Lauterbach bei Lanz: „Hätten härter in die Einschränkungen hineingehen müssen“

Schulschließungen, Ausgangssperren und Impfpflicht – trotz ständiger Forderung fehlt bis heute eine bundespolitische Aufarbeitung der Corona-Pandemie. In der prominent besetzten ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ zeigt sich bei diesem Thema, wie weit auch heute noch die Wahrnehmung auseinandergeht.
Titelbild
An der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ zur Corona-Aufarbeitung nahmen v.l. neben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auch Alyna Buyx, Mitglied des Expertenrates „Gesundheit und Resilienz“ der deutschen Bundesregierung, die Virologen Hendrik Streeck, Alexander Kekulé und Jonas Schmidt-Chanasit teil.Foto: Screenshot/ZDF-Mediathek
Von 12. April 2025

„Es hat noch nie in der Geschichte der Menschheit eine Impfung gegeben, die so intensiv untersucht worden ist, wie die Corona-Impfung“, so der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ zum Thema „Corona-Aufarbeitung“.

Die große Mehrheit der Wissenschaftler sei der Meinung, dass die Impfstoffe gut erforscht seien und und eine hohe Wirksamkeit hätten. „Das hat sich auch nicht geändert“, sagte der Minister in der am 10. April veröffentlichten Sendung, die drei Tage zuvor aufgezeichnet worden war.

Der Virologe Alexander Kekulé wollte das so nicht stehen lassen. Er berichtete von der kürzlich veröffentlichten Arbeit einer renommierten Wissenschaftlerin der Yale Universität, die bei ihren Untersuchungen an Geimpften noch Monate nach der Impfung aktive Messenger-RNA feststellen konnte.

Sie konnte auch das Antigen (Spike-Protein) nachweisen, dessen Produktion durch die Messenger-RNA des Impfstoffs angeregt wird. Genau dieses Antigen stehe jedoch im Verdacht, die Ursache für das Post-Vac-Syndrom zu sein, so der Virologe.

Wie könne das sein, so Kekulé, wenn nach Angaben des Impfstoffherstellers BioNTech/Pfizer die Messenger-RNA aus dessen Impfstoff „Comirnaty“ bereits nach zwei Wochen im Körper nicht mehr nachweisbar sei. Lauterbach könne also nicht sagen, dass alles erforscht sei und dass nichts passieren könne.

Medizinische Schäden durch die Impfung

Kekulé wies darauf hin, dass die Impfung auch medizinische Schäden verursacht habe. Wie viele wisse niemand genau. „Ich persönlich glaube, es ist ein geringer Anteil, der aber immer so ein bisschen kleingeredet wurde“.

Zurückblickend auf die Corona-Pandemie machte er ein Versagen bei den Wissenschaftlern aus, die in dieser Zeit den Ton angegeben hätten. Dabei bezog er Lauterbach mit ein. Sie hätten der Politik Empfehlungen gegeben und sich zu wenig mit anderen Wissenschaftlern ausgetauscht.

Hinter den Kulissen habe es unter den Wissenschaftlern ein „Hauen und Stechen“ gegeben, wobei kritische Wissenschaftler angegriffen worden seien, so Kekulé weiter. Gleichzeitig sei wissenschaftliche Propaganda betrieben worden.

Für Lauterbach hingegen war man in der Pandemie „einmal“ nicht der Schlechteste in Westeuropa. „Das war in vielen Teilen klasse.“

Es seien auch Dinge schiefgegangen, aber gerade in der ersten Welle habe man viel geschafft. Die Übersterblichkeit sei zur Zeit der Corona-Pandemie „niedriger als bei vielen Nachbarländern“ gewesen, so der Minister.

Streeck: Mit dem Hammer agiert, statt differenziert

Das führte zu einem massiven Kontra der eingeladenen Virologen, zu denen neben Kekulé, auch Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit gehörten. Alle drei hatten sich in der Corona-Zeit kritisch zu den staatlichen Corona-Maßnahmen geäußert.

Streeck sah zwar ein „schnelles und gutes“ Handeln in der ersten Welle. „Aber in der zweiten Welle, hin zur dritten Welle, da waren wir zu undifferenziert unterwegs“. Anstatt differenzierte Maßnahmen zu ergreifen, sei man sehr häufig mit dem Hammer losgezogen, so der Virologe, der mittlerweile für die CDU im Bundestag sitzt.

In dieser Zeit habe sich die Gesellschaft auseinander bewegt, „weil wir da einfach auch auf bestimmte Stimmen nicht mehr gehört haben“.

Besonders in Ostdeutschland stecke der „Stachel“ tief, dieses Gefühl, dass politisch verordnete Maßnahmen den Menschen auferlegt worden seien, „ohne dass darüber gesprochen wurde“, so der Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn.

