Mehr Klimaschutz, aber sozial: Grünen-Spitze will Parteiprofil schärfen
In Kürze:
- 28. bis 30. November 2025: Der Bundesparteitag der Grünen findet in Hannover statt
- Motto: „Damit Zukunft wieder Zukunft hat“
- Parteispitze möchte sich mit sozialverträglicher Klimaschutzpolitik neu profilieren
- Hitzige Debatten vor allem zum Thema Wehrpflicht zu erwarten
Während der Bundestag am Freitag, 28. November 2025, gegen 15:00 Uhr über den Haushalt 2026 abstimmt, wird in Halle 7 der Messe Hannover die 51. Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) der Grünen eingeläutet. Das Motto lautet: „Damit Zukunft wieder Zukunft hat“.
Bis einschließlich Sonntagnachmittag geht es den gut 800 stimmberechtigten Mitgliedern aus ganz Deutschland und weiteren Gästen darum, nach der geplatzten Ampelkoalition und vor den fünf Landtagswahlen 2026 die Parole „Auf zu neuen Höhen“ mit Leben zu füllen. Dafür hatte am Donnerstag Co-Parteichef Felix Banaszak in einem Podcastgespräch des Portals „Politico“ geworben.
Seit Monaten Stillstand in den Umfragen
Bei der Sonntagsfrage standen die Grünen zuletzt ziemlich konstant zwischen 11 und 12 Prozent – seit dem 11,6-Prozent-Ergebnis bei der jüngsten Bundestagswahl hat sich also nicht viel in der Wählergunst geändert. Die dreitägige Konferenz soll nach Angaben des Regionsverbands Hannover auf der Website Gruene.de live übertragen werden.
„Wir haben in den letzten Jahren alle Aufmerksamkeit auf zwei Figuren – auf Robert Habeck und Annalena Baerbock – fokussiert. Jetzt ist es unsere Aufgabe, Profil zu entwickeln“, räumte Banaszak bei „Politico“ ein.
Grundsatzdebatten über die politische Lage und die „Parteistrukturen in Zeiten des Umbruchs“ stehen schon am ersten Tag der BDK auf dem Programm.
Banaszak: „Klimaschutz konsequent sozial ausrichten“
Die Vision der Parteispitze ist bereits klar. Um „grüne Politik für die Vielen“ zu gestalten, gelte es, „die wirklich tiefgreifenden Sorgen“ innerhalb der Gesellschaft „zur Grundlage der Aktion zu machen“, meinte Banaszak im Podcast.
Es bedürfe eines „glaubwürdigen progressiven und ökologischen Gegenentwurfs“ zur Politik von Union und AfD, fasste Banaszak seine Ideen im Interview mit der „Rheinischen Post“ zusammen.
Aus Sicht des 36-Jährigen gehe es dabei beispielsweise um eine wieder funktionierende Infrastruktur, in erster Linie aber darum, den „Klimaschutz konsequent sozial auszurichten und dafür zu sorgen, dass er wirtschaftlich funktioniert“, so der Grünen-Co-Vorsitzende bei.
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Ein entsprechender Antrag des Bundesvorstands wird voraussichtlich am Samstagvormittag zur Sprache kommen. Gefordert wird unter anderem ab 2027 „ein sozial und regional gestaffeltes Klimageld“, das aus „Teilen der Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung“ finanziert werden soll.
Steuergeld soll zudem nicht länger nur für die Anschaffung von Wärmepumpen, sondern auch für andere Modernisierungsmaßnahmen wie Geothermie oder energetische Gebäudesanierungen sowie in die kommunale Wärmeplanung fließen. Für Vermieter solle gelten: „Wer nicht saniert, zahlt mehr als bisher – wer seine Mieter*innen vor Energiekostensteigerungen schützt, wird belohnt.“
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Staatseinnahmen durch Belastung von Energie- und KI-Konzernen erhöhen
Mehr Geld für die Staatskasse soll nach Vorstellungen Banaszaks durch höhere Steuern für „große Öl- und Gaskonzerne wie Shell, BP oder Exxon Mobil“ erzielt werden. Gegenüber der „Rheinischen Post“ schlug er vor, die Folgekosten des Klimawandels bei „großen Öl- und Gaskonzernen wie Shell, BP oder Exxon Mobil“ einzufordern. Darüber hinaus bräuchten „fossile Geschäftsmodelle“ ein „Enddatum“.
Er unterstützte auch die Idee des zuletzt unter Druck geratenen Kulturstaatsministers Wolfram Weimer, Digitalkonzerne für die Nutzung literarischer Werke zahlen zu lassen: „Das Traurige ist, dass Wolfram Weimar dafür bisher allein kämpft – ohne die Rückendeckung des Bundeskanzlers“. Immerhin gehe es in dieser Frage „auch um europäische Innovationskraft und unsere digitale Souveränität“, so der gebürtige Duisburger.
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Samstagabend: Ukraine, Nahost, Wehrpflicht
Am Samstagabend könnte es zu besonders hitzigen Debatten kommen, denn dann geht es um außenpolitische Themen wie den Krieg in der Ukraine, den Umgang mit der Lage in Nahost und um das Ob und Wie einer Wehrpflicht.
