Lieferkettengesetz: Deutschland lockert Pflichten – EU plant schärfere Auflagen

In Kürze:
- Die Bundesregierung beschließt Änderungen am Lieferkettengesetz.
- Berichtspflichten für Unternehmen sollen entfallen – Sanktionen bleiben.
- Wirtschaft fürchtet Wettbewerbsnachteile, NGOs warnen vor schwächeren Kinderrechten.
Am Mittwoch, 3. September, hat sich das Bundeskabinett auf einen Gesetzentwurf zum Lieferkettengesetz geeinigt. Damit kommt die Regierungskoalition einer Ankündigung nach, die sie Ende der Vorwoche im Anschluss an die gemeinsame Klausur von CDU/CSU und SPD gemacht hatte.
Demnach will man die Unternehmen bezüglich ihrer Berichtspflichten über die Einhaltung von Menschenrechtsstandards innerhalb ihrer Lieferketten entlasten. Sanktionen aufgrund von Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten soll es weiterhin geben, allerdings nur noch in gravierenden Fällen. Dies geht aus dem beschlossenen Gesetzentwurf hervor.
Lieferkettengesetz soll bis zur Umsetzung der Vorgaben aus Brüssel gelten
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erklärte, dass man mit der Streichung der Berichtspflicht den Koalitionsvertrag zügig umsetzt, um Unternehmen weiter zu entlasten. Gleichzeitig halte man Schutzstandards gegen Kinder- und Zwangsarbeit oder ausbeuterische Arbeitsbedingungen hoch.
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Bis zur Umsetzung der EU-Richtlinie vermeide man damit „doppelte Berichtspflichten“. Das nationale Lieferkettengesetz gelte weiterhin, bis es durch ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie ersetzt werde.
Diese könnte bis dahin noch Änderungen erfahren, weil es massive Widerstände aus der Wirtschaft gibt. Neben der Belastung mit Berichtspflichten und Bußgeldern fürchtet sie weitere Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit.
EU-Richtlinie soll bis 2027 umgesetzt sein
Das deutsche Lieferkettengesetz gilt seit Januar 2023. Es gilt für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Diese müssen Risiken bezüglich ESG-Standards in ihren Lieferketten dokumentieren, bewerten und erforderlichenfalls Gegenmaßnahmen treffen. Die Verpflichtungen gelten vorwiegend für direkte Zulieferer. Bezüglich der Kette sind die Regelungen insgesamt etwas weiter gefasst.
Mittelfristig sollen die Berichtspflichten dem Koalitionsvertrag zufolge vollständig entfallen. Um die EU-Richtlinie umzusetzen, soll es ein „Gesetz zur internationalen Unternehmensverantwortung“ geben. Die Richtlinie ist seit 2024 in Kraft. Bis 2027 müssen die Mitgliedstaaten sie umsetzen.
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Die EU-Richtlinie gilt ebenfalls für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Allerdings stellt ein Umsatz von mindestens 450 Millionen Euro eine weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit dar. Da die Richtlinie auch für ausländische Unternehmen mit großem EU-Umsatz gelten soll, hat Katar bereits die Lieferung von LNG infrage gestellt.
Arbeitgebern geht Lieferkettengesetz neu zu weit – NGOs zu wenig weit
Die Überwachungspflichten gemäß der EU-Richtlinie sollen sich schrittweise über die gesamte Lieferkette erstrecken. Dies würde auch mittelbare Zulieferer und Tochterunternehmen betreffen. Für Verstöße sind hohe Bußgelder und zivilrechtliche Haftungsverpflichtungen von bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes vorgesehen. Sowohl Geschädigten als auch Gewerkschaften oder NGOs sollen Klagerechte zukommen.
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, äußerte sich gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ enttäuscht über den Beschluss:
„Statt das Lieferkettengesetz wie mehrfach versprochen abzuschaffen, wird es in seiner Belastungswirkung bestätigt.“
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Die Organisation Terre des Hommes kritisiert die geplante Erleichterung aus einem anderen Grund. In einer Erklärung heißt es, das Lieferkettengesetz sei „nach viel zu kurzer Konsultationszeit“ abgeschwächt worden. Dadurch würden zwar Berichtspflichten entfallen, Unternehmen hätten jedoch auch „weniger Anreize, Kinderrechte in ihren Lieferketten zu schützen und Kinderarbeit konsequent zu verhindern“. Die Organisation fordert den Bundestag auf, den beschlossenen Änderungen nicht zuzustimmen.
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