Koalitions neuer Fahrplan: Keine Reichensteuer – Verschärfungen beim Bürgergeld

Bei ihrer Klausurtagung in Würzburg hat die Koalition aus CDU/CSU und SPD ein umfassendes Reformpaket beschlossen. Auf diese Weise soll das wirtschaftliche Wachstumspotenzial steigen, zudem soll es Erleichterungen bei Steuern und Energiekosten geben. Allerdings nicht sofort und nicht für alle zeitgleich.
Nach einem ruckeligen Start wollten die Koalitionsfraktionen ein Signal der Geschlossenheit senden.
Nach einem ruckeligen Start wollten die Koalitionsfraktionen ein Signal der Geschlossenheit senden.Foto: Heiko Becker/dpa
Von 30. August 2025

In Kürze:

  • Verteidigungsausgaben steigen bis 2029 auf 3,5 Prozent des BIP, neuer Wehrdienst
  • Steuerentlastungen für Unternehmen und private Haushalte, Investitionsbooster und Bürokratieabbau
  • Aktivrente, steuerfreie Überstunden und Tariftreuegesetz zur Stärkung des Arbeitsmarkts
  • Bürgergeld wird zur neuen Grundsicherung mit verschärften Sanktionen umgestaltet
  • Deutschlandticket wird über 2025 hinaus fortgeführt, Digitalpakt 2.0 beschlossen

 

Mit einem umfassenden Beschlusspapier endete am Freitag, 29. August, die zweitägige gemeinsame Klausur der Koalitionsfraktionen in Würzburg. Dieses umfasst sechs Seiten und soll unterstreichen, dass CDU, CSU und SPD gemeinsam entschlossen seien, ihr angekündigtes Reformprogramm in die Tat umzusetzen.

Beide bekannten sich zu einem „modernen Staat“ und einer „starken Wirtschaft“. Um wahrgenommenen inneren und äußeren Bedrohungen, Extremismus und Populismus entgegenzuwirken, setze man auf wirtschaftliche Dynamik und sozialen Zusammenhalt. Dies setze Investitionen und Reformen voraus.

Deutschland rüstet auf: Wehrdienst und 3,5 Prozent des BIP für Verteidigung

Einer der Beschlüsse im Rahmen des Programmpapiers für die kommenden Monate betrifft die Verteidigungspolitik. Die Koalition beschwört das Feindbild Russland ebenso wie die Entschlossenheit zur weiteren Verteidigung der Ukraine. Allerdings sollen auch konkrete Schritte zur Erfüllung der NATO-Vorgaben erfolgen. Bis 2029 sollen die Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des BIP steigen.

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Zudem sollen ein Beschaffungsbeschleunigungsgesetz und erleichterte Baumaßnahmen die militärische Infrastruktur stärken. Die Zielgröße für den Personalbestand der Bundeswehr soll bei 460.000 aktiven Soldaten und Reservisten liegen. Für einen vorerst weiteren freiwilligen Wehrdienst will die Koalition zeitnah ein Gesetz auf den Weg bringen. Weitere Impulse solle der Nationale Sicherheitsrat bringen.

Ein weiterer Schwerpunkt gilt der Wirtschaftspolitik. Obwohl man Indizien für eine Verbesserung der Stimmung zu erkennen meint, wolle man Maßnahmen setzen, um das Potenzialwachstum wieder auf deutlich über 1 Prozent anzuheben. Dazu soll es Verbesserungen bei der Planbarkeit und Entbürokratisierung und schnellere Genehmigungsverfahren geben.

Koalition will Steuern und Energiekosten senken – schrittweise

Die angestrebte Wirtschaftswende soll unter anderem über den sogenannten Investitionsbooster Fahrt aufnehmen. Zudem verspricht die Koalition die „größte Unternehmenssteuersenkung seit 15 Jahren“. Durch ein Aus für die Gasumlage und eine Senkung von Netzentgelten und der Stromsteuer – vorerst für etwa 600.000 Unternehmen – soll es auch eine Entlastung bei den Energiepreisen geben.

