Merz bekräftigt deutschen Führungsanspruch in Europa und fordert Aufbau einer europäischen Börse

Deutschland gehe es nur gut, wenn es Europa gut gehe – und Europa könne nur stark sein, wenn das große Land in seiner Mitte stark sei. Das sagt Bundeskanzler Merz. Er verlangt die militärische Stärkung Europas, mehr rein europäische Wirtschaftsabkommen – und die stärkere Nutzung der in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerte.
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Bundeskanzler Friedrich Merz am 16.10.2025 im Bundestag.Foto: Tobias Schwarz/AFP via Getty Images
Epoch Times16. Oktober 2025

Bundeskanzler Friedrich Merz bekräftigt den Anspruch Deutschlands, in der EU die Führungsrolle zu übernehmen.

Die Bundesregierung arbeite unter dem Leitgedanken „Verantwortung für Deutschland“, sagte Merz bei seiner Regierungserklärung im Bundestag. „Aber dieser Leitgedanke ist erst dann ganz verstanden, wenn wir auch Führungsverantwortung in Europa übernehmen.“

Denn Deutschland gehe es nur gut, wenn es Europa gut gehe, und Europa könne nur stark sein, wenn das große Land in seiner Mitte stark sei.

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„Die gute Nachricht ist, dass wir wissen, wie wir aus den Möglichkeiten Europas auch Chancen für Deutschland ableiten können“, so Merz.

„Wir wissen, dass die Stärke unseres Landes und die Stärke Europas mit seiner Wirtschaftskraft steht und fällt.“ Es bestehe Einigkeit mit den europäischen Partnern, „dass wir in Deutschland, genauso wie in Europa, unsere gebündelte Anstrengung jetzt darauf richten müssen, eben unsere Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig zu machen“.

Merz fordert militärische Stärkung Europas

Merz fordert die militärische Stärkung Europas. Nur mit militärischer Stärke könne Europa eine „Friedensmacht sein in der Welt“. In dieser „rauer werdenden und gewordenen Welt“ gelte:

„Nur Stärke bewahrt Frieden, Schwäche bringt den Frieden ins Wanken“.

„Frieden in Freiheit gelingt nur, wenn er unterlegt ist mit Stärke – mit wirtschaftlicher Stärke, mit politischer Stärke und Entschlossenheit und auch mit militärischer Stärke“, sagte der Kanzler weiter.

Eine der „historischen Lehren“ aus der europäischen Geschichte sei: „Jedes einzelne europäische Land ist auf sich gestellt wirtschaftlich und politisch zu klein, um das Weltgeschehen wirklich mitzubestimmen. Aber im Verbund mit allen zusammen haben wir alle Möglichkeiten, die Entwicklung der Welt zum Besseren zu gestalten.“

Merz: „Nur Stärke bewahrt Frieden“

Merz verwies in diesem Zusammenhang auf das am 13. Oktober unterzeichnete Waffenruhe-Abkommen zum Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Dieses habe gezeigt: „Politisches Handeln macht einen Unterschied in dieser Welt zum Guten wie zum Schlechten.“

Ausdrücklich dankte der Kanzler US-Präsident Donald Trump, dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und arabischen Staatschefs, die das Abkommen möglich gemacht hätten. Deshalb sei der 13. Oktober für ihn „ein Anlass, uns der eigenen Verantwortung zum Handeln noch entschiedener zu stellen“, forderte er.

„Europa muss seine Möglichkeiten entschlossener und geschlossener nutzen und muss seine Macht zum Einsatz bringen, um die Welt zum Besseren zu gestalten.“

Eine Friedensmacht zu sein, bleibe die Grundidee der EU und sei auch eine zentrale Gründungsidee der Bundesrepublik Deutschland, sagte Merz und betone den zweiten Teil des Wortes „Friedensmacht“.

Frieden in Freiheit gelinge nur, wo der Frieden unterlegt sei mit wirtschaftlicher und politischer Stärke und Entschlossenheit sowie auch mit militärischer Stärke. „Denn in dieser rauer werdenden und gewordenen Welt gilt: Nur Stärke bewahrt Frieden. Und Schwäche bringt den Frieden ins Wanken“, ergänzte Merz.

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Mit eingefrorenem russischen Vermögen Ukraine auf Jahre stärken

Merz bekräftigte seine Unterstützung für die stärkere Nutzung der in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerte. Mit ihnen könnten der Ukraine „insgesamt rund 140 Milliarden Euro zusätzlich an zinsfreien Krediten“ gewährt werden. Damit lasse sich „die militärische Widerstandsfähigkeit der Ukraine über mehrere Jahre hinweg sichern“.

„Wir wollen dies nicht tun, um den Krieg zu verlängern“, sagte Merz. „Wir wollen das tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden.“ Europa müsse den Druck auf Russlands Präsident Wladimir Putin erhöhen, um diesen zu Verhandlungen zu bringen. Putin müsse klar werden, dass die Europäer „den mutigen Abwehrkampf der Ukraine so lange wie nötig“ unterstützen würden.

