Lübcke-Statue vor CDU-Zentrale platziert – Merz: „Vollkommen geschmacklos“

Mit einer bronzenen Statue des ermordeten CDU-Politikers Walter Lübcke hat das „Zentrum für Politische Schönheit“ eine kontroverse Aktion vor dem Konrad-Adenauer-Haus gestartet. Die Gruppe wirft der Union eine Annäherung an die AfD vor – und erntet dafür breite Kritik von CDU-Politikern.
Zentrum für Politische Schönheit installiert Lübcke-Statue vor CDU-Parteizentrale
Zentrum für Politische Schönheit installiert Lübcke-Statue vor CDU-Parteizentrale.Foto: Markus Lenhardt/dpa
Von 3. Dezember 2025

In Kürze:

  • Aktivisten installieren lebensgroße Walter-LübckeStatue vor der CDU-Parteizentrale in Berlin.
  • Das Künstlerkollektiv wirft der CDU mangelnde Distanz zur AfD vor.
  • Der Bundeskanzler, CDU-Politiker Brand und Berlins Regierender Bürgermeister Wegner verurteilen die Aktion scharf.
  • Aktivisten bekräftigen den Anspruch, die CDU an ihre Verantwortung gegenüber dem politischen Extremismus zu erinnern.

 

Am Dienstag, 2. Dezember, hat die Aktivistengruppe „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS) vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin eine lebensgroße Statue von Walter Lübcke aufgestellt. Der frühere Kasseler Regierungspräsident wurde 2019 auf der Terrasse seines eigenen Hauses aus rechtsextremistischen Beweggründen erschossen. Ein langjähriger Angehöriger der örtlichen Neonazi-Szene wurde im Jahr 2021 für den Mord zu lebenslanger Haft verurteilt. Einem weiteren Angeklagten konnte keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden.

ZPS will mit Lübcke-Statue „Brandmauer stabiler“ machen

Das ZPS begründet die Aktion, für die es eine eigene Website mit Spendenaufruf und Verkauf von Walter-Lübcke-Gedenkkerzen und andere „Geschenken“ gibt, mit einer von ihr wahrgenommenen schwindenden Distanz der CDU zur AfD. Lübcke sei, so heißt es, das „erste konservative Todesopfer der AfD“. Mit dem Denkmal vor der Parteizentrale will das Künstlerkollektiv erreichen, dass die sogenannte Brandmauer „stabiler werde“.

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Mitglied der AfD war der für den Mord verurteilte Stephan Ernst nicht. Er habe für die Partei Wahlplakate aufgehängt, Stammtische besucht und an Kundgebungen teilgenommen, erklärte er vor Gericht. Sein Entschluss, Lübcke „anzugreifen“, sei während eines von der AfD organisierten Schweigemarsches in Chemnitz gefallen. Örtlichen Politikern und Funktionsträgern der AfD in Kassel war Ernst jedoch nicht bekannt, hieß es aus dem hessischen Landesverband, wie Medien berichteten.

Lübcke stand seit 2015 im Visier von Hasskommentaren und Drohungen. Anlass war eine Bürgerversammlung zur Aufnahme von Geflüchteten in Lohfelden im Oktober des Jahres. Dort hatte er auf Pöbeleien und Zwischenrufe aus dem Publikum mit einer Würdigung des Engagements von Freiwilligen, Schulen und Kirchen reagiert. In verkürzter Weise und aus dem Zusammenhang genommen wurde anschließend seine Aussage:

„Es lohnt sich, in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen.“

Empörung in der CDU: „Missbrauch von ermordeten Demokraten“

Während das ZPS den ermordeten CDU-Politiker zum Vorbild einer klaren Distanz von Konservativen zur extremen Rechten erklärt, stößt die Aktion andernorts auf Kritik. Bisher äußerte sich die Familie des Ermordeten nicht dazu.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Aktion als „vollkommen geschmacklos“ bezeichnet.

Michael Brand, Freund der Familie und CDU-Bundestagsabgeordneter für Fulda, nannte den Vorstoß „unanständig und würdelos“.