Kekulé warf Lauterbach vor, die Bevölkerung während der Pandemie durch Begriffe wie „Killervariante“ verängstigt zu haben, um die Menschen zur Impfung zu drängen.

Er kritisierte, dass mit Angst gearbeitet worden sei und die Politik fragwürdige Aussagen des RKI genutzt habe, um zur Impfung aufzurufen. Für Streeck war dies eine „Propaganda der Gutmeinenden“.

Nebenwirkungsfrei-Aussage von Lauterbach

Schmidt-Chanasit schloss sich der Kritik an. Er kritisierte, dass von Personen „die eine unheimliche Bedeutung in der Zeit hatten“ „schwierige“ Aussagen gemacht worden seien.

Dabei verwies er auf die Aussage Lauterbachs, dass die Corona-Impfung „mehr oder weniger nebenwirkungsfrei“ sei. Damit hätten Vertreter von Regierung und Wissenschaft das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert. Lauterbach erklärte dazu, dass er den Satz zur Nebenwirkungsfreiheit jetzt vorsichtiger formulieren würde.

Virologe kritisiert fehlende Transparenz

Streeck kritisierte auch die mangelnde Transparenz gegenüber den Bürgern. Als Beispiel nannte er den erst im März 2025 bekannt gewordenen BND-Bericht, der bereits 2020 einen Laborunfall in Wuhan als wahrscheinlichen Auslöser der weltweiten Corona-Pandemie bezeichnete.

Das, was am Anfang als falsch oder als Verschwörungstheorie abgetan worden sei, sei am Ende doch wahr, oder zumindest teilweise richtig gewesen, so der Virologe. Dadurch, dass viele der Regierung „nicht mehr oder nicht mehr ganz vertrauen“ konnten, sei eine Spaltung in der Bevölkerung hervorgerufen worden.

Alyna Buyx, Professorin für Ethik der Medizin und Gesundheitstechnologien an der TU München, bekräftigte hingegen die Aussagen Lauterbachs. Sie war von 2020 bis 2024 Vorsitzende des Ethikrats und in dieser Zeit medial omnipräsent. Seit 2024 ist sie Mitglied des Expertenrats „Gesundheit und Resilienz“ der Bundesregierung, dem Nachfolgegremium des Corona-Expertenrats.

Durch die Corona-Impfung seien in Europa 1,6 Millionen Menschenleben gerettet worden, so Buyx. Dass die Impfung aus Deutschland gekommen sei, sei ein großer Erfolg, so die Medizinerin. Andere Länder würden das „wahnsinnig feiern“.

Nach weltweit 4,3 Milliarden Corona-Impfungen seien keine unerkannten Nebenwirkungen aufgetreten. „Also wir wussten zu dem Zeitpunkt wirklich alles über die Sicherheit der Impfung und da haben sich auch die Zahlenverhältnisse nicht mehr verändert“, so Buyx.

Kekulé: „Gesellschaftliche Spaltung“

Im Vergleich zu Ländern, die keine restriktiven Maßnahmen wie Lockdowns und Schulschließungen ergriffen hätten, habe Deutschland einen wesentlich höheren Preis als diese gezahlt, obwohl die Sterblichkeitszahlen ähnlich gewesen seien, so Kekulé. Dies gelte in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht, aber auch im Hinblick auf die gesellschaftliche Spaltung, so der inzwischen pensionierte Virologe.

„Es ist einfach so, dass wir sozial uns auseinandergelebt haben, weil wir irgendwie es nicht geschafft haben, das zu begründen, was da passiert ist.“

Gesundheitsminister hätte sich mehr Druck gewünscht

Für Lauterbach hat die Politik zeitweise zu wenig Druck auf die Bevölkerung ausgeübt. „In der zweiten Welle, im Herbst 2020, haben wir aus meiner Sicht weitestgehend unnötigerweise noch einmal 60.000 Menschen verloren.“

Da sei man einfach nicht konsequent genug gewesen. „Wir hätten damals für eine begrenzte Zeit härter in die Einschränkungen hineingehen müssen“, meinte der Gesundheitspolitiker rückblickend. Gleichzeitig sagte er in der Sendung: „Mich hat ehrlich gesagt überrascht, dass die Zustimmung für die Maßnahmen so lange gehalten hat.“

Für das Misstrauen eines Teils der Bevölkerung in die Regierungsarbeit sieht er „rechte Narrative“ verantwortlich. In allen europäischen Ländern würden die staatlichen Maßnahmen von rechtspopulistischen Parteien aufgegriffen, „die sich sowieso schwer mit der Macht des Staates tun“, so der SPD-Politiker.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion