Klingbeil fordert Wiederholung der Richterwahl – CDU-Sprecher sieht keine Eile

In Kürze:
Lars Klingbeil fordert Wiederholung der Richterwahl
CDU-Sprecher sieht keine Eile
Staatsrechtler Thiele sieht Kampagne gegen zweite SPD-Kandidatin anlaufen
Doktorvater von Brosius-Gersdorf erlebt ein „Déjà-Vu“
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hält an der Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht fest und fordert eine Wiederholung der Richterwahl im Bundestag.
Nachdem die Bedenken seitens der Union gegen Brosius-Gersdorf wegen angeblicher Plagiatsvorwürfe ausgeräumt seien, „können wir die Wahl wieder auf die Tagesordnung des Bundestags setzen“, sagte Klingbeil der „Bild am Sonntag“. Für ihn sei es „eine prinzipielle Frage, ob man dem Druck von rechten Netzwerken nachgibt, die eine hoch qualifizierte Frau diffamiert haben.“
Die Union sieht keine Eile. „Wir haben keinen Zeitdruck und besprechen das mit der nötigen Ruhe in der Koalition“, sagte ein Sprecher der Unionsfraktion der „Rheinischen Post“. Der Plagiatsverdacht gegen Brosius-Gersdorf sei nie zentral gewesen bei den Vorbehalten gegen die Kandidatin.
„Es bestehen grundsätzliche, inhaltliche Bedenken in der Bundestagsfraktion.“
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese sagte der „Rheinischen Post“, dass es gut wäre, „wenn einige aus der Union ihren offenen Widerstand gegen die gemeinsame Verabredung aufgeben und aktiv das Gespräch mit Professorin Brosius-Gersdorf suchen würden“. Er fügte hinzu: „Miteinander reden hilft, um tragfähige Lösungen zu finden. Rechten Hetzkampagnen nachzugeben, wäre ein fataler Fehler.“
Verfassungsrechtler Thiele: Auch Kampagne gegen Kaufhold läuft an
Die Richterwahl wird weiterhin stark debattiert. Staatsrechtler Alexander Thiele bereitet es Sorgen, dass im Netz bereits eine Kampagne gegen die zweite SPD-Kandidatin, Ann-Katrin Kaufhold, anlaufe. „Auch da wird versucht, Stimmung gegen sie zu machen und sie als Klimaaktivistin hinzustellen“, sagte Thiele.
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Es sollte es im Interesse der Unionsfraktion liegen, Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin zu wählen. „Brosius-Gersdorf ist eigentlich eine wunderbare Kompromisskandidatin“, sagte Thiele der „Rheinischen Post“. „Die Auffassungen der Kandidatin in vielen Bereichen, zum Beispiel in wirtschaftlichen Themenfeldern, entsprechen zu großen Teilen denen der Union. Es scheint mir aus Sicht von CDU und CSU daher eher unklug, diese Person abzulehnen.“
Thiele zufolge sei es möglich, dass die SPD anderenfalls eine „wirklich linke Kandidatin aufstellt“. Diese könnte die Union „politisch dann aber nicht mehr ablehnen“.
Doktorvater mit „Déjà-Vu-Erlebnis“
Der Staatsrechtler Horst Dreier, Doktorvater von Frauke Brosius-Gersdorf und ehemaliger Kandidat für das Amt eines Verfassungsrichters, warnt vor einer Politisierung der Richterwahl wie in den Vereinigten Staaten. „Die ehemaligen Volksparteien haben keine Zwei-Drittel-Mehrheit, die informellen Absprachen zur Richterwahl funktionieren nicht mehr“, sagte Dreier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Das setze „an den Rändern“ Kräfte frei, die Kandidaten verhindern können. „Die Bandagen werden härter“, sagte Dreier. „Wir bewegen uns mit der Politisierung der Richterwahl ganz langsam in Richtung USA.“
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Wenn die Debatten so laufen würden, wie es im Moment rund um die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf geschieht, könne es sein, dass mögliche Kandidaten sich irgendwann gar nicht mehr nominieren lassen, sagte Dreier. „Oder nur noch diejenigen, die sich nie zu kontroversen Themen positioniert haben“, sagte der Rechtswissenschaftler weiter. „Dann haben wir in Karlsruhe nur noch graue Mäuse. Das kann keiner wollen. Wir brauchen profilierte, gute Leute.“
Dreier war 2008 für das Amt eines Bundesverfassungsrichters nominiert, wurde aber unter anderem wegen Positionen zu bioethischen Fragen scharf kritisiert. Die SPD zog seine Nominierung letztlich zurück. Die Diskussion um seine ehemalige Doktorandin Brosius-Gersdorf löse ein „Déjà-Vu-Erlebnis“ aus, sagte er.
(afp/dts/red)
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