Wer Lübcke gekannt habe, so erklärte er gegenüber dem „Tagesspiegel“, wisse, dass dieser „als aufrechter Konservativer für menschlichen Umgang mit Flüchtlingen und Migranten“ gewesen sei. Gleichzeitig sei er jedoch auch „eindeutig in der Frage von illegaler Migration“ gewesen. Lübcke und Merz seien „von ihren Grundauffassungen sehr ähnlich“.

Brand forderte das ZPS dazu auf, „diese infame Aktion abzubrechen und sich bei der Familie zu entschuldigen“. Die Aktion mache ihn wütend.

„Wir Demokraten bekämpfen die Extremisten von der AfD nicht durch den Missbrauch von ermordeten Demokraten“, so Brand.

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Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, hat das Vorgehen des ZPS verurteilt. Auf X erklärte der CDU-Politiker, die Installation sei „in ihrer Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten“.

Ihn in eine „sogenannte künstlerische Provokation hineinzuziehen, die bewusst auf Eskalation und gesellschaftliche Spaltung“ setze, sei „schlicht unanständig“.

Bezirksbürgermeisterin: CDU hat kein Monopol auf Lübcke-Gedenken

Das Zentrum für Politische Schönheit hingegen betont, sie wolle die CDU lediglich an ihre Verantwortung „erinnern“, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Ohne die CDU gebe es für die vom Verfassungsschutz beobachtete Partei „keine Machtoption“. Deshalb habe man den „letzten Helden der CDU in Bronze gegossen“ und den „Walter-Lübcke-Memorial Park“ errichtet.

Die grüne Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte, Stefanie Remlinger, verteidigte die Genehmigung der Errichtung der Statue. Kunst dürfe „politisch sein“, erklärte die Verwaltungsspitzenbeamtin.

Gegenüber dem „Tagesspiegel“ äußerte sie, dass das Straßen- und Grünflächenamt Kunst im öffentlichen Raum im Rahmen der Kunstfreiheit genehmige. Solange das Grundgesetz dadurch nicht verletzt werde, sei dies auch der Regelfall. Qualitative Bewertungen seien nicht die Aufgabe des Amtes. Auch das Bezirksamt habe keinen Anlass zu Beanstandungen gesehen. Remlinger äußerte weiter:

„Ich glaube nicht, dass die CDU das Monopol hat, an Walter Lübcke zu erinnern.“

Das ZPS hat auf seinem X-Kanal ein paar Reaktionen von Passanten zum Denkmal zusammengefasst.

ZPS: Kampf um die Menschenrechte oder Selbstgerechtigkeit?

Beim ZPS handelt es sich um einen erstmals 2009 in Erscheinung getretenen Zusammenschluss unter der Leitung des Theaterregisseurs Philipp Ruch. Mehr als 100 Kulturschaffende sollen ihm angehören. Mit seinen Aktionen liefere das Kollektiv nach eigenen Angaben „einen wirkmächtigeren Kampf um die Menschenrechte“.

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Allerdings hat die Gruppe auch bereits mit mehreren Aktionen scharfe Kritik hervorgerufen. Die bekannte jüdische Publizistin Ramona Ambs äußerte sich beispielsweise 2019 auf Facebook zu einer „Gedenksäule“, die das ZPS vor dem Reichstag in Berlin aufgestellt hatte. Diese soll mit Erdreich gefüllt gewesen sein, das auch Asche von ermordeten Opfern von NS-Vernichtungslagern enthalten habe.

Ambs schrieb dazu:

„Ich erkläre Euch jetzt mal, wie Salmen Gradowski den Satz: ‚Suchet in der Asche. Die haben wir verstreut, damit die Welt sachliche Beweisstücke von Millionen von Menschen finden kann‘ gemeint hat. Es ist eigentlich ganz einfach: Er wollte, dass die Welt erfährt, was passiert ist. Er wollte, dass man weiß, wer und wie viel verloren ging. […] Er hat nicht gesagt: ‚Nehmt unsere Toten, grabt sie aus, stopft sie in eine Säule und beleuchtet sie, damit die Nachfahren der Täter mal wieder moralische Selbstbesoffenheit feiern können.‘“

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Daniel Haas schrieb 2018 in der „Neuen Zürcher Zeitung“, es sei Selbstgerechtigkeit, die beim Wirken der Künstlergruppe im Vordergrund stehe. Das ZPS greife keine Missstände auf, sondern profitiere von deren Eskalation.



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