Um Leistungsanreize zu geben, soll es zur Mitte der Legislaturperiode – also etwa Anfang 2027 – für kleinere und mittlere Einkommen Senkungen bei der Einkommenssteuer geben. Überstundenzuschläge bleiben steuerfrei, im Rahmen der Aktivrente sollen Bezieher von Alterseinkünften monatlich bis zu 2.000 Euro steuerfrei hinzuverdienen dürfen.

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Die von der SPD und sogar Teilen der CDU im Vorfeld angeregte Erhöhung der Reichensteuer ist nicht Teil des gemeinsam verabredeten Arbeitspapiers. Die SPD erhält als Zugeständnis demgegenüber ein Tariftreuegesetz. Öffentliche Aufträge des Bundes ab 50.000 Euro und für Start-ups in den ersten vier Jahren der Gründung ab 100.000 Euro soll es nur noch geben, wenn diese ihren Beschäftigten Tarifbedingungen bieten.

Union und SPD einig über Rentengarantie

Im Rahmen eines Bürokratieabbauprogramms will man betroffenen Unternehmen bis zu 25 Prozent an Aufwand einsparen helfen. Zudem steht das nationale Lieferkettengesetz vor dem Aus. Die europäische Regelung bleibt jedoch in Kraft.

Auch bei der Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes konnten die Koalitionspartner eine Einigung erzielen. Hier wird es anstelle des bisherigen Heizungsgesetzes eine technologieoffene Neuregelung geben. Bei der Arbeitszeit tritt eine Option auf Wochenarbeitszeit zu den derzeitigen Regelungen über die Tageshöchstarbeitszeit hinzu.

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Reformen soll es auch im Bereich der Sozialpolitik geben. Während Frankreich auf höchster Ebene eine „Boomer-Privilegien“-Debatte erlebt, ist man sich in Deutschlands Regierung über ein garantiertes Rentenniveau einig. Dieses soll bis 2031 auf jeden Fall bei 48 Prozent bleiben.

„Neue Grundsicherung“: Verschärfungen bei Leistungsgewährung und Karenzzeit

Um künftige Generationen besser gegen unvorteilhafte Rentenaussichten aufgrund der demografischen Entwicklung abzusichern, soll es auch für alle Kinder von 6 bis 18 Jahren 10 Euro monatlich vom Staat als Zuschuss für ein Altersvorsorgedepot geben. Ein gemeinsames Bekenntnis gibt es auch zum Ausbau der Mütterrente und zur Erleichterung der betrieblichen Altersvorsorge für kleine und mittlere Betriebe.

Die Union bekommt auch die von ihr so vehement geforderten Verschärfungen beim Bürgergeld. Dieses wird zu einer „neuen Grundsicherung“ umgestaltet. Bei der Verweigerung zumutbarer Arbeitsangebote und grundlegender Mitwirkungspflichten soll es sogar einen vollständigen Leistungsentzug geben können.

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Allerdings ist man sich dessen bewusst, dass dieses Vorhaben an verfassungsrechtliche Grenzen stößt:

„Zugleich berücksichtigen wir die besondere Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen und beachten die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.“

Die Koalition will die Karenzzeit für den Zugriff auf das Vermögen abschaffen und das Schonvermögen an die Lebensleistung koppeln. Keine Karenzzeit soll es zudem geben, wenn die Unterkunftskosten als unverhältnismäßig erscheinen.

Koalition will Wohnbau erleichtern und Deutschlandticket absichern

Weitere Beschlüsse beinhalten unter anderem die Einrichtung einer Sozialstaatsreformkommission. Diese solle Vorschläge für eine Vereinfachung und Zusammenlegung von Leistungen ausarbeiten. Um den Wohnbau zu stimulieren, sollen Baugesetze, Städtebauförderung und Mietrecht eine Reform erfahren. Für Schulen und Infrastruktur soll es einen Digitalpakt 2.0 geben. Das Deutschlandticket soll über einen festen Finanzierungsschlüssel abgesichert werden. Der Nutzeranteil soll dabei ab 2029 schrittweise steigen.



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