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Banaszak plädierte dafür, „alles dafür zu tun, dass die Bundeswehr jetzt genug Leute bekommt“, um Deutschland verteidigungsfähig zu halten. Er gab aber auch zu verstehen, dass man dabei die Interessen junger Menschen nicht aus dem Blick verlieren dürfe. Ein Losverfahren sei jedenfalls „ein schlechtes Signal“.
Mitte Oktober hatten sich knapp 100 prominente Parteimitglieder, darunter der Europaausschussvorsitzende Anton Hofreiter, die Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, und Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank für die Einführung eines obligatorischen „Gesellschaftsjahres für alle“ ausgesprochen.
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Die Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, sprach sich gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Bezahlschranke) allerdings gegen einen solchen Pflichtdienst aus. Ihrer Einschätzung nach seien junge Menschen aus eigenem Antrieb bereit, „Verantwortung für dieses Land“ zu übernehmen. Vertreter der Grünen Jugend hatten einen Antrag gegen die Wiedereinführung einer Wehrpflicht eingereicht.
Grüne Jugend will weiter nach links
Ihr Co-Vorsitzender Luis Bobga kündigte in der „Süddeutschen Zeitung“ (Bezahlschranke) bereits an, den Antrag zu unterstützen:
„Wir sagen ‚Nein‘ zu einer Wehrpflicht durch die Hintertür. Wir sagen ‚Nein‘ zu einem verpflichtenden Gesellschaftsjahr, und wir sagen auch ‚Nein‘ zu verpflichtenden Musterungen für junge Menschen ab Jahrgang 2008.“
Ein klares Ja sendete Bobga dagegen zu dem Vorhaben, die „Debatten und den Kurs der Partei“ wieder weiter nach links zu rücken – etwa mit einem Recht für Kommunen, die Mieten fünf Jahre lang zu deckeln. Bezahlbares Wohnen sei für ihn „die größte soziale Frage unserer Zeit“.
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Überhaupt forderte Bobga mehr Mut von seiner Partei. Sich gegenüber der politischen Konkurrenz „geschmeidig durchzulavieren“, sei „der falsche Weg“. Wäre es nach ihm gegangen, so hätten die Grünen ruhig äußern dürfen, dass die Stadtbild-Aussage des Kanzlers „rassistisch“ gewesen sei. „Das war eine verpasste Chance“, meinte der 23-Jährige. Bei der nächsten Bundestagswahl müsse seine Partei wieder „mit klaren Botschaften an den Start gehen“.
Bobga hatte die Führung der Grünen Jugend im Oktober zusammen mit Henriette Held in Nachfolge des Duos Jette Nietzard/Jakob Blasel übernommen.
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Kommunen besserstellen
Am Sonntag steht unter anderem ein Antrag des Bundesvorstands zur Stärkung der Kommunen auf dem Programm. „Wenn der Bund oder die Länder neue Aufgaben für die Kommunen beschließen, dann müssen sie auch für die Kosten geradestehen“, fordert die Parteispitze. Der Bund sei zudem gefragt, wenn es um die bundesweit einheitliche Digitalisierung der Verwaltung, um Altschuldenprobleme oder um einen höheren Umsatzsteueranteil für die Kommunen geht.
Die Kommunen selbst sollten vermehrt auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzen und damit „Einnahmepotenziale“ heben. Größere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Erhebung von Unternehmenssteuern und bei einer Verpackungsmittelabgabe stehen ebenfalls auf dem Wunschzettel des Grünen-Bundesvorstands.
Von der gegenwärtigen „Regierungskrise“ profitieren nach Ansicht von Banaszak „vor allem die Antidemokraten“. Nach den Ampeljahren Vertrauen für die Grünen zurückzugewinnen, brauche „vielleicht ein bisschen mehr als ein paar Monate“, räumte der Co-Parteivorsitzende bei „Politico“ ein.
Grüne Jugend auch bei Anti-AfD-Protesten in Gießen am Start
Parallel zum Grünen-Parteitag trifft sich ab Samstag in Gießen der Nachwuchs der AfD, um eine neue Jugendorganisation zu gründen.
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In der mittelhessischen Universitätsstadt könnte es zu einem der größten Polizeieinsätze in der Geschichte der Bundesrepublik kommen. Für den Samstag waren auf der Antifa-Website „Indymedia“ „massenhafte Blockaden gegen die neue Nazi-Jugend“ angekündigt worden.
Mitglieder der Grünen Jugend werden die Protestaktionen vor Ort an der Seite von Initiativen wie „Gießen bleibt bunt“, „Gießen für Toleranz“ und der „Omas gegen Rechts“ unterstützen. Dem lokalen Aktionsbündnis schlossen sich auch die Linken und der DGB an. Ihrer Ablehnung der AfD wollen auch die örtliche FDP, die Lebenshilfe, die jüdische und die muslimische Gemeinde sowie die evangelische Kirche und viele andere Gruppen Ausdruck verleihen.
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