Mit Blick auf die Pläne zur Nutzung eingefrorener russischer Vermögen betonte Merz, die Ukraine solle die darüber abgesicherten Kredite erst zurückzahlen, wenn Russland nach Ende des Konflikts Reparationszahlungen leistet. Diesen Vorschlag umzusetzen werde allerdings „nicht ganz trivial“ werden. Die EU werde aber „die rechtlichen und die tatsächlichen Voraussetzungen dafür schaffen.“

EU soll wirtschaftlich produktiver werden

Merz will in der EU tiefgreifende Reformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zum Bürokratieabbau durchsetzen. „Europa wird nur produktiver werden, wenn es sich grundlegend ändert“. Der Kanzler forderte:

„Schluss mit der Regulierungswut – schnellere Verfahren, offene Märkte, mehr Innovation und mehr Wettbewerb.“

Dies sei entscheidend für die Frage, ob Europa in einigen Jahren ein „handelnder Akteur“ in der Weltwirtschaft bleibe, oder „zum Spielball von großen Wirtschaftszentren etwa in Asien oder in Amerika“ werde, sagte Merz. In Europa gebe es dabei „kein Erkenntnisproblem“, sondern vielmehr „ein Umsetzungsproblem“. Dieses werde er beim EU-Gipfel erneut ansprechen – vor allem mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit.

Um diese zu steigern, müsse Europa Bürokratie abbauen. Seine Regierung gehe hier in Deutschland mit seiner Modernisierungsagenda voran. „Die Europäische Union muss jetzt nachziehen“, forderte Merz. Denn ein Großteil der Gesetze in der Wirtschaftspolitik, aber auch in der Agrarpolitik sei „das Ergebnis von Beschlüssen, die eben auf europäischer Ebene gefasst werden“.

Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit stehe nicht im Widerspruch zu Deutschlands klarem Bekenntnis, die Klimaziele bis 2045 einschließlich der Zwischenziele bis 2040 zu erreichen, sagte Merz. „Ich will allen Zweifeln, die daran geäußert werden hier ausdrücklich entgegentreten“, sagte Merz.

Die Politik dürfe beim Umweltschutz allerdings nicht mit übermäßiger Regulierung, „und schon gar nicht mit Verboten“ agieren, sondern „mit offener Technologie, mit Innovation, mit Wettbewerbsfähigkeit“.

Für mehr rein europäische Handelsabkommen

„Jedes neue Abkommen stärkt Europas Wettbewerbsfähigkeit, und darum müssen wir neue Abkommen jetzt zügig und vor allem als `EU-only`, also nur als rein europäische Abkommen, abschließen“, sagte Merz. Die Umsetzung finde dann rein europäisch im Europäischen Parlament, in der Kommission und im Rat statt.

„In den vergangenen Monaten, ich will daran erinnern, wurden nach langen Verhandlungen wichtige Erfolge erzielt, etwa das Abkommen Mercosur mit den südamerikanischen Staaten, mit Mexiko und zuletzt Indonesien.“ Diese Abkommen seien abgeschlossen.

„Allein Mercosur schafft eine Freihandelszone mit über 700 Millionen Menschen und Zolleinsparungen für europäische Unternehmen in der Höhe von mehreren Milliarden Euro.“ Die Haltung der Bundesregierung zu diesem Abkommen sei deshalb klar: „Wir müssen das Mercosur-Abkommen noch in diesem Jahr unterzeichnen, damit es in Kraft tritt“.

Für eine europäische Börse

Merz spricht sich für den Aufbau eines europäischen Handelsplatzes für Unternehmensaktien aus. „Wir brauchen eine Art European Stock Exchange, damit erfolgreiche Unternehmen wie zum Beispiel Biontech aus Deutschland nicht an die New Yorker Börse gehen müssen“. So würde die Wertschöpfung durch europäische Forschung auch in Europa verbleiben.

Merz verwies auf die auf EU-Ebene angestrebte Kapitalmarktunion: „Unsere Unternehmen brauchen einen ausreichend breiten und tiefen Kapitalmarkt, damit sie sich besser und vor allem schneller finanzieren können“, führte Merz aus. „Nur so kann sich der Wohlstand unserer Gesellschaft bei uns auch über den Kapitalmarkt mehreren“.

Die „Kapitalmarktunion“ ist seit Jahren eine zentrale wirtschaftspolitische Forderung: Die Regeln für die Kapitalmärkte in den 27 EU-Staaten sollen harmonisiert und grenzüberschreitende Transaktionen und Investitionen vereinfacht werden.

Anlass für die Regierungserklärung ist der kommende EU-Gipfel, der am 23. und 24. Oktober stattfindet. Auf der vorläufigen Tagesordnung für das Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten in Brüssel stehen die Themen Ukraine-Krieg, Naher Osten, europäische Verteidigung und Sicherheit, die Wettbewerbsfähigkeit der EU sowie die Migration.

Vorwurf an Russland: Hybride „Kriegsführung“ gegen Europa

Der Kanzler warf Russland vor, mit hybriden Angriffen eine „Offensive der Verunsicherung“ gestartet zu haben, von der sich Europa aber nicht einschüchtern lassen werde. „Es ist Russland, das mit immer größerer Skrupellosigkeit uns in Deutschland und Europa mit hybriden Mitteln der Kriegsführung versucht zu destabilisieren“, sagte Merz. Er nannte in seiner Rede im Plenum des Bundestags als Beispiele Sabotage, Cyberangriffe, gezielte Desinformation, Morddrohungen und Spionage.

Bei der Erwähnung russischer Spionage fügte der Kanzler an die AfD-Fraktion gerichtet hinzu: „Auch aus Ihren Reihen“. Abgeordnete anderer Fraktionen spendeten ihm dafür langen Beifall.

Der neu eingerichtete Nationale Sicherheitsrat der Bundesregierung werde sich „in wenigen Tagen“ bei seiner konstituierenden Sitzung mit diesem „umfassenden Aktionsplan“ befassen. Der Sicherheitsrat ist im Bundeskanzleramt angesiedelt.

(dts/afp/red)



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