte: „Wir hoffen, dass die Bedenken gegen Brosius-Gersdorf bei dem Termin in der Unionsfraktion ausgeräumt werden können. Viele ihrer Positionen wurden völlig verdreht dargestellt.“ Die SPD rechnet den Angaben zufolge damit, dass die Union das Gesprächsangebot annehmen wird.

Eichwede: Den Vorschlag kann man „schlecht ausschlagen”

Ein direktes Gespräch mit Brosius-Gersdorf mit der Unionsfraktion sei ein „Vorschlag, den man schlecht ausschlagen kann“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede am Samstag zu Welt TV. Es gelte, dass „man doch in der Demokratie immer bereit sein muss, miteinander zu reden und eben Zweifel auszuräumen“.

Weiter sagte Eichwede: „Wenn man Kritik äußert, gerade wenn man sehr persönlich wird, ist es gut, sich in die Augen zu gucken und darüber zu reden und gegebenenfalls auch Irrtümer auszuräumen.“ Von daher finde sie es „sehr gut, dass Frau Professorin Frauke Brosius-Gersdorf auch bereit wäre, sich bei der Unionsfraktion persönlich vorzustellen, um eben Zweifel auszuräumen“.

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Müller: „So etwas darf nicht passieren”

Der frühere Verfassungsrichter und ehemalige CDU-Politiker Peter Müller sagte der der Vorgang zeige „Führungsversagen der Union“. „So etwas darf nicht passieren.“ Müller war von 2011 bis 2023 Richter am Bundesverfassungsgericht. Davor war er Ministerpräsident des Saarlands.

Müller äußerte die Sorge, „dass die politische Mitte in Deutschland nur noch begrenzt handlungsfähig ist“. Dass es Vorbehalte gegen Personalvorschläge für Karlsruhe gebe, sei zwar nichts Neues, sagte der 69-Jährige. „Nur: Bisher wurde das im Vorfeld geklärt“.

Man könne nicht der SPD zusagen, die Wahl einer Richterkandidatin mitzutragen, „um später festzustellen, dass die notwendigen Mehrheiten in der eigenen Fraktion dafür nicht vorhanden sind“, sagte Müller weiter.

Das Bundesverfassungsgericht sei allerdings arbeitsfähig. Dies sei so, weil „die drei Richter, deren Amtszeit zu Ende ist, so lange bleiben, bis die gewählten Nachfolger übernehmen können“.

Dobrindt offen für Gespräche mit Linken

Er hätte „nicht das Problem, zum Telefon zu greifen und jemanden bei der Linkspartei anzurufen“, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Samstag dem Deutschlandfunk. Er würde solche Gespräche mit der Linken führen, „wenn es notwendig wäre“.

Bei der Schwesterpartei CDU gilt allerdings ein Beschluss, der eine Zusammenarbeit auf allen Ebenen mit der Linken ausschließt. Dieser Unvereinbarkeitsbeschluss war bei einem CDU-Bundesparteitag 2018 gefasst worden.

Dobrindt erinnerte im Deutschlandfunk an die Wahl des Bundeskanzlers, die erst im zweiten Wahlgang unter Verfahrens-Mithilfe der Linken möglich geworden war – nachdem der CDU-Kandidat Friedrich Merz im ersten Wahlgang überraschend durchgefallen war, hatte die Linke im Bundestag einen zweiten Wahlgang noch am selben Tag ermöglicht.

Damals sei er der einzige gewesen, der eine Handy-Nummer von der Linken parat gehabt habe, sagte Dobrindt. Inzwischen könne er sagen: „Ich habe sogar noch eine zweite Telefonnummer da, die ich da anwählen könnte.“

Für die Wahl von Verfassungsrichtern im Bundestag ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Dafür könnten im Bundestag die Stimmen von Linken oder AfD benötigt werden.

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Buschmann: Ablauf sei „unglücklich“ gewesen

Nach der Verschiebung der Wahl neuer Richter für das Bundesverfassungsgericht im Bundestag hat der frühere Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vor Folgen für das Gericht gewarnt.

„Öffentliche Angriffe auf die Reputation der Kandidaten wirken im schlimmsten Fall abschreckend auf herausragende Wissenschaftler, um sich künftig für ein Richteramt zur Verfügung zu stellen“, sagte Buschmann der „Rheinischen Post“. „Die aggressive Politisierung der Richterwahl ist eine Gefahr für das Ansehen des Bundesverfassungsgerichts.“

Der gesamte Ablauf sei „unglücklich“ gewesen. Im Interesse des Bundesverfassungsgerichts könne er nun nur dazu raten, „Kandidaten zu nominieren, für die ein breiter Konsens besteht“, sagte Buschmann. (dts/afp/red)

 

 



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