Kurswechsel: Merz-Botschaft an Netanjahu – CSU fühlt sich übergangen

Der Kanzler hat mit seiner Israel-Politik heftigen Protest in den eigenen Reihen ausgelöst. Jetzt erklärt sich Friedrich Merz öffentlich.
Kanzler Merz äußerte sich nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts.
Die von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bekanntgegebene Einschränkung der Rüstungsexporte nach Israel ist in der Union umstritten.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Epoch Times10. August 2025

Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine Entscheidung zum Stopp bestimmter Rüstungsexporte nach Israel verteidigt. Es habe „eine für uns überraschende Entscheidung des israelischen Kabinetts gegeben“. Darauf habe es eine „Reaktion gegeben, keine Waffen mehr zu liefern, die diesen Konflikt betreffen“, erklärte Merz in einem Interview der ARD-„Tagesthemen“.

Damit reagierte Merz auf den Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts, den Plan von Regierungschef Benjamin Netanjahu für den Gazastreifen zu billigen. Dieser sieht vor, dass die israelische Armee die Kontrolle über die Stadt Gaza übernimmt.

Merz: Das hält eine Freundschaft aus

„Wir haben einen Dissens und der betrifft das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen“, erklärte Merz nun seine Entscheidung. „Das hält aber eine Freundschaft aus.“ Solidarität mit Israel bedeute nicht, dass die Bundesregierung jede Entscheidung gutheiße, die die israelische Regierung treffe.

Er sagte aber auch, dass „die Grundsätze“ der Deutschen „unverändert“ seien. „Wir werden diesem Land auch weiter helfen, sich zu verteidigen“, so der Kanzler. Aber Deutschland könne „nicht Waffen liefern in einem Konflikt, der jetzt ausschließlich versucht wird mit militärischen Mitteln gelöst zu werden“. Merz betonte stattdessen: „Wir wollen diplomatisch helfen und wir tun das auch.“

„Wir sprechen im Augenblick sehr kritisch miteinander“, sagte Merz mit Blick auf das Verhältnis mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu. Das müsse aber möglich sein.

Der Kanzler betonte, dass Deutschland in dem Konflikt „kein Vermittler“ sei, sondern an der Seite Israels stehe. Die Bundesregierung sei etwa nicht bereit, das EU-Assoziierungsabkommen mit Israel oder die Handelsbeziehungen mit dem Land auszusetzen.

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CSU: Wir wurden nicht informiert

Innerhalb der Union war der Schritt vom Freitag umstritten: Vor allem die CSU äußerte Kritik und gab an, nicht in die Entscheidung einbezogen worden zu sein. „Ich habe diese Entscheidung nicht alleine getroffen, aber es ist am Ende des Tages eine Entscheidung, die ich alleine verantworten muss und ich verantworte sie auch alleine“, sagte Merz dazu. „Ich kann sie aber auch nicht zur demokratischen Abstimmung stellen.“ Am Ende gehe es um eine Prinzipienfrage.

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Hoffmann, meldete in der „Bild“-Zeitung Gesprächsbedarf an. „Die CSU war an dieser Entscheidung nicht beteiligt und wir halten sie für bedenklich“, sagte er.

Hoffmann fuhr fort: „Das wäre eine Abkehr von Jahrzehnten außenpolitischer Kontinuität gegenüber Israel und als solche zumindest erklärungsbedürftig. Wir werden dazu interne Gespräche in der Koalition führen.“ Ein erstes Gespräch dazu gab es am Sonntag: Die Arbeitsgruppe Außenpolitik der Unions-Bundestagsfraktion kam zu einer Sondersitzung zusammen.

Die Beratungen fanden wegen der parlamentarischen Sommerpause per Videoschalte statt. Der 14-köpfigen Gruppe sitzt der CDU-Politiker Jürgen Hardt vor, sein Stellvertreter ist sein Parteikollege Roderich Kiesewetter. Als Gast soll Merz‘ außenpolitischer Berater Günter Sautter an der Sitzung teilgenommen haben.

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Die Union ist uneins

Der Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „Ich war wie viele andere relativ überrascht von der Entscheidung.“ Er fügte hinzu: „Unklar ist für mich, was das heißen soll: keine Waffen, die im Gazastreifen eingesetzt werden können.“

Es müsse gefragt werden, „was passiert, wenn die israelische Regierung den Spieß umdreht und wir auch keine Unterstützung mehr aus Israel bekommen – sei es bei der Luftabwehr oder bei Mossad-Informationen zur Terrorabwehr“, sagte Pilsinger unter Bezug auf den israelischen Geheimdienst. „Aktuell profitieren wir sicherheitspolitisch gefühlt mehr von Israel als Israel von uns.“

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wies die Kritik dagegen zurück und stellte sich auf die Seite des Kanzlers. Die Bundesregierung gehe davon aus, „dass eine Ausweitung des Krieges eine weitere Verschlechterung der humanitären Situation nach sich ziehen würde“, sagte Röttgen der Zeitung „Welt“. „Die Bundesregierung darf – rechtlich und politisch – hierzu durch Waffenlieferungen für den Krieg in Gaza keine Unterstützung leisten.“

Kritik kam auch von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Deren Vorsitzender Volker Beck sagte im Interview mit Bayern 2, der Beschluss widerspreche dem von der Bundesregierung ausgesprochenen Ziel einer Entwaffnung der Hamas. „Wie stellt sich eigentlich die Bundesregierung vor, die Ziele, die sie in einer Erklärung zu dem Beschluss formuliert hat, umzusetzen?“ fragte Beck.

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AfD unterstützt Merz‘ teilweisen Waffenlieferstopp an Israel

Zustimmung äußerte AfD-Co-Chef Tino Chrupalla. „Unsere Position, was zum Beispiel Waffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete angeht, ist klar: Die haben wir von Anfang an, auch im Wahlprogramm, immer abgelehnt und dazu stehen wir auch“, sagte Chrupalla am Sonntag im ZDF-„Sommerinterview“.

Chrupalla sprach mit Blick auf die Versorgung der Zivilbevölkerung zudem von „Verbrechen“ im Gazastreifen, die „gesühnt werden“ müssten. Israel bleibe aber „ein Partner und auch ein befreundetes Land“. Es müsse dennoch möglich sein, Freunde zu kritisieren, „wenn sie politisch falsch liegen“. Das mache Freundschaft aus.

Kein Unrecht rechtfertige weiteres Unrecht. „Und da geschieht Unrecht“, sagte Chrupalla in dem Interview, das am Sonntagabend ausgestrahlt werden sollte. Da müsse „Druck auf Israel“ ausgeübt werden.

Netanjahu hält an Plan zur Einnahme der Stadt Gaza fest

Unterdessen hält Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an den Plänen zur Einnahme der Stadt Gaza fest. Die in der Nacht zum Freitag vom Sicherheitskabinett gebilligten Pläne seien „der beste Weg, um den Krieg (im Gazastreifen) zu beenden, und der beste Weg, ihn schnell zu beenden“, sagte Netanjahu am Sonntag vor Journalisten. Das Vorhaben stößt international und auch innerhalb Israels auf scharfe Kritik. (afp/dpa/